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Universität
Erlangen-Nürnberg ist Ausrichterin der Tagung
Hohes Forschungspotenzial in der Medizinischen Chemie
Der medizinische Fortschritt ist in den letzten Jahren vor allem
auf neuen Erkenntnissen auf molekularer Ebene gegründet. Je
besser es gelingt, die molekularen Strukturen und Mechanismen auf
biologischer Ebene zu entschlüsseln, desto zielgerichteter
kann man in der Medikamentenentwicklung vorgehen. Einige derzeitige
Forschungsschwerpunkte in der medizinischen Chemie zeigt eine gemeinsame
Tagung der Gesellschaft Deutscher
Chemiker (GDCh) und der Deutschen
Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) auf, die vom 15. bis 17.
März an der Universität Erlangen-Nürnberg stattfindet.
Tagungsorganisator vor Ort ist Prof.
Dr. Peter Gmeiner, Inhaber des Lehrstuhls
für Pharmazeutische Chemie.
Ob bei Bluthochdruck,
Schlaflosigkeit, Angstzuständen oder Depressionen, viele Medikamente
wirken, indem sie an G-Protein gekoppelte Rezeptoren (GPCR) in den
Zellmembranen andocken. Durch diesen Bindungsvorgang ändert
sich die Struktur des Rezeptors und im Zellinnern wird ein bestimmter
Vorgang, ein gewünschter Effekt, ausgelöst. Auch körpereigene
Stoffe wirken auf diese Weise und machen so die Kommunikation der
Zellen untereinander möglich. Man spricht von GPCR-bindenden
Signalmolekülen, zu denen z. B. auch das Neurotensin gehört,
ein im Dünndarm gebildetes Intestinalhormon. Es ist ein Peptid,
das die Säuresekretion des Magens hemmt und die Darmkontraktion
stimuliert, also die Magen-Darm-Motorik reguliert. Erstmals ist
es nun gelungen, die Struktur des Neurotensin zu ermitteln, während
es an GPCR gebunden ist. Das gelang mit der Kernresonanzspektroskopie
(aus dem Englischen abgekürzt NMR). Die sogenannte zwei-dimensionale
Festkörper-NMR-Spektroskopie zeigte eine wohldefinierte, gestreckte
Struktur des Peptids. Dieses Resultat und die eingesetzte Methode
liefern einen wichtigen Beitrag für das strukturbasierte Design
von Medikamenten.
Solche Medikamente
müssen nicht zwangsläufig eine völlig identische
Molekülstruktur und gleiche Molekülgröße aufweisen.
Im Gegenteil, häufig werden kleiner Moleküle gewünscht,
die oftmals eher das Potenzial haben, oral verabreicht werden zu
können. Geht z.B. der Kinderwunsch nicht in Erfüllung,
werden in der klinischen Reproduktionstherapie Gonadotropine, das
sind körpereigene Geschlechtshormone, eine Klasse der Glycoproteine,
die u.a. die Eireifung fördern, parenteral verabreicht, das
heißt intramuskulär oder subcutan gespritzt. Jetzt scheint
man einen geeigneten Kandidaten für ein orales Medikament gefunden
zu haben, das also die Behandlung sehr erleichtern würde. Die
Entwicklung dieses kleinen Moleküls gestaltete sich nicht einfach,
weil man hier so genaue Strukturaussagen wie jetzt im Falle des
Neurotensin noch nicht vorliegen hatte. Auch die Gonadotropine binden
an GPCR und wirken so auf den Zellstoffwechsel ein. Das kleine Molekül
muss also über eine Struktur verfügen, die es ermöglicht,
wie die Gonadotropine an GPCR zu binden.
Auf der Tagung,
die von den Fachgruppen Medizinische Chemie der GDCh und der DPhG
organisiert wird, stehen GPCR und die strukturbasierte Wirkstoffentwicklung
in den 25 Vorträgen im Vordergrund. Die Forschungsarbeiten
reichen von der grundlagenorientierten strukturbiologischen und
biochemischen Charakterisierung der G-Protein gekoppelten Rezeptoren
bis hin zur anwendungsorientierten Auffindung neuer Wirkstoffkandidaten.
Die Tagung will verdeutlichen, dass für die Pharmaforschung
die enge Vernetzung der akademischen und angewandten Forschung von
zentraler Bedeutung ist und widerlegt die in jüngster Zeit
aufkommende Behauptung, in der Pharmaforschung gäbe es nur
noch limitiertes Innovationspotenzial.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Peter
Gmeiner
Tel.: 09131/85 -22584
gmeiner@pharmazie.uni-erlangen.de
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