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25.
ERLANGER
UNIVERSITÄTSTAGE
2004
IN AMBERG
ÜBER DIE GRENZEN VON
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
2. - 30. März 2004
Großer
Rathaussaal
Beginn jeweils 19.30 Uhr
Einlass ab 19.00 Uhr
Eintritt frei
Dienstag,
2. März
Prof. Dr. phil.
Jens Kulenkampff
(Philosophie) |
Grenzen des Wissens:
Das Objektive und das Subjektive
|
Dienstag,
9. März
Prof. Dr. rer. nat.
Eckhart Schweizer
(Biochemie) |
Nach der Sequenzierung des menschli-chen Genoms: ein zentrales
Dogma der Biologie muss revidiert werden |
Dienstag,
16. März
Prof. Dr. rer. nat.
Albrecht Winnacker
(Werkstoffwissenschaften) |
Nanotechnologie - die technische Beherrschung der Welt des Kleinsten
und ihre Folgen |
Dienstag,
23. März
Prof. Dr. rer. nat.
Ulrich Heber
(Astronomie und Astrophysik) |
Beobachtende Kosmologie:
Das astronomische Weltmodell heute |
Dienstag,
30. März
Prof. Dr. theol.
Hans G. Ulrich
(Systematische Theologie - Ethik)
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Forschung für den Menschen - jenseits des Erlaubten? |
Beginn jeweils 19.30 Uhr - Eintritt frei
Einführung
Die 25. Erlanger
Universitätstage in Amberg greifen ein Thema auf, das sich
vor allem in den zurückliegenden Jahrzehnten und bis heute
immer stärker in den Vordergrund gedrängt hat. Die immer
rascher voranschreitende Forschung und die damit verbundene Ansammlung
von Wissen und rasante Mehrung an Erkenntnissen provozieren geradezu
die Frage nach den Grenzen der Wissenschaften. Es ist eine Frage,
die nicht auf den Bereich der Forschung beschränkt bleibt,
also bloß ein internes Problem darstellte, sondern es ist
eine Frage, welche durch die Medien und die Politik auch tief in
das öffentliche Bewusstsein hineingetragen worden ist. Berichte
aus Wissenschaft und Forschung in Fernsehen und gedruckten Medien
erfreuen sich nicht nur regen Interesses und großer Beliebtheit,
sondern tragen auch zu einer Verunsicherung bei, die sich einstellt,
wenn die möglichen praktischen Folgen mancher Einsichten für
den menschlichen Alltag in den Blick geraten. Es sind vor allem
die Erkenntnisfortschritte in den Naturwissenschaften, die über
ihre Auswirkungen in Medizin und Technik in den Alltag des Menschen
eingreifen und ihn nachhaltig bestimmen können; und der subjektive
Eindruck vieler, dass man diesen Entwicklungen eher hilflos ausgeliefert
ist, als dass man sie steuern könnte, verstärkt die Verunsicherung
nur noch mehr. Schon deshalb ist es wichtig und notwendig, dass
sich die Forschung nicht in den berühmten Elfenbeinturm einschließt,
sondern ihre Ergebnisse auch einer breiten Öffentlichkeit vorstellt
und sich den Fragen und Problemen der von ihr betroffenen Menschen
stellt. Ebenso unverzichtbar ist aber auch der ständige Dialog
der unterschiedlichen Wissenschaftszweige untereinander, insbesondere
das Gespräch zwischen Geistes- und Naturwissenschaften, damit
die Sensibilität für die Bedürfnisse der Menschen,
denen sie eigentlich zu dienen haben, erhalten bleibt.
Mit der Thematik der Universitätstage soll zum einen die Frage
aufgeworfen werden, ob vor allem in den Naturwissenschaften Grenzen
möglicher Erkenntnis wahrgenommen werden können, die in
der "Natur der Sache" liegen, oder ob schon aus methodischen
Gründen grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass
menschliches Erkennen keine Grenzen kennt. Zum andern soll der Frage
nachgegangen werden, inwieweit die Auswirkungen von Wissenschaft
und Forschung auf die Lebensbedingungen des Menschen im individuellen
wie im sozialen Rahmen der Forschung Grenzen setzt bzw. setzen kann
und soll.
Mit der grundsätzlichen Frage nach den Grenzen des Wissens
wird sich der philosophische Vortrag befassen. Aus den Naturwissenschaften
sind mit Astrophysik und Biochemie Disziplinen vertreten, die in
besonders eindrücklicher Weise in den letzten Jahrzehnten dazu
beigetragen haben, die Grenzen der Erkenntnis immer weiter hinauszuschieben,
und deren Ergebnisse und mögliche Auswirkungen in Politik und
Gesellschaft zu lebhaften Diskussionen und Kontroversen Anlass gegeben
haben und noch geben. Zu erinnern ist nur an das Problem der Stammzellenforschung.
Wie sich die Dinge aus der Sicht der anwendungsorientierten Wissenschaften
darstellen, wird der Vortrag aus den Werkstoffwissenschaften entfalten.
Der mit der Thematik aufgeworfenen ethischen Problematik wird sich
schließlich die theologische Ethik auseinandersetzen.
Das Zustandekommen der Universitätstage habe ich in erster
Linie meinen Kollegen zu danken, die sich uneigennützig und
selbstverständlich bereit erklärt haben, ihren Beitrag
zum Anliegen dieser inzwischen traditionell gewordenen Veranstaltung
zu leisten. In gleicher Weise statte ich der Stadt Amberg mit ihrem
Oberbürgermeister Wolfgang Dandorfer und mit den für die
Kultur verantwortlichen Persönlichkeiten für die ideelle,
organisatorische und finanzielle Unterstützung meinen tief
empfundenen Dank ab. Dass die Universitätstage in diesem Jahr
ein kleines Jubiläum feiern können, ist selbstverständlich
nur dadurch möglich geworden, dass das Interesse der Amberger
Bürger an den Forschungen der Universität Erlangen-Nürnberg
über die vielen Jahre hinweg nicht nachgelassen hat. Nicht
zuletzt bedanke ich mich beim Universitätsbund Erlangen-Nürnberg
e.V. und seiner Amberger Ortsgruppe für die ideelle und finanzielle
Förderung der Universitätstage.
Erlangen, im
Januar 2004 Gunther Wanke
Programm:
Dienstag, 2. März 2004
Prof. Dr. phil. Jens Kulenkampff
"Grenzen
des Wissens: Das Objektive und das Subjektive"
Grenzen des
Wissens gibt es viele, und von solchen Grenzen ganz verschiedener
Art wird in den Beiträgen zu den diesjährigen Universitätstagen
die Rede sein. Es lohnt sich daher, sich zunächst einen Überblick
über die verschiedenen Arten von Grenzen zu verschaffen, auf
die wir stoßen oder die uns gesetzt sind, wenn wir den Weg
des Wissens verfolgen. Der zweite Teil des Vortrags ist der näheren
Betrachtung einer Grenze gewidmet, die wir alle kennen und die doch
schwer richtig zu fassen ist; gemeint ist die Grenze zwischen dem
Objektiven und dem Subjektiven: Alle Wissenschaft zielt auf Objektivität,
und solange sie sie nicht erreicht, ist sie keine Wissenschaft.
Daraus allein scheint schon zu folgen, dass sich das Subjektive
einer wissenschaftlichen Erkenntnis entzieht. Aber das Subjektive
ist nichts Dunkles, nichts Mystisches, nichts Unbegreifliches. Warum
sollte es sich also dem Wissen versperren? Aufgabe des zweiten Teils
des Vortrags ist es, das Rätsel aufzulösen, warum objektive
Wissenschaft das Subjektive nicht erfassen kann, obwohl das Subjektive
nichts Unverständliches ist.
Dienstag, 9.
März 2004
Prof. Dr. rer.nat. Eckhart Schweizer
"Nach
der Sequenzierung des menschlichen Genoms: ein zentrales Dogma der
Biologie muss revidiert werden"
Kaum ein anderes
Molekül der Biowissenschaften steht derart im Brennpunkt menschlichen
Interesses wie die Erbsubstanz Desoxyribonukleinsäure, auch
DNS oder DNA genannt. Ein Meilenstein der Forschung war vor 50 Jahren
die Entdeckung der DNA-Doppelhelix als Grundstruktur des geneti-schen
Materials. Bereits eine einzige Forschergeneration später gelang
2001 eine vollständige Entschlüsselung des menschlichen
Genoms. Unsere heutigen Vorstellungen vom Bau und von der Funktion
von Genen sowie von ihrem Einfluss auf die vielfältigen Reaktionen
lebender Zellen bis hin zur Entwicklung komplizierter Organismen
nahmen in diesem Zeitraum sehr konkrete Formen an. Sie fanden in
einem sog. "Zentralen Dogma" der Biologie ihren Niederschlag,
wonach jegliche Lebens-funktion letztlich durch ein bestimmtes Protein,
und dieses wiederum durch ein bestimmtes Gen kontrolliert wird.
In Anbetracht der Komplexität höherer Lebensformen war
es daher überraschend festzustellen, dass sich Zahl und Art
der menschlichen Gene nicht grundsätzlich von denen primitive-rer
Organismen unterscheiden. Zudem waren lediglich 2 Prozent der menschlichen
DNA in sog. "klassischen", Protein-kodierenden Bereichen
enthalten. Die restlichen 98 Prozent hielt man bis vor kurzem für
"Abfall" der Entwicklungsgeschichte. Ergebnisse der jüngsten
Zeit haben diese Sichtweise völlig verändert. Neuartige
und unorthodoxe, sog. "epigenetische" Elemente regulieren
demnach die Wirkung herkömmlicher Gene. Diese Elemente haben
ihren Ursprung in den bisher als funktionslos angesehenen Genombereichen
und weisen damit diesen eine ebenfalls wichtige Bedeutung zu.
Dienstag, 16. März 2004
Prof. Dr. rer.nat. Albrecht Winnacker
"Nanotechnologie
- die technische Beherrschung der Welt des Kleinsten und ihre Folgen"
Der Name "Nanotechnologie"
leitet sich ab von dem Größenmaßstab "Nanometer",
das entspricht der Größe eines Gebildes, das aus wenigen
Atomen besteht. Die Technik nähert sich solchen Dimensio-nen
einmal "von oben" her, also durch ständige Verkleinerung
technischer Vorrichtungen. Diese Entwicklung wird getrieben von
der modernen Elektronik. Auf immer kleinerem Raum werden immer mehr
elektronische Bauelemente untergebracht. Auf diese Weise entstehen
immer komplexere elektronische Schaltungen und immer leistungsfähigere
Computergedächtnisse, so dass Computer zu immer größeren
und komplexeren Leistungen befähigt werden. Die Technik freilich,
mit der diese kleinsten Strukturen aufgebaut werden, die "optische
Lithographie", nähert sich einer physikalischen Grenze,
so dass sich die Frage auftut, wie weit diese Entwicklung noch gehen
kann. Aber nicht nur die Elektronik treibt diese Entwicklung zu
immer kleineren technischen Strukturen an. Mit der gleichen Technik,
mit der die elektronischen Schaltkreise und Gedächtnisse aufgebaut
werden, lassen sich auch mechanische Bauteile wie Zahnräder,
Hebel, Verbindungsstücke und dergleichen herstellen. Auf diese
Weise lassen sich hochgradig miniaturisierte Maschinen bauen, kleinste
Motoren, Fahrzeu-ge, Pumpen und Sensoren, Maschinen einer Liliputwelt
mit ungeahnten Anwendungen in der Medizintechnik, in der Biochemie
und in der Verfahrenstechnik zur Erzeugung und Handhabung kleinster
Stoffmengen. Während man sich also von der einen Seite dieser
technischen Welt der kleinsten Dimensionen "von oben",
durch ständige Verkleinerung vorhandener Strukturen und Konstruktionen
nähert, ist in neuerer Zeit ein anderer Weg in den Blickpunkt
der Techniker gerückt, der von den einzelnen Atomen, sozusagen
"von unten" ausgeht und diese in kontrollierter Weise
zu größeren Gebilden zusammensetzt. So können heute
schon Schriftzüge erstellt werden, deren Buchstaben aus wenigen
Einzelatomen zusammengefügt sind. Die Speicherdichte der Information
nimmt damit Größenordnungen an, die der Speicherdichte
im menschlichen Gehirn nahe kommt. Durch die technische Beherrschung
der Welt des Kleinsten, durch die Herstellbarkeit immer kleinerer
und immer komplexerer technischer Strukturen, durch die Kombination
aus subtiler Mechanik und Informatik wird auch die Grenze zwischen
künstlichen und natürlichen Mikroorganismen, zwischen
künstlicher und menschlicher Intelligenz fließend. Wo
führt das hin?
Dienstag, 23.
März 2004
Prof. Dr. rer.nat. Ulrich Heber
"Beobachtende
Kosmologie: Das astronomische Weltmodell heute"
Die Kosmologie
hat sich im letzten Jahrzehnt von einer fast rein theoretischen
Disziplin zu einer empirisch gestützten Wissenschaft entwickelt.
Dieser grundsätzliche Wandel ist auf die neue Generation von
modernen Teleskopen auf dem Erdboden wie auch auf Weltraumobservatorien
zurückzuführen. Die Vermessung des Universums in den allergrößten
Entfernungen ist mit optischen Teleskopen und dem Hubble Space Telescope
möglich geworden. Die kosmische Mikrowellenstrahlung kann mit
nie dagewesener Präzision durch Experimente auf Stratosphärenballonen
und dem Weltraumobservatorium WMAP vermessen werden.
Die neuesten Beobachtungsbefunde haben das kosmologische Weltmodell
radikal verändert. Schon vor vier Jahren gab es erste Indizien,
dass sich das Weltall beschleunigt ausdehnt. Dieses Ergebnis ist
im Rahmen von physikalischen Standardmodellen schwer zu verstehen,
hat sich aber in jüngster Zeit eindrucksvoll bestätigt.
Eine bisher unbekannte Form von Energie ("Dunkle Energie")
muss die heutige Entwicklung des Universums dominieren. Die Erklärung
dieses Phänomens ist die vielleicht größte Herausforderung
für die Physik heute.
Dienstag, 30.
März 2004
Prof. Dr. theol. Hans G. Ulrich
"Forschung
für den Menschen - jenseits des Erlaubten?"
In vielen Bereichen
der Forschung geht es direkt um hochrangige Ziele für das menschliche
Leben und Wohlbefinden. Das gilt nicht zuletzt für die Erhaltung
und Verbesserung der menschlichen Gesundheit. Es gibt von daher
keinen naheliegenden Grund, diese Forschung nicht mit allen Mitteln
voranzutreiben. Zugleich ist aber diese Forschung auch Forschung
am Menschen und dem, was zu ihm gehört. Was sind die damit
gegebenen Grenzen? Haben diese Grenzen sich wegen neuer vielleicht
unbestrittener weitreichender Zielsetzungen verschoben? Dürfen
wir mehr, weil wir mehr können? Stellt sich schon die Frage
ein, was Forschung wirklich kann, wenn sie nicht innerhalb des (moralisch)
Erlaubten bleibt?
Fragen dieser Art drängen sich zur Zeit an einer Reihe von
signifikanten Forschungsbereichen auf, wie der Embryonenforschung,
der Stammzellenforschung, der Neurologischen Forschung, also vor
allem im Bereich der Medizin. In dem Vortrag soll im Blick auf theologische
und philosophische Traditionen diskutiert werden, wie sich aus ethischer
Sicht gegenwärtig die Konfliktlage darstellt und welche Folgerungen
für ein vielleicht neues wissenschaftsethisches Nachdenken
daraus zu ziehen sind.
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