|
Neue
Veranstaltungsreihe von Universität und Theater Erlangen
Dichter am Text
Warum einfach, wenn es auch doppelt geht? Unter diesem Motto laden
das Institut für Germanistik und das Theater Erlangen ab sofort
viermal im Jahr gemeinsam eine Autorin oder einen Autor ein, der
an einem Abend im Theater liest und am nächsten Tag für
eine öffentliche Veranstaltung wie eine Poetikvorlesung oder
ein Seminar an der Universität zur Verfügung steht. Zum
Auftakt darf bei Steffen Mensching genauer hingesehen, zugehört,
nachgelesen und mitgeschrieben werden. Am Montag, 12. Januar 2004,
20.00 Uhr, liest er in der „Garage“ aus „Jacobs
Leiter“ (Eintritt 5 Euro). Am Dienstag, 13. Januar 2004, 10.15
Uhr, hält er eine Vorlesung über „Die gestrichenen
Figuren oder Wieviel Wirklichkeit verträgt ein Roman?“
(Kollegienhaus, Universitätsstraße 15, Raum 2.011, Eintritt
frei).
Initator auf
Seiten des Erlanger Instituts für Germanistik ist PD Dr. Holger
Helbig. Er fasst die Intention der neuen Veranstaltungsreihe zusammen:
„Wir wollen den Autor dichter am Text zeigen, als das üblich
ist. Die Schriftsteller werden nicht nur lesen, sondern Auskunft
geben, auf welche Weise Bücher zustande kommen: welche Umstände
ihre Entstehung fördern oder hindern, welche Hoffnungen und
Zweifel das Schreiben begleiten, wie oft oder wie selten beim Schreiben
an die Leser gedacht wird. Es wird um Handwerk und Kritik gehen,
um Ruhe zum Schreiben und Öffentlichkeit zum Lesen, um Geist
und Geld.“ Helbig selbst kann bereits auf zwei positive „Pilotversuche“
mit Alban Nikolai Herbst und Christof Hamann zurückblicken,
die Einblicke in ihre Werkstatt geboten hatten.
Steffen Mensching,
Jahrgang 1958, hat sich einen in den achtziger Jahren in der damaligen
DDR zusammen mit Hans-Eckhardt Wenzel einen Namen als Clown gemacht.
Früh hatte er mit der Lyrik begonnen (vorbehaltlos lesenswert
sein zweieinhalbter Band, „Tuchfühlung“, 1985)
und zeitgleich auch für das Liedertheater geschrieben, mit
dem er auftrat. Nach der Wende hat er hier und da noch ein paar
Gedichte veröffentlicht, den „Struwwelpeter“ neu
erzählt, mindestens zwei Soloprogramme hingelegt und dafür
unter anderem 1998 den Kabarettpreis der Stadt Nürnberg erhalten.
Bevor es zum Roman kam, entzifferte er das „Traumbuch“
von Rudolf Leonard („In derselben Nacht. Das Traumbuch des
Exils“). 2003 erschien dann “Jacobs Leiter“.
„Jacobs
Leiter“ handelt von vielen Büchern, mindestens 4000,
darunter ein paar besonderen. Das allein würde schon ausreichen,
aber es geht zudem um New York, und wie die Bücher zuerst dorthin
und von dort, später, nach Berlin kommen; es geht um das Leben
von Lesern und von Autoren (in dieser Reihenfolge), um die besondere
Rolle der Bücher in ihrem Leben. 4000 Bücher belegen die
Schicksale deutschsprachiger Emigranten, die nach Amerika gingen
und sich dort von ihren Büchern trennten. Der Held und Erzähler
wird sie alle kaufen. Das Buch gilt, per Einband, als Roman, und
kein halbwegs erfahrener Leser wird das mißverstehen. Nach
wenigen Seiten ist klar, daß hier nichts erfunden wird, sondern
erzählt. Das Erzählen hebt den einzelnen Lebenslauf aus
dem Alltag heraus und verwandelt ihn in Geschichte. Am Ende wundert
sich niemand mehr, wenn er aus der Zeitung erfährt, ein gewisser
Mensching habe in New York die kompletten Bestände eines Antiquariats
aufgekauft.
Weitere Informationen
PD Dr. Holger
Helbig
Institut für Germanistik
Tel.: 09131/
85 -22421
hrhelbig@phil.uni-erlangen.de
|