Fahrradrahmenentwicklung
am Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Erlanger Student besser als Lance Armstrong
Der Maschinenbaustudent Karl Durst hatte ein ehrgeiziges Ziel: sein
Fahrradrahmen sollte bei gleicher Stabilität wesentlich leichter
sein als der von Lance Armstrong, dem viermaligen Gewinner der Tour
de France. Und er war erfolgreich. Mit Unterstützung des Lehrstuhls
für Kunststofftechnik der Universität Erlangen-Nürnberg
berechnete und fertigte er einen Carbonfaserrahmen, der bei einem
Gewicht mit 828 Gramm rund 300 Gramm leichter und dabei zehn Prozent
verwindungssteifer ist als der des derzeit wohl besten Radprofis.
Auch den Praxistest hat der Präzisionsrahmen bei mehreren Duathlon-
und Triathlonwettkämpfen bereits bestanden.
Schon als junger Gymnasiast stand für Karl Durst sein Berufswunsch
Maschinenbauingenieur fest. Im zarten Alter von elf Jahren wollte
er allerdings noch Modellflugzeuge konstruieren, die er nach der
Schule durch die mittelfränkischen Lüfte kreisen liess.
Erst kurz vor dem Abitur kam der heute 23jährige zum Triathlon
und begann sich mit Fahrradkomponenten zu beschäftigen. “Mein
erstes Werk aus Carbonfasern war ein Fahrradsattel, der ergonomisch
perfekt auf mich abgestimmt und angenehm weich war,” erzählt
Durst. “Das ganze Sattelsystem wog mit 108 Gramm nur rund
ein Fünftel der handelsüblichen Systeme.” Das war
der Einstieg in die Fahrradtüftelei mit dem seit langem etablierten
Verbundwerkstoff CFK (Carbonfaserverstärkter Kunststoff). Die
Entwicklung des eigenen Fahrradrahmens begann dann vor vier Jahren.
Der erste Prototyp war mit über zwei Kilogramm aber noch doppelt
so schwer wie handelsübliche Profirennrahmen. Durch sein Engagement
als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Kunststofftechnik
von Prof. Dr. Gottfried W. Ehrenstein erhielt er die notwendigen
Kenntnisse und Informationen auf dem Gebiet der Faserverbundwerkstoffe,
um zu optimalen Ergebnissen zu gelangen. An der Rahmengeometrie
wurde dabei nichts geändert. Die ist seit rund einhundert Jahren
im wesentlichen gleich geblieben. Das “Geheimnis” liegt
vielmehr im Werkstoff.
Optimaler Kompromiss
gesucht
Der Werkstoff CFK ist weitest gehend frei formbar. Die Faserlagen
können in Dicke und Ausrichtung variiert werden, so dass verschiedene
Wandstärken fließend ineinander übergehen können.
Wegen seiner geringen Dichte ist CFK immer da gefragt, wo hohe Anforderungen
an die Steifigkeit bei geringem Gewicht gefordert werden - wie eben
bei Rennradrahmen. Zahlreiche Forschungsstellen an Universitäten
oder in der Industrie suchen hier nach dem optimalen Kompromiss
zwischen geringem Gewicht, Steifigkeit und ausreichendem Dämpfungsverhalten.
“Der Rahmen muss steif sein, um die gesamte Energie eines
Tritts auf die Straße zu bringen. Allerdings möchte niemand
auf eine gewisse Dämpfung, vor allem bei sehr langen Rennabschnitten,
verzichten,” erklärt Durst. Der dreifache mittelfränkische
Juniorenmeister im Duathlon weiß schließlich aus eigener
Erfahrung, worauf es im Leistungssportbereich ankommt.
All diese Eigenschaften
vereint der Rahmen-Prototyp des Erlanger Studenten auf perfekte
Weise. Mit 828 Gramm - dem Gewicht von sechs Äpfeln - hat er
einen neuen Gewichts-Steifigkeit-Rekord für profitaugliche
CFK-Rennradrahmen erzielt. So wiegt der aktuelle Tourrahmen von
Lance Armstrong immerhin 1100 Gramm. Der zu Zeit leichteste Rahmen
einer anderen amerikanischen Radfirma wiegt noch 895 Gramm.
Die Finanzierung
des Prototyps hat die Radsportfirma CUBE aus Marktredwitz übernommen.
Nach den Berechnungen von Durst wurden die Carbon-Rohre bei der
Firma CG-Tec aus Gunzenhausen gefertigt. Den Zusammenbau in Handarbeit
übernahm der Student schließlich wieder selbst. Das gesamte
Rad mit allen Anbauten - von der Schaltung bis zu den Bremsen alles
“Edelkomponenten”, wie in dieser Kategorie üblich
- wiegt nur 6,8 Kilogramm und hat einen Schätzwert von rund
6.000 Euro.
700 Gramm als
nächstes Ziel
Mit dem bisher Erreichten gibt sich Durst aber nicht zufrieden.
Als nächster Coup ist ein Rahmen mit rund 700 Gramm angedacht,
allerdings speziell angepasst an eine Triathlonkollegin aus Roth
mit einem Körpergewicht von etwa 50 Kilogramm. Und auch für
sein eigenes Sportgerät sucht der der ehrgeizige Student noch
nach Optimierungsmöglichkeiten im Rahmen seiner Diplomarbeit,
die er an der University of Wisconsin bei Prof. Tim Osswald anfertigen
wird. Mit dem dortigen Polymer Engineering Center, pflegt der Erlanger
Lehrstuhl von Prof. Ehrenstein seit Jahren eine intensive Kooperation.

Der Maschinenbaustudent
Karl Durst mit seinem selbst gebauten Fahrradrahmen aus carbonfaser-verstärktem
Kunststoff. Mit allen Aufbauten wiegt das Rad nur 6,8 Kilogramm.
Foto: SG Öff.
Weitere Informationen
Claus Dallner
M.Sc.
Lehrstuhl für Kunststofftechnik
Tel.: 09131/85
-29704
dallner@lkt.uni-erlangen.de
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