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175 jahre frauenklinik in erlangen
 

Ausstellung und Festakt zur Geschichte der Klinik
175 Jahre Frauenklinik in Erlangen


Die Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen feiert in dieser Woche ihr 175-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird am Mittwoch, 26. März 2003, um 19 Uhr eine Ausstellung unter dem Titel "Von Gebärhaus und Retortenbaby - 175 Jahre Frauenklinik Erlangen" im Stadtmuseum (Martin-Luther-Platz 9, Erlangen) eröffnet. Am Freitag, 28. März 2003, um 17 Uhr wird das Jubiläum mit einem Festakt im Großen Hörsaal der Frauenklinik gefeiert (Östliche Stadtmauerstr. 11, Erlangen).

Am 30. März 1828 wurde das erste Gebärhaus Erlangens feierlich eröffnet. Vorausgegangen waren jahrelange Bemühungen des Arztes Anton Bayer um eine geburtshilfliche Klinik für die Universität. Aus dem Gebärhaus mit nie mehr als 100 Geburten pro Jahr wurde eine moderne Frauenklinik mit jährlich rund 1600 Entbindungen und 3400 Operationen. Alle drei "Säulen" des Fachgebietes sind nicht nur klinisch, sondern auch in Forschung und Lehre vertreten: Tumorbehandlung (gynäkologische Onkologie) und operative Gynäkologie, vorgeburtliche und Geburtsmedizin (Pränatal- und Perinatalmedizin) sowie Hormonstörungen (Endokrinologie) und Fortpflanzungsmedizin (Reproduktionsmedizin).

Zufluchtsort für "gefallene Frauen"
Ein Rückblick: 1828 gründete der Erlanger Arzt Anton Bayer die "Entbindungsanstalt der Königlichen Universität Erlangen" mit 12 Betten. Zur damaligen Zeit galten Entbindungsanstalten als Zuflucht für "gefallene Mädchen" der Unterschicht mit ungewollten Schwangerschaften. Besser situierte Frauen zogen die Hausgeburt vor. Die Mehrheit der Schwangeren wurden unentgeltlich verpflegt und entbunden. Im Gegenzug mussten sie sich als sogenannte "Haus-schwangere" für leichtere Arbeiten und den Studentenunterricht zur Verfügung stellen. Hausschwangere gab es in der Erlanger Frauenklinik bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Dann begannen die gesetzlichen Krankenkassen, klinische Entbindungskosten als Regelleistung zu übernehmen.

Die Entwicklung des Gebärhauses zur Frauenklinik ist mit den Namen herausragender Mediziner verbunden. So verdankte die Frauenheilkunde dem ehemaligen Klinikdirektor Richard Frommel einen entscheidenden Impuls zum Umdenken bei der Therapie der lebensgefährlichen Eileiterschwangerschaft. Im Gegensatz zur damals geltenden Lehrmeinung, die abwartendes Verhalten empfahl, setzte sich Frommel für die sofortige operative Behandlung ein.

Im 1. Weltkrieg und im Jahrzehnt danach entwickelte sich die Frauenklinik unter der Leitung von Ludwig Seitz und Hermann Wintz zu einem international renommierten Zentrum für die Strahlentherapie. Damals hofften viele Ärzte, Krebs alleine durch eine Strahlentherapie bekämpfen zu können. Wintz gelang ein ungewöhnlich erfolgreiches Joint-venture mit der Erlanger Firma "Reiniger, Gebbert & Schall" (RGS), die damals zu den weltweit führenden Herstellern von Röntgenapparaten zählte. Zusammen mit RGS - die später in der Siemens AG aufging - erarbeitete Wintz zahlreiche Verbesserungen für die damals üblichen Röntgen-Bestrahlungseinrichtungen. Gleichzeitig entwickelte er eine von Experten als revolutionär empfundene Methode der Röntgentherapie für gynäkologische Krebserkrankungen. Im "Dritten Reich" ließ sich Wintz allerdings für die rassenpolitischen Zwecke der Nationalsozialisten instrumentalisieren: In der Erlanger Frauenklinik wurden Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen bei Ostarbeiterinnen durchgeführt. Für einige der Frauen endete dies tödlich.

Eine grundlegende Neuorientierung erfuhr die Erlanger Frauenklinik, als Karl Günther Ober 1962 die Leitung übernahm. Nun wurden bösartige Erkrankungen in erster Linie wieder operativ behandelt. Obers Ziel war eine möglichst schonende Therapie: So sollten Überbehandlungen mit ihren negativen Folgen für die Lebensqualität der Patientinnen vermieden werden. Im Rückblick erscheinen dabei vor allem die Untersuchungen zum Gebärmutterhalskrebs richtungweisend.

Das erste deutsche Retortenbaby
Das zumindest für die Öffentlichkeit spektakulärste Ereignis der vergangenen Jahre fiel an das Ende von Obers Amtszeit: am 16. April 1982 wurde das erste deutsche "Retortenbabys" per Kaiserschnitt in der Frauenklinik Erlangen entbunden. Fünf Jahre später, unter der Klinikleitung von Norbert Lang, gelang erstmals in Europa die Geburt eines Kindes, das einer eingefrorenen Eizelle entstammte. Neben den Erfolgen in der Reproduktionsmedizin setzte Lang mit seinen Mitarbeitern auf der Grundlage von exakten feingeweblichen Untersuchungen die dem jeweiligen Krebsstadium angepasste Behandlung bösartiger Erkrankungen fort. Dies führte vor allem zu einer raschen Zunahme brusterhaltender Operationen. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Ausbau der Diagnostik mit bildgebenden Verfahren wie der Mammographie.

Ebenfalls trug Lang der rasanten Entwicklung Rechnung, die das Fachgebiet besonders im Bereich der Geburtshilfe und Pränataldiagnostik sowie der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin erlebte. Hier wurden große Arbeitsgruppen etabliert, die ihre Spezialgebiete in Forschung und Klinik erfolgreich vertreten konnten. Dabei kam auch der immer engeren Zusammenarbeit mit benachbarten Fachgebieten wachsende Bedeutung zu.

Mit dem Wechsel in das neue Jahrtausend stellt sich die Klinik unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias W. Beckmann neben fachlichen Herausforderungen den grundlegenden Reformen im Gesundheitswesen. Als neuer Forschungsschwerpunkt wurde die molekulare Medizin in der Frauenheilkunde aufgenommen.

Jährlich werden rund 31.000 Patientinnen versorgt
Der Klinik für Frauenheilkunde ist eine Poliklinik und eine Hebammenschule zugeordnet. Sie verfügt über 110 stationäre Betten und acht Tagesplätze. Im Jahr 2001 wurden 4.550 Patientinnen stationär und 26.300 ambulant versorgt. Gut 50% der Patientinnen kamen aus der Stadt-Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt, 30% aus Mittelfranken, 15% aus Oberfranken.

Weitere Informationen

Dr. Wolfgang Frobenius
Tel.: 09131 - 85-36191
www.175JahreFrauenklinik.de
www.frauen.med.uni-erlangen.de

Mediendienst FAU-Aktuell Nr. 3110 vom 24.03.2003

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