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Objekterkennung
mittels Ultraschall
Akustisches Bild dank Fledermaus
Bisher gehörte das Forschen über Fledermäuse eigentlich
in den Bereich der Zoologie. Wenn sich nun Wissenschaftler des Lehrstuhls
für Sensorik der Universität Erlangen-Nürnberg mit
den Aktivitäten dieser Tiere beschäftigen, hat das einen
anderen Hintergrund. Die Forscher rund um Lehrstuhlinhaber Prof.
Dr. Reinhard Lerch interessieren sich vor allem für die Nase,
den Mund und die Ohren - vielmehr um das, was die flauschigen Flieger
damit anstellen. Im Rahmen eines EU-Projekts wollen die Wissenschaftler
von den Fledermäusen alles über die Objekterkennung mittels
Ultraschall lernen und wählen damit bewusst einen anderen Weg
als die Forscher, die auf die Objekterkennung mittels Kamera setzen.
„Dabei
hat die Objekterkennung mittels Ultraschall mehrere Vorteile“,
so Prof. Lerch. „Denken Sie nur an die Ultraschall-Einparkhilfen
in Autos: Ein Ultraschallsensor arbeitet selbst bei Dampf, Staub,
Regen oder Schnee.“ Auch im Bereich der Medizintechnik sieht
Prof. Lerch Anwendungsmöglichkeiten. „Ich könnte
mir vorstellen, dass wir den Ultraschallsensor auch bei blinden
Menschen einsetzen können, um ein Hindernis akustisch anzuzeigen.“
Der Vorteil der Ultraschallsensoren gegenüber den optischen
Systemen liegt vor allem in den geringeren Kosten.
Noch ist das
Produkt nicht fertig. Momentan arbeiten die beteiligten Wissenschaftler
an den Einzelteilen eines künstlichen Fledermauskopfs, mit
dem erforscht werden soll, wie das Senden und Empfangen von Signalen
bei den Fledermäusen genau funktioniert. Die Ohren und der
Mund werden sich bei diesem Fledermauskopf realitätsgetreu
bewegen können. „Das Drehen des Kopfes und der Ohren
ist bei der Erforschung des Ultraschall-Ortungssystems entscheidend“,
so Prof. Lerch. An der Universität Erlangen-Nürnberg arbeitet
man schwerpunktmäßig an den Ohren, die das Signal aufnehmen,
und an dem Teil, das das ausgehende Signal erzeugt und empfängt.
Die Forscher nennen es Ultraschallwandler. Die Schwierigkeit bei
diesem Gerät war die Größe. „Um das Senden
und Empfangen realitätsgetreu nachvollziehen zu können,
darf auch der künstliche Fledermauskopf mit allen integrierten
technischen Geräten nicht größer als das Original
sein“, so Dipl.-Ing. Alexander Streicher, wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Lerch. Mit Hilfe einer ferroelektrischen
Folie mit zellularer Struktur konnte das Größenproblem
des Ultraschallwandlers gelöst werden. An der Behebung eines
weiteren Problems arbeiten die Wissenschaftler gerade: Bisher ist
es noch nicht gelungen, den gesamten Frequenzbereich der Fledermäuse,
der zwischen 20 und 200 kHz liegt, realitätsnah zu erzeugen.
Neben den Eigenschaften
der Ultraschallwandler sind das Fledermausohr und dessen unterschiedliche
Form für die Empfang entscheidend. Zunächst wurden verschiedene
Arten von Fledermausohren mittels Röntgenverfahren eingescannt
und daraus Computermodelle für die Simulation und Kunststoffmodelle
für die Messung erzeugt. Mit Hilfe eines eigens am Lehrstuhl
entwickelten Programms wurde die günstigste Richtung der Ohren
ermittelt, die geeignete Form erzeugte ein genetischer Algorithmus.
Die Empfangsqualität der Ohren wird im reflektionsarmen Raum
des Lehrstuhls für Sensorik untersucht. „Die Wände,
der Boden und die Decke sind mit Schaumstoffplatten verkleidet,
die die gesamte Akustik dämpfen. Hier kann störungsfrei
an den Ohren als Empfangsanlagen gearbeitet werden“, so Alexander
Streicher.
Wenn der Fledermauskopf
zusammengesetzt ist, wird sich zeigen, ob die Menschen ein weiteres
Rätsel der Natur geknackt haben. Der aktuelle Stand der Forschungen
ist unter www.circe-project.org
einzusehen.
Dipl.-Ing. Alexander Streicher bei der Arbeit mit dem
Fledermausohr
im reflektionsarmen Raum. Foto: SG Öff/C. Loos
Weitere Informationen
Prof. Dr. Reinhard
Lerch
Tel.: 09131/85-23131
reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de
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