Neues
DFG-Projekt des Instituts für Klassische Archäologie
Die Königsgräber von Tamassos auf Zypern
Die 24 Gräber der Königsnekropole von Tammassos zählen
zu den bedeutendsten Zeugnissen archaischer Kultur des 7. und 6.
Jahrhunderts vor Christus auf der Insel Zypern. Bereits 1889 wurden
die Gräber entdeckt; die Funde und Befunde wurden jedoch nie
vollständig dokumentiert. Dies soll jetzt in einem von der
DFG geförderten Projekt am Institut für Klassische Archäologie
der Universität Erlangen-Nürnberg erfolgen. Die Wissenschaftler
unter Leitung von Prof. Dr. Hartmut Matthäus erhoffen sich
so Aufschluss über die Wirkung von phönikischen und griechischen
Kultureinflüssen auf die lokale zyprische Kunst und Architektur.
Das Projekt ist damit Teil des Schwerpunkts zur Altertumskunde der
ostmittelmeerischen Kulturen und ihrer Beziehungen am Institut für
Klassische Archäologie, der bislang in Deutschland einmalig
ist.
Die Königsnekropole
von Tamassos wurde 1889 von Max Ohnefalsch-Richter, einem der Pioniere
der Periode vorwissenschaftlicher zyprische Archäologie, entdeckt
und im Auftrag der Berliner Museen ausgegraben. Die wertvollen Funde
unterlagen entsprechend dem damals noch geltenden osmanischen Recht
der Teilung. Dadurch gelangten nur Teile des Materials nach Berlin,
andere nach Nicosia und nach Cambridge. Ein Teil ist verschollen,
ein weiterer im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Ohnefalsch-Richter
hat keine systematische Publikation hinterlassen. Bis heute existiert
nur ein von ihm verfasstes kursorisch beschreibendes Manuskript
“Tamassos und Idalion”, das in Berlin verwahrt wird.
Darin spricht
Ohnefalsch-Richter von vier Königsgräbern im engeren Sinn
(Gräber 4, 5, 11, 12), die sich durch ihre aufwendige Architektur
und durch reiche Grabbeigaben von den anderen Grablegen unterscheiden.
Vermutlich wurden dort die Stadtkönige von Tamassos beigesetzt.
In den Jahren 1971 bis 1974 untersuchte Hans-Günther Buchholz,
inzwischen emeritierter Lehrstuhlinhaber für Archäologie
in Gießen, der am aktuellen DFG-Projekt beteiligt ist, die
Königsnekropole erneut. Dadurch kann das Projekt am Institut
für Klassische Archäologie auf einen breiten Materialfundus
mit Daten zu Grabarchitektur, Bestattungsformen, zu den Metallfunden
und zur Keramik der Gräber zurückgreifen.
Tamassos bietet
den Forschern einen interessanten Sonderfall zyprischer Grabarchitektur.
Die beiden erhaltenen Gräber 5 (mit zwei hintereinander gestaffelten
Kammern) und 12 (eine Kammer) wurden in einer Steinarchitektur erbaut,
hölzerne Konstruktionselemente zitiert und perpetuiert, wie
Balkennachahmungen in Fassade und Deckenkonstruktion anzeigen. Dieser
Baustil ist im zyprischen Raum einmalig, lässt sich aber inzwischen
auf phönikische Vorbilder zurückführen - ein Ergebnis
des neuen Forschungsprojektes. Ebenso weisen auf östliche Einflüsse
die in Tamassos im Eingangsbereich zu Seiten des Türdurchganges
angebrachten Reliefpilaster. Sie haben Vorbilder in der Monumentalarchitektur
Israels und sind auch aus phönikischer Kunst wohl bekannt.
Damit ergibt sich ein weiterer wichtiger Hinweis auf den Einfluss
phönikischer Kultur auf Zypern.
Im Rahmen des DFG-Projektes ist die abschließende und umfassende
Dokumentation dieser im 7. und 6. Jh. v. Chr. auf der Insel Zypern
einzigartigen Nekropole vorgesehen Im Zentrum der Forschungen steht
dabei eine Analyse der Grabarchitektur sowie der Beigaben durch
die Projektmitarbeiterinnen Katja Walcher M. A. und Dr. Friederike
Bubenheimer Erhart. Dabei werden besonders die Metallfunde, die
quantitativ und qualitativ herausragende Gruppe der Grabbeigaben,
kulturhistorisch ausgewertet. Schließlich darf die archaische
Kultur Zyperns als Paradebeispiel einer Kultur gelten, die sich
durch Außenkontakte kontinuierlich verändert und sich
von der Vielfalt zu einer neuen Einheit wandelt. Die komplexen und
differenzierten Prozesse von Kontakt und kulturellem Wandel innerhalb
der zyprischen Kultur werden nun paradigmatisch an den Königsgräbern
von Tamassos erforscht.
Erste Ergebnisse
des DFG-Projektes werden im Rahmen eines internationalen und interdisziplinären
Zypern-Kolloquiums unter dem Titel “Religion and Society in
Cyprus. From the Late Bronze Age to the End of the Archaic Period”
am 23. und 24. Juli 2004 vorgestellt. Das Kolloquium wird vom Institut
für Klassische Archäologie gemeinsam mit der Foundation
A.G. Leventis in Nicosia, einer der größten zyprischen
Kulturstiftungen, und dem Institut für Interdisziplinäre
Zypern-Studien veranstaltet und ist Teil der Aktivitäten des
neu gegründeten Interdisziplinären Zentrums Alte Welt
an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Grab 5: Blick von der Vorkammer in die Sarkophagkammer
Abbildung:
Institut für Klassische Archäologie
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hartmut
Matthäus
Tel.: 09131/ 85-22 392
htmattha@phil.uni-erlangen.de
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