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Wilhelm-Sander-Stiftung
fördert Projekt zur AIDS-Forschung
RNA-Interferenz: Kurze Doppelstränge greifen
ein
Als Kopie der Erbinformation liefert Ribonukleinsäure, kurz
RNA, die Baupläne für Proteine, die im Zellplasma zusammengesetzt
werden. Als kurzes doppelsträngiges Molekül dagegen kann
die Kernsäure den Protein-Aufbau verhindern. Diese Fähigkeit,
die RNA-Interferenz, die Pflanzen als Waffe gegen Viren einsetzen,
weckt Hoffnung auf neue Vorteile im Kampf gegen Erkrankungen, speziell
gegen das menschliche Immunschwächevirus HIV. Ein Projekt von
Dr. Karin Metzner am Institut
für Klinische und Molekulare Virologie der Universität
Erlangen-Nürnberg, das entsprechende Möglichkeiten auslotet,
ist in das Förderprogramm der Wilhelm-Sander-Stiftung aufgenommen
worden.
Eine HIV-Infektion
muss heute nicht mehr in die AIDS-Erkrankung münden. Es gibt
eine äußerst wirksame Kombinationstherapie, die den Ausbruch
der Krankheit stoppen oder zumindest deutlich hinauszögern
kann. Doch die Therapie bringt keine Heilung: das Virus bleibt im
Körper, und viele Patienten leiden unter starken Nebenwirkungen,
die es nur schwer möglich machen, diese Medikamente ein Leben
lang einzunehmen. Zudem entstehen immer mehr resistente Viren.
Auf der Suche
nach neuen Behandlungsmethoden sind kurze doppelsträngige RNA-Moleküle
ins Blickfeld der medizinischen Forschung geraten. Sie werden von
Pflanzen und Insekten synthetisiert, um einzelne Gene gezielt auszuschalten.
Dies geschieht, indem sich diese Moleküle an eine Ziel-RNA
anlagern, die dann als Vorlage für die Protein-Fabrikation
entfällt. Da jedes Gen und damit jede zugehörige RNA-Kopie
eine einzigartige Abfolge von Bausteinen aufweist, bindet das baugleiche
interferierende RNA-Molekül ausschließlich an einen ganz
bestimmten RNA-Abschnitt.
Zwei Chancen
gibt es, die Vermehrung von Immundefizienz-Viren mittels RNA-Interferenz
zu unterbinden. In den potentiellen Wirtszellen könnte die
Produktion von Proteinen gestoppt werden, die den Viren als Andockstellen
auf der Zellmembran dienen. Sind die Angreifer jedoch schon eingedrungen,
könnte die Virus-RNA im Zellplasma blockiert und aufgelöst
werden, sobald sie die Außenhülle der Zelle überwunden
hat oder sobald neue Virus-Bauteile nach der Vermehrung den Zellkern
verlassen. Nur im Zellkern selbst könnte HIV sich noch ungestört
verbergen, aber ohne deshalb Schaden anzurichten.
Experimente
in Zellkulturen lassen außerdem darauf hoffen, dass eine RNA-Interferenz-Therapie
keine schweren Nebenwirkungen hätte. Bevor entschieden werden
kann, ob dieser Ansatz tatsächlich für die medizinische
Praxis geeignet ist, sind allerdings noch wichtige Probleme zu lösen,
zum Beispiel, wie die Moleküle der “Eingreiftruppe”
verabreicht werden sollen, um sicher am Zielort anzukommen. Erweist
sich der neue Weg als aussichtsreich, kann das für die Behandlung
der HIV-Infektion wie vieler anderer Krankheiten einen großen
Fortschritt bedeuten.
Weitere Informationen
Dr. Karin Metzner
Institut für Klinische und Molekulare Virologie
Tel.:09131/85- 26483
karin.metzner@viro.med.uni-erlangen.de
Mediendienst Forschung-Aktuell Nr. 669 vom 20.08.03
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