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Preisbezogene Untersuchungen am Lehrstuhl für Marketing

Bequeme Qualitätskäufer und effiziente Schnäppchenjäger

„Alles hat seinen Preis“, behauptet das Sprichwort, doch über die Höhe des Preises ist damit nichts ausgesagt. An diesem zentralen Punkt entscheidet sich, ob Käufer und Verkäufer sich einig werden und ein Handelsabschluss zustande kommt. So einfach das klingen mag, so kompliziert kann sich das Preisgeschehen in der Praxis gestalten. Ob Billigangebote und Sonderaktionen Erfolg versprechen, ob Markenqualität den Geldbeutel weiter öffnet und ob Hochpreisartikel Abnehmer finden, hängt von vielerlei Faktoren ab, insbesondere davon, welcher Personenkreis angesprochen wird. An der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg beleuchten mehrere Untersuchungen am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Hermann Diller die Preisszenerie, sowohl aus dem Blickwinkel des Händlers als auch im Hinblick darauf, was in die Entscheidung der Konsumenten einfließt und wie diese sich in Zielgruppen einteilen lassen. Die vier Studien wurden als Arbeitspapiere des Lehrstuhls veröffentlicht.

Preispolitische Strategien und Instrumente des Einzelhandels und deren Wirkungen bringen Hermann Diller und Sabine Anselstetter in ein System, das wegen der raschen Wandlungen und Neuerungen dieses sehr bewegten Aktionsfelds allerdings nicht abgeschlossen und endgültig bewertet werden kann. Der Schwerpunkt des systematischen Überblicks liegt auf Aktionspreisinstrumenten: kurzfristigen Preisreduktionen, Rabattaktionen, Preissensationen und Coupons. Variable Preise für ein bestimmtes Produkt müssen sehr geschickt eingesetzt werden, um in der Wirkung kalkulierbar zu bleiben. Ändert sich der Preis in kurzen Abständen zu häufig, können die Kunden auf die Variationen aufmerksam werden und dann nur noch den niedrigsten Preis akzeptieren. Coupons, die den Angebotspreis eines Produktes nicht verändern, vermeiden diesen Effekt und machen es außerdem möglich, Kundensegmente zu unterscheiden.

Zur Segmentierung, der Abgrenzung deutlich getrennter Gruppen, haben Regina Weimer und Hans Stamer erstmals in der Marketingforschung eine neue Methode dazu verwendet, das Preisverhalten von Konsumenten zu strukturieren. Mit Hilfe der Mittelwert- und Kovarianzstrukturanalyse (MECOSA) können Preisinteresse, Qualitätsanspruch und Sonderangebotspräferenzen, die im psychischen Prozess der Kaufentscheidung eine Rolle spielen, in ihrer Wechselbeziehung dargestellt und zugleich äußere Faktoren wie Geschlecht, Haushaltsgröße und Bildung einbezogen werden. Zwischen diesen Größen und der Bereitschaft, bei bestimmten Preisen zuzugreifen, lassen sich kausale Beziehungen herstellen. Bei genauer Kenntnis des jeweiligen Käuferkreises und seiner Präferenzen können Preise so gestaltet werden, dass sie die Kunden zufrieden stellen, Spielräume in der Preishöhe aber nicht verschenkt werden.

Zu beachten ist, dass die Kundensegmente je nach Produkt variieren, wie drei Beispiele in dieser Studie zeigen. An den Regalen für Waschmittel entscheiden demnach „Preisbewusste“ anders als „Preisbereite Qualitätskäufer“. Die letztere Gruppe ist auch auf dem Markt für Jeans zu finden, diesmal neben „Sparern“ und „Bequemen“. Nach der Auswahl an Tafelschokolade greifen „Sparer“, „Bequeme Qualitätskäufer“ und „Anspruchsvolle Optimierer“. Noch differenzierter stellt sich das Preisverhalten der Käufer in einer Untersuchung dar, die Hermann Diller, Hans Stamer und Carolin Welsch anhand von Verbraucherpaneldaten erstellt haben. Für fünf Konsumgüter lassen sich Handels- und Billigmarkenkäufer, Multioptionskäufer, Preisinteressierte Markenkäufer, Effiziente Schnäppchenjäger und Hochpreislagenkäufer unterscheiden. Als Grundlage einer solchen Klassifikation, die für eine effektive Preispolitik genutzt werden kann, sind die Daten aus Verbraucherbefragungen, wie die Analyse ergeben hat, ausreichend geeignet.

Hans Stamer und Heike Liebermann nutzen Haushaltspaneldaten, um das Umfeld von Kaufentscheidungen einzukreisen. Der Wechsel von einer Marke oder Geschäftsstätte zur anderen dient als Indikator dafür, inwiefern Verbraucher auf Preise achten und ihre Entscheidung danach ausrichten. Einen Preis zu akzeptieren bedeutet aus subjektiver Sicht, ein Risiko einzugehen. Eine gleich- oder höherwertige Ware könnte anderswo günstiger zu bekommen sein; ein sehr preiswertes Produkt hat eventuell Qualitätsmängel. Diese Unsicherheit bestimmt das Interesse an Preisen und Informationen, an das die Gestaltung von Preislagen und Sortimentsstrukturen, von Sonderangeboten und Werbeaktionen anknüpfen will. Da mehrere Komponenten das Preisinteresse unterschiedlich stark beeinflussen, kann es auf der Angebotsseite zu Fehlinvestitionen kommen. Ist die Gefahr eines Fehlkaufs - wie bei häufig gekauften Produkten in niedriger Preislage - gering, können Preisanreize zwar zum Erfolg führen, jedoch nur, wenn sie nicht allzu häufig vorkommen und dadurch kalkulierbar sind. Pauschal steigt das Preisinteresse nicht mit der ökonomischen Bedeutung der Ausgaben für den Haushalt; erst wenn im konkreten Fall ein möglicher Verlust wahrgenommen wird, versuchen Käufer, das Preisrisiko zu senken. In die Analyse sind Daten für 93 Produktmärkte einbezogen worden.

Die Studien zur Preispolitik und Preissegmentierung werden in den Arbeitspapieren Nr. 122, 123, 125 und 132 des Lehrstuhls für Marketing erläutert. Informationen dazu sowie zu weiteren Publikationen zum Thema Pricing und anderen Marketing-Themen finden sich im Internet unter www.marketing.wiso.uni-erlangen.de.

Weitere Informationen

Robert Metz
Lehrstuhl für Marketing
Tel.: 0911/5302 -302
Robert.Metz@wiso.uni-erlangen.de

 

Mediendienst Forschung-Aktuell Nr.783 vom 09.03.2006


zentrale universitätsverwaltung, pressestelle --- zuletzt aktualisiert am 12.11.2007