Interdisziplinäres Spaltenzentrum der Zahn-, Mund- und Kieferklinik informiert Eltern von Spaltkindern

"Sag doch mal: Kakao"

 
Das Interdisziplinäre Spaltenzentrum der Zahn-, Mund- und Kieferklinik der Universität Erlangen-Nürnberg stellt am kommenden Samstag, 13. Februar 1999, im Rahmen des Treffens der Selbsthilfevereinigung für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sein aktuelles Erlanger Konzept vor. Die Veranstaltung, die sich an Eltern von Spaltkindern und Betroffene wendet, beginnt um 14 Uhr im Hörsaal I der Zahn-, Mund- und Kieferklinik in der Glückstraße 11 in Erlangen mit einer Einführung von Prof. Dr. Ursula Hirschfelder, Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie, und Prof. Dr. Friedrich W. Neukam, Ordinarius am Lehrstuhl für Zahnmedizin, insbesondere Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
 
Prof. Hirschfelder wird anschließend über die Kieferorthopädische Behandlung der Spaltkinder von der Geburt bis ins Erwachsenenalter sprechen, um 14.40 Uhr wird Prof. Neukam das grundlegende Operationskonzept für Spaltkinder erläutern. Die Rolle des Phoniaters und des Pädaudiologen in der Spaltsprechstunde wird um 15.30 Uhr Dr. Monika Tigges, Fachärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie, beleuchten. Die Aufgabe der Logopädin im interdisziplinären Spaltenteam wird um 16 Uhr unter dem Titel "Sag doch mal: Kakao" die Logopädin Ulrike Wohlleben vorstellen.
 
Anläßlich einer Informationsveranstaltung stellt das Teams des Erlanger Spaltenzentrums in der Zahn-, Mund- und Kieferklinik der Universität Erlangen-Nürnberg sein interdisziplinäres Konzept zur Behandlung von Patienten mit angeborenen Lippen-Kiefer- und Gaumenspalten vor. Das "neue Team" setzt sich aus dem Lehrstuhlinhaber für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Prof. F.W. Neukam, der Lehrstuhlinhaberin für Kieferorthopädie, Prof.Dr. Ursula Hirschfelder, einer Vertreterin aus der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie aus der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Dr. Monika Tigges sowie der Logopädin, Ulrike Wohlleben, zusammen. Darüber hinaus besteht ein enger Kontakt zu den Ärzten der Universitätskinderklinik und dem Institut für Humangenetik.
 
"Für Eltern ist es zunächst ein Schock, wenn ihr Kind mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren wird. Nicht zuletzt deshalb ist es von großer Bedeutung, daß Kinder mit Spaltbildungen während der langen Betreuungzeit - also von der Geburt bis ins Erwachsenenalter - umfassend medizinisch versorgt werden, um die soziale Integration sicherzustellen",betonen Prof. Hirschfelder und Prof. Neukam. Sie unterstreichen weiterhin, daß das Erlanger Spaltenzentrum eine große Tradition aufweist, zumal die Erlanger Universitätszahnklinik Mitte der 70er Jahre als eine der ersten Zahnkliniken in Deutschland eine Interdisziplinäre Spaltensprechstunde ins Leben gerufen habt.
 
Diese Interdisziplinäre Sprechstunde findet jeden Freitag in der Poliklinik für Kieferorthopädie statt, in der jeweils ein ärztlicher Vertreter für Kieferorthopädie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, der Kieferchirurgie und eine erfahrene Logopädin gemeinsam den aktuellen Behandlungsbedarf für die Patienten festlegen und koordinierte Behandlungsmaßnahmen aus den vier verschiedenen Fachbereichen in die Wege leiten.
 
Eine Spalte, die aufgrund von Entwicklungsstörungen im Mundbereich bis zum Ende des ersten Drittels der Schwangerschaft auftritt, bringt für die Familie und das betroffene Kinde eine Reihe von Problemen mit sich. "Die Mutter tut sich mit dem Stillen schwer, denn das Kind braucht hierzu eigentlich eine geschlossene Lippe", betonen beide Lehrstuhlinhaber. Da der Mund- und Nasenraum nicht getrennt ist, kommt es zudem zu erheblichen funktionellen Störungen, die unter anderem mit Schluck- und Atemschwierigkeiten verbunden sind. Außerdem orientiere sich die Zunge durch das fehlende Widerlager in einen falschen Bereich und führe unter anderem zu der Etablierung eines fehlerhaften Funktionsmusters, so die Erlanger Mediziner. Zusätzlich kommt es, laut Prof. Neukam, oft zu einem Erguß in den Ohren, da diese aufgrund der unterbrochenden Muskulatur am Gaumen anders belüftet werden.
 
Zu den vielfältigen medizinischen Problemen gesellen sich psychologische und ästhetische Aspekte, die in der Gesamtkonzeption nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
 
"Im Rahmen der zahnmedizinischen Betreuung kommt der kieferorthopädischen Frühbehandlung unmittelbar nach der Geburt", so Prof. Hirschfelder, "ein besonderer Stellenwert zu, um optimale Voraussetzungen für den operativen Verschluß der Lippe zu schaffen, der zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat kieferchirurgisch erfolgt. Der operative Verschluß des Gaumens erfolgt etwa mit einem Jahr, erläutert Prof. Neukam, um eine normale Sprachentwicklung zu gewährleisten. In vielen Fällen ist zusätzlich ein intensives Sprachtraining notwendig. An dieser Stelle ist eine besonders intensive Betreuung durch die Kollegin aus der Hals-Nasen-Ohrenklinik sowie der Logopädin erforderlich.
 
Im Rahmen der gesamten medizinischen und zahnmedizinischen Betreuung, die oftmals bis zum Abschluß des Wachstums im Erwachsenenalter dauert, sind in aller Regel umfangreiche kieferorthopädische und -chirurgische Behandlungsmaßnahmen erforderlich, die durch eine gezielte logopädische Betreuung begleitet wird, so die Erlanger Zahnmediziner.
 
Wesentlich ist, daß das aktuelle Erlanger Konzept des Interdisziplinären Spaltenzentrums neue Behandlungsmethoden zur Entwicklung von Wachstumsdefiziten im Mittelgesicht integriert, erläuterte Prof. Neukam. "Hier sind insbesondere die Möglichkeiten der sogenannten Distraktionsosteogenese zu nennen mit deren Hilfe es möglich ist, ein Defizit des Mittelgesichtwachstums auszugleich". Prof. Hirschfelder fügt ergänzend hinzu, daß im Rahmen einer gezielten Therapieplanung ein enormer diagnostischer Fortschritt durch den Einsatz der Computertomographie zur dreidimensionalen Analyse der Fehlentwicklungen erzielt wird. "Denn nur anhand eines 3D-CT-Bildes ist festzulegen, in welche Richtung der Oberkieferkomplex entwickelt werden muß", erläutert Prof. Hirschfelder.
 
Von 500 Kindern wird in der Bundesrepublik heutzutage eines mit einer Spalte geboren. Um die Jahrhundertwende war nur jedes 1000. Neugeborene betroffen. Als mögliche Ursachen für den Anstieg der Spaltbildung nennt Neukam die Zunahme des Nikotin- und Alkoholkonsums. "Zudem stehen bessere Behandlungsmöglichkeiten von Spaltpatienten zur Verfügung, so daß Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten heute aufgrund der verbesserten Behandlungsergebnisse viel leichter beruflich und sozial integriert werden und Familien gründen.". Da als Ursache für dieser Fehlbildungen zum Teil Erbfaktoren veranwortlich sind, ist mit einer ansteigenden Quote von Spaltbildungen bei Neugeborenen zu rechnen.
 
Eine Sprechstunde für Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und ihre Eltern findet jeden Freitag um 10 Uhr in der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität Erlangen-Nürnberg, Glückstraße 11 in Erlangen statt. Weitere Informationen sind unter der Telefonnummer 09131/85 -34256 oder 85 -33645 erhältlich.
 
 
· Kontakt:
Zahn-, Mund- und Kieferklinik, Prof. Dr. Ursula Hirschfelder
Glückstraße 11, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -33643, Fax: 09131/85 -32055
 
 
Mediendienst AKTUELL Nr. 1797 vom 11.02.1999

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Stand: 11.02.1999