Philosophische Fakultät I und II

Verleihung des Lilli Bechmann-Rahn-Preises

 
Im Rahmen der Promotionsfeier der Philosophischen Fakultäten I und II am Freitag, 5. Februar 1999, wird erstmals der neu eingerichtete Lilli Bechmann-Rahn-Preis für eine herausragende Promotion im Fächerspektrum des "Dr. phil." verliehen. Der Preis erinnert an Lilli Bechmann-Rahn und die anderen Doktoren, deren Titel im Nationalsozialismus aberkannt wurden. Eine historische Würdigung nehmen die Professoren Hartmut Kugler, Ulrich Wyss und Theodor Verweyen vor. Ein Grußwort wird die Tochter von Lilli Bechmann-Rahn, Ruth R. Budd, geb. Rahn sprechen. Die Feierstunde, die musikalisch vom Ensemble Lechaim unter Leitung von Christoph Ortlieb umrahmt wird, beginnt um 17.15 Uhr in der Aula des Erlanger Schlosses (Schloßplatz 4).
 
Zur Vorgeschichte:
lm Zuge der Aufarbeitung des Falles Schneider/Schwerte hat die Philosophische Fakultät II im Jahr 1996 auf Initiative von Dekan Prof. Dr. Hausmann und unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Kugler einen Arbeitskreis 'Geschichte der Philosophischen Fakultät während des Nationalsozialismus und danach' eingerichtet, an dem Mitglieder beider Philosophischen Fakultäten beteiligt sind. Der Arbeitskreis hat sich unter anderem mit den Aberkennungen von Doktor-Titeln beschäftigt, die in der Zeit von 1933 bis 1945 auf der Grundlage der heute nicht mehr geltenden Bestimmungen der NS-Zeit vorgenommen worden sind. Es handelt sich um insgesamt 25 Fälle aus den Jahren 1937 bis 1944.
 
Nach dem Studium der Akten ist der Arbeitskreis zu der Auffassung gelangt, daß die Aberkennung der Doktor-Titel, die aufgrund der genannten NS-Bestimmungen vorgenommen worden sind, als ein 'Unrecht von Anfang an' zu gelten hat und deshalb keinen Bestand hat. Eine Wiederzuerkennung der Titel im Sinne eines streng juristischen Verfahrens ist nicht erforderlich, für die beiden Philosophischen Fakultäten sind diese Aberkennungen ungültig. Die Promotionen sind aus dem Promotionsbuch der Philosophischen Fakultäten nicht getilgt. Die Fachbereichsräte beider Philosophischen Fakultäten haben diese Auffassung übernommen. Der Arbeitskreis hat darüberhinaus Erkundigungen eingezogen und, soweit es ihm möglich war, Nachrichten über das weitere Schicksal der betroffenen Doktorinnen und Doktoren eingeholt. In der Konsequenz machte er zwei Vorschläge, die von den Fachbereichsräten beider Philosophischen Fakultäten akzeptiert wurden und nun umgesetzt werden:
 
1. Die den NS-Bestimmungen zum Opfer gefallenen Promotionen sollen keine anonymen Fälle bleiben. Bei der Promotionsfeier am 5. Februar 1999 werden die Namen der Promovierten mitsamt den Daten und Themen ihrer Dissertation vorgestellt.
 
2. Aus diesem Anlaß wird ein Promotionspreis eingerichtet, der künftig jährlich für eine herausragende Promotion im Fächerspektrum "Dr. phil." verliehen wird. Der Preis trägt den Namen einer der damals Promovierten, Lilli Bechmann-Rahn. Der Fall ihrer Titelaberkennung macht die Beschädigungen, die den Promovierten wie ihrer Fakultät zugefügt worden sind, besonders nah und konkret faßlich.
 
Die Liste der aberkannten Doktortitel umschließt weitere erinnerungswerte fachwissenschaftliche Leistungen auch in anderen Fächern der Fakultät. Für den Namensvorschlag Bechmann-Rahn haben folgende Gründe den Ausschlag gegeben: Frau Bechamnn, verheiratete Rahn (geb. 1911 in Fürth, gest. 1970 in Denver/USA), wurde noch am 17.2.1934 mit einer Arbeit über den "Darmstädter Freundeskreis" promoviert. Die vom Gutachter Benno von Wiese und Kaiserswaldau mit "sehr gut" bewertete Arbeit war nicht nur damals eine beachtliche Leistung, sondern gehört heute immer noch zur Standardliteratur über die Kultur- und Geistesgeschichte der 'Empfindsamkeit'. Die zum Zeitpunkt der Promotion 23jährige Literaturwissenschaftlerin stammt aus einer bekannten Fürther Familie. Im Erlanger Promotionsbuch ist sie die jüngste und letzte jüdische Doktorin der nationalsozialistischen Zeit. Frau Bechmann-Rahn mußte 1938 zusammen mit ihrem Ehemann Alfred Rahn, der ebenfalls einer jüdischen Familie in Fürth angehörte, in die Vereinigten Staaten emigrieren. Sie hat dort jahrelang ihren Lebensunterhalt mit deutschem Sprachunterricht verdient, aber keine Möglichkeit mehr gefunden, in die Wissenschaft zurückzukehren.
 
Das Preisgeld von 2.000 Mark wird aus einem Fakultätsfonds bezahlt, der aus Spenden der Professoren der beiden Philosophischen Fakultäten zusammengekommen ist.
 
 
· Kontakt:
Prof. Dr. Hartmut Kugler, Dekan der Philosophischen Fakultät II
Hindenburgstraße 34, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -22321, Fax: 09131/85 -22176
 
 
Mediendienst AKTUELL Nr. 1785 vom 27.1.1999

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Stand: 27.01.1999