-
- Medizingeschichte: DFG fördert FAU-Projekt
Wissenschaft jenseits der Universitäten
- Wissenschaft lebt vom Dialog, und der fachbezogene Austausch
nutzt die jeweils gebräuchlichen Medien und Kanäle
seiner Zeit. Was für das beginnende 21. Jahrhundert das
Internet ist, war für das 18. Jahrhundert das Ineinandergreifen
ausgedehnter Korrespondenzen. Kommunikationsinhalte und -strukturen,
die um 1750 für die Deutsche Akademie der Naturforscher
Leopoldina charakteristisch waren, wird Priv.-Doz. Dr. Thomas
Schnalke vom Institut für Geschichte der Medizin in einem
DFG-geförderten Forschungsvorhaben erschließen und
auswerten. In erster Linie soll das medizinisch-naturkundliche
Korrespondentennetz dieser weltweit ältesten noch existierenden
nationalen Wissenschaftsakademie für jenen Zeitraum rekonstruiert
und analysiert werden.
-
- Im Zentrum der Untersuchung steht der Briefwechsel zwischen
den beiden damals führenden Repräsentanten der Leopoldina,
dem Professor der Medizin Andreas Elias Büchner (1701-1769)
in Halle und dem Nürnberger Arzt und Forscher Christoph
Jacob Trew (1695-1769). Die 101 Schriftstücke, die der Akademiepräsident
Büchner und sein Schriftleiter Trew im wesentlichen zwischen
1744 und 1769 wechselten, sowie die Briefe Dritter, die auf diese
"Briefachse Halle-Nürnberg" hin formuliert worden
sind, liegen zum überwiegenden Teil in der "Briefsammlung
Trew" der Erlanger Universitätsbibliothek. Im Leopoldina-Archiv
in Halle finden sich weitere wichtige Quellenbestände, die
in die Auswertung einbezogen werden sollen.
-
- Am Ende des auf 3 Jahre angelegten medizin- und wissenschaftsgeschichtlichen
Forschungsprojekts sollen die Ergebnisse dieser Studie als Monographie
mit integrierter Edition des Trew-Büchner-Briefwechsels
- ergänzt um relevante Briefe aus Drittkorrespondenzen -
erscheinen.
-
- Genaueres Bild der Akademie
- Die Rekonstruktion des Kommunikationsnetzes um Trew und Büchner
soll sowohl das Innenleben der Leopoldina, als auch das äußere
Erscheinungsbild der Akademie im europäischen Kontext sichtbar
werden lassen. Das gängige Bild, das die Akademie beim Blick
ins 18. Jahrhundert eher als passiv, zergliedert und vergleichsweise
mittelmäßig erscheinen läßt, dürfte
dabei einen Gegenpart erhalten. In dem Briefwechsel zeichnet
sich das Profil einer aktiven und effektiven, im europäischen
Wissenschaftsdiskurs durchaus bedeutsamen außeruniversitären
Einrichtung ab.
-
- Der methodische Ansatz dieser Studie führt im Sinne
einer qualitativen Sozialgeschichtsschreibung vom konkreten Einzelfall
zu allgemeineren Aussagen. Ausgehend vom Trew-Büchner-Briefwechsel
sollen über die Auswertung von Korrespondentennetzen unter
Berücksichtigung weiterer archivalischer Quellen die Generierung,
Kanalisation, Organisation und Diskussion medizinisch-naturkundlichen
Wissens jenseits der Universitäten thematisiert werden.
-
- Das Projekt versteht sich als Teil eines Forschungsschwerpunkts
des Erlanger Medizinhistorischen Instituts zur Geschichte der
Medizin und Chirurgie im 18. Jahrhundert. Bereits seit 1990 arbeitet
Priv.-Doz. Dr. Thomas Schnalke intensiv mit den Beständen
der Erlanger "Briefsammlung Trew". Erste Analyseergebnisse
zur Thematik des derzeitigen DFG-Projekts konnte der Medizinhistoriker
nach einer vorläufigen Einsichtnahme in den Briefwechsel
zwischen Büchner und Trew im Februar 1999 auf einer Tagung
der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig zur
Diskussion stellen.
-
- Für das Forschungsvorhaben "Medizinische Wissensvernetzung
und Wissenschaftsorganisation jenseits der Universitäten:
Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina zwischen 1744
und 1769 im Spiegel ihrer Korrespondenz" hat die Deutsche
Forschungsgemeinschaft Personal-, Sach- und Reisekosten bewilligt.
Die Förderung ist zunächst auf 2 Jahre zugesagt; die
Verlängerung um ein 3. Jahr wurde in Aussicht gestellt.
-
- · Kontakt:
PD Dr. Thomas Schnalke, Institut für Geschichte der Medizin
Glückstraße 10, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -23012, Fax: 09131/85 -22852
E-Mail: Thomas.Schnalke@gesch.med.uni-erlangen.de
Internet: WWW.gesch.med.uni-erlangen.de
- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 568 vom 12.01.2000
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
pressestelle@zuv.uni-erlangen.de
Stand 12.01.2000