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- Physik: Gemeinschaftsprojekt
von FAU und Ruhr-Universität Bochum zur Flüssigkeitsdynamik
Ordnung im Strom der Moleküle
- Anders als Kristalle kennen Flüssigkeiten
keine klare Ordnung, keine Struktur, die den chemischen und physikalischen
Eigenschaften eine Richtung zuweist. Doch gezielt von außen
angesetzte Kräfte können flüssigen Substanzen
eine begrenzte räumliche Ordnung aufzwingen, die auch Bewegungen
anders ablaufen läßt. Zur Dynamik von Flüssigkeiten
unter Scherbelastung fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft
ein gemeinsames Projekt von Prof. Dr. Andreas Magerl, Lehrstuhl
für Kristallographie und Strukturphysik der Universität
Erlangen-Nürnberg, und Prof. Dr. Hartmut Zabel, Institut
für Experimentalphysik IV/Festkörperphysik der Ruhruniversität
Bochum (RUB) in Kooperation mit Dr. B. Frick, Institut Max von
Laue - Paul Langevin, Grenoble. Um die strukturellen Eigenschaften
von visko-elastischen Flüssigkeiten gleichzeitig auf makroskopischer,
auf molekularer und auf atomarer Skala zu beobachten, wird zum
ersten Mal höchstauflösende Neutronenspektroskopie
angewendet.
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- Scherbelastung verformt eine elastische Masse,
ohne das Volumen zu ändern. Dadurch kann, unter gewissen
strukturellen Voraussetzungen der Probe, der räumlich ungeordnete
Zustand der Flüssigkeitsmoleküle aufgehoben werden,
und auf kurze Reichweite kann sich eine molekulare Ordnung einstellen,
die zusätzlich vom Betrag und der Richtung der ausgeübten
Scherbelastung abhängt.
- Dabei erfahren die viskosen Eigenschaften
- die Zähflüssigkeit, die durch innere Reibungsprozesse
bestimmt ist - eine markante Veränderung. Ein Beispiel dafür
ist Wandfarbe, die durch Rühren dünnflüssig und
streichfähig wird. Der Aufbau einer zweidimensionalen Ordnung
wird auch die lokale Dynamik in einer strömenden Flüssigkeit
beeinflussen. Es ist davon auszugehen, daß Diffusionsmoden
und intramolekulare dynamische Freiheitsgrade besonders sensibel
reagieren, daß also Ausmaß und Richtungen der Teilchenbewegung
sich deutlich verändern. Dieser Zusammenhang soll im Rahmen
des Projektes beleuchtet werden.
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- Analysen im gesamten Dynamikbereich
- Mittels Röntgen- oder Neutronenkleinwinkelbeugung
läßt sich nachweisen, ob eine partielle Ordnung in
einer Flüssigkeit auftritt. Neutronenstrahlen durchdringen
Materie in außergewöhnlich hohem Maße. So kann
das Fließen einer Flüssigkeit in Scherzellen beobachtet
werden, die aus sehr unterschiedlichen Wandmaterialien (z. B.
Aluminiumlegierungen, Quarzglas, Silicium, Saphir, Stahl) mit
ebenso verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten konstruiert
sind. Zusätzlich bietet höchstauflösende Neutronenstreuung
an Rückstreuspektrometern den entscheidenden Vorteil, daß
der gesamte Bereich der Dynamik, und damit die Auswirkung von
Kräften auf Bewegungsvorgänge, in einem einzigen Experiment
beobachtet werden kann.
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- Das Verfahren gestattet es, diejenigen Fließeigenschaften
einer Flüssigkeit zu untersuchen, die mit bloßem Auge
wahrnehmbar sind, und zugleich auf mikroskopischer Skala die
räumlichen Verschiebungen der Moleküle gegeneinander
und Änderungen ihrer Rotationsanregungen zu untersuchen.
Durch die Wahl der Streugeometrie kann eindeutig unterschieden
werden, ob Bewegungen parallel oder senkrecht zur Scherbelastung
in der Flüssigkeit ablaufen. Zentrale Streumethode ist die
quasi-elastische Neutronenbeugung, die die lokale Bewegung der
Atome gleichzeitig in ihrem geometrischen und zeitlichen Ablauf
abbildet. Erste Messungen deuten bereits bei sehr schwacher Scherbelastung
eine Erhöhung der translativen Diffusionskonstante parallel
zur Scherbelastung an.
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- Untersuchungen mit ähnlicher Fragestellung
wurden bisher nur mit Lichtstreuung vorgenommen, wobei allerdings,
bedingt durch die Wellenlänge des Lichtes (die im Gegensatz
zur Länge der Neutronen-Wellen ca. drei Zehnerpotenzen höher
liegt), die Längenskala in einem anderen Bereich vorgegeben
ist.
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- Für die Untersuchungen wird zunächst
eine spezielle Scherzelle für Neutronenstreuexperimente
konstruiert. Die Flüssigkeit befindet sich zwischen einer
stehenden und einer zweiten, um eine Achse rotierenden Scheibe.
Die Filmdicke, die Scherbelastung und die Temperatur können
in weiten Bereichen eingestellt werden. Die DFG finanziert den
Aufbau dieser Experimentiereinrichtung an der FAU und eine dreijährige
Promotionsarbeit von Dipl.-Phys. Max Wolff. Die zentralen Messungen
werden an Neutronenquellen wie ILL Grenoble, ISIS Rutherford
Lab, England, oder NIST, Gaithersburg, USA, durchgeführt.
Ergänzt werden sie durch Untersuchungen zu Basiseigenschaften
der Flüssigkeiten, z. B. Viskositätsmessungen, in Laborexperimenten.
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- · Kontakt:
Dipl. Phys. Max Wolff, Prof. Dr. Andreas Magerl
Lehrstuhl für Kristallographie und Strukturphysik
Bismarckstaße 10, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/85 -22700,
Fax: 09131/85 -22733
E-Mail: wolff@krist.uni-erlangen.de, andreas.magerl@krist.uni-erlangen.de
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- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 574 vom 11.5.2000
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