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- Umwelt: Katalytische
Entgiftung durch Niedertemperaturoxidation
Atemluft bleibt frei von Kohlenmonoxid
- Stau im Straßentunnel: Dutzende,
vielleicht sogar Hunderte von laufenden Fahrzeugmotoren füllen
den vergleichsweise engen Raum mit Verbrennungsabgasen, darunter
dem äußerst giftigen Kohlenmonoxid. Trotzdem muß
kein Autoinsasse befürchten, daß er daran ersticken
könnte - nicht nur, weil es Lüftungssysteme gibt; auch
der Wandanstrich fischt das gefährliche Gas aus der Luft.
Noch liegt ein solches Szenario in der Zukunft, doch unwahrscheinlich
ist es nicht: der Farbe könnten Substanzen beigemischt werden,
die dafür sorgen, daß das Atemgift schnell unschädlich
gemacht wird. Am Lehrstuhl für Allgemeine und Anorganische
Chemie der Universität Erlangen-Nürnberg hat die Arbeitsgruppe
von Prof. Dr. Horst Kisch einen Katalysator entwickelt, der dies
bei niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit leistet.
Zusammen mit dem Humboldt-Stipendiaten Dr. Ling Zang ist es dem
Team damit gelungen, ein lange ungelöstes Problem zu klären.
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- Kohlenmonoxid entsteht bei allen Verbrennungsprozessen,
wobei etwa 88% aus dem Verkehr, 11% aus Hausbrand und 1% aus
Industrie und Kraftwerken stammen. Es ist ein extremes Atemgift,
da es etwa 300mal stärker an den roten Blutfarbstoff gebunden
wird als Sauerstoff. Fünfzehn Minuten lang Luft einzuatmen,
in der Kohlenmonoxid 0,3% des Volumens ausmacht, ist für
den Menschen tödlich.
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- Erhöhte Konzentrationen
- Da der mittlere Gehalt atmosphärischer
Luft selten Werte über 0,001 vol% überschreitet, wird
das menschliche Wohlbefinden im allgemeinen nicht beeinträchtigt.
In speziellen Fällen kann man sich darauf allerdings nicht
verlassen, denn bei schlechter Durchlüftung können
wesentlich höhere, lokal begrenzte Konzentrationen in Garagen,
Straßentunnels und auf Autobahnen auftreten. Aus diesen
Gründen wurde der Entwicklung von katalytischen Entgiftungsprozessen
viel Aufmerksamkeit geschenkt.
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- Die meisten Katalysatoren arbeiten bei Hochtemperatur,
wie z.B. der Dreiwege-Katalysator für Automobile, und es
gibt nur wenige Verbindungen, die eine Niedertemperaturoxidation
ermöglichen. So ist bekannt, daß verschiedene Edelmetalle
die Oxidation von CO bei 30 bis 75°C katalysieren. Die meisten
dieser Katalysatoren sind in feuchter Luft allerdings empfindlich
gegenüber Oxidation, wodurch ein technischer Einsatz ausgeschlossen
ist.
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- Bei Feuchtigkeit aktiv
- Im Gegensatz dazu ist der in Erlangen entwickelte
Katalysator nicht nur an feuchter Luft stabil, sondern besitzt
nur unter diesen Bedingungen auch die höchste katalytische
Aktivität. So sinkt ein anfänglicher CO-Gehalt von
0,8 vol% innerhalb von 20 Minuten um die Hälfte, wenn 2,4
Liter dieser stark belasteten Luft mit einer Katalysatorschicht
von etwa 40 cm2 bei Raumtemperatur in Kontakt stehen.
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- Außer reaktiven Wandfarben - auch "Sicherheitsfarben"
genannt -, die zur Luftverbesserung in Tiefgaragen und Straßentunnels
eingesetzt werden könnten, ist ein breites Feld weiterer
Anwendungen denkbar. Interessant wäre beispielsweise die
Entfernung von Kohlenmonoxid aus der mit Methanol betriebenen
Brennstoffzelle, die in ihrer ansonsten derzeit stürmischen
Entwicklung gebremst wird, weil selbst kleine Mengen dieses Gases
den Katalysator der kalten Verbrennung vergiften. Auch der Einsatz
in Luftfiltern für Wärmekraftwerke, Automobile und
Klimaanlagen wäre möglich.
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- · Kontakt:
Prof. Dr. Horst Kisch
Lehrstuhl für Allgemeine und Anorganische Chemie
Egerlandstr.1, 91058 Erlangen
Tel./Fax: 09131/85 -27363, Tel. Sekr.: 09131/85 -27267
E-Mail: Kisch@chemie.uni-erlangen.de
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- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 576 vom 29.5.2000
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
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Stand 26.5.2000