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- Astronomie:
Präzise Messungen zur Entfernung von Kugelsternhaufen
Die Ältesten der Milchstraße
- Wie weit genau ist es von hier bis zum
Kugelsternhaufen NGC 6397? Bei einer Entfernung von ungefähr
achttausend Lichtjahren scheint es darauf nicht so sehr anzukommen,
und doch hängt von der exakten Antwort einiges ab: sie enthält
Auskünfte über das Alter des Universums. Prof. Dr.
Ulrich Heber, Dr. Sabine Möhler und Priv.-Doz. Ralf Napiwotzki
vom Astronomischen Institut der FAU in Bamberg haben dazu beigetragen,
daß es möglich wird, diese Entfernung präzise
zu bestimmen. Zusammen mit Wissenschaftlern aus Kiel und Garching
nutzten sie das Potential des modernsten Großteleskops
der Welt, um detaillierte Informationen über sehr kompakte,
schwach leuchtende Sterne zu gewinnen, die in dem Sternhaufen
aufzufinden sind. In den Spektren solcher "Weißen
Zwerge" ist die Geschichte unserer Galaxie archiviert.
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- Zu den ältesten Objekten, die im Universum
beobachtet wurden, gehören Kugelsternhaufen, Anhäufungen
von bis zu vielen Millionen Sternen. Über hundert davon
sind in der Milchstraße bekannt. Entstanden sind sie vermutlich
in der frühen Phase nach dem Urknall, etwa gleichzeitig
mit der Milchstraße selbst, vor einer Zeit, die auf 13
bis 16 Milliarden Jahre geschätzt wird. Wer das Alter der
Sternhaufen kennt, kennt damit auch die unterste Grenze für
das Alter des Universums. Wie alt ein Sternhaufen ist, kann ermittelt
werden, wenn man seine Entfernung genau kennt.
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- In einigen der am nächsten liegenden
Kugelhaufen wurden mit dem Hubble-Weltraumteleskop Objekte gefunden,
die ein schwaches, blaues Licht ausstrahlten. Farbe und Helligkeit
sprachen dafür, daß es sich um Weiße Zwerge
handelte. Solche Sterne sind nur so groß wie die Erde,
aber fast so massereich wie die Sonne und daher außerordentlich
dicht: ein Kubikzentimeter Materie wiegt eine Tonne. Ein Weißer
Zwerg ist der Überrest eines sonnenähnlichen Sterns.
Er bleibt zurück, wenn der Stern am Ende seines aktiven
Lebens die äußere Hülle abstreift. Innere Energiequellen
hat ein solcher "ausgebrannter" Kern nicht mehr; er
strahlt übriggebliebene Energie aus und kühlt dabei
langsam ab. Trotzdem kann seine Oberfläche noch sehr heiß
sein; ein Indiz dafür ist die blaue Farbe. Ein weit entfernter
Weißer Zwerg wirkt von der Erde aus naturgemäß
sehr viel weniger hell als ein in der Nähe gelegener, doch
um aus dem Vergleich mit einem bekannten Objekt auf die Entfernung
zu schließen, genügt dies nicht. Individuelle Eigenschaften,
darunter vor allem die Masse, wirken sich auf die Helligkeit
aus. Aus den spektroskopischen Beobachtungen des Hubble-Teleskops
konnten die nötigen Informationen nicht abgelesen werden.
Mit Sicherheit ließ sich nicht einmal sagen, ob tatsächlich
Weiße Zwerge entdeckt worden waren.
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- Äußerst großes Teleskop
- Dem Weltraumteleskop an Lichtsammelleistung
weitaus überlegen ist das "Very Large Telescope"
der Europäischen Südsternwarte in Chile, das im April
1999 den Betrieb aufgenommen hat. Von seiner hohen Leistungskapazität
profitierte das Team der Astronomen aus Bamberg. In der Nacht
vom 3. zum 4. September 1999 wurde ein auf die Beobachtung sehr
lichtschwacher Objekte spezialisiertes Instrument am 8,2-Meter
Teleskop ANTU für die Gruppe reserviert. Gegenstand der
Aufnahmen war ein Ausschnitt des Kugelsternhaufens NGC 6397 in
der Konstellation "Der Altar", südlich des Zentrums
der Milchstraße. Mit Hilfe dieser modernsten Optik gelang
es erstmals, detaillierte Spektren von vier Objekten zu erhalten,
die auf einem Bild des Hubble-Teleskops als schwache, blaue Himmelskörper
auszumachen waren. Die Analyse der Strahlungsintensitätsverteilung
beantwortete alle Fragen, die sich das Team gestellt hatte. Zum
einen konnten die vier Sterne eindeutig als Weiße Zwerge
identifiziert werden. Darüber hinaus war eine erste Bestimmung
des jeweiligen Spektraltyps, der Temperatur, der Schwerkraft
und der Masse möglich. Überraschend war, daß
der hellste der kleinen Sterne nur 0.35 Sonnenmassen aufweist;
die anderen drei liegen mit etwa 0.50 Sonnenmassen in der Nähe
der typischen Werte von 0.55 bis 0.65. Bisher wurde angenommen,
daß alle Weißen Zwerge eines Kugelsternhaufens die
gleiche Masse haben. Im nächsten Schritt sollen die Sternparameter
noch präziser festgelegt werden; außerdem werden zwei
weitere Kugelhaufen ins Auge gefaßt, in denen ebenfalls
Weiße Zwerge vermutet werden.
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- · Kontakt:
Dr. Sabine Möhler, Priv.-Doz. Dr. Ralf Napiwotzki, Prof.
Dr. Ulrich Heber
Dr. Remeis-Sternwarte, Astronomisches Institut, Sternwartstr.
7, 96049 Bamberg
Tel.: 0951/95222 -14, -17, Fax: 0951/95222 -22, E-Mail: Moehler@sternwarte.uni-erlangen.de
- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 569 vom 01.02.2000
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
pressestelle@zuv.uni-erlangen.de
Stand 02.02.2000