Immunologie: Human Science Frontier Project fördert internationales Projekt mit FAU-Beteiligung

Ursachen der Alzheimer-Krankheit: Fehlerhaftes Protein steht unter Verdacht

Die Abteilung für Molekulare Immunologie (Leiter: Prof. Dr. Hans-Martin Jäck) an der Medizinischen Klinik III (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim R. Kalden) der Universität Erlangen-Nürnberg beteiligt sich an einem neuen Forschungsprojekt zu den Ursachen der Alzheimer-Krankheit. Prof. Jäck und Kollegen von Universitäten in den Niederlanden, Italien und den USA haben ein verkürztes Protein im Verdacht, das durch einen Fehler beim Ablesen der Erbinformation entsteht und sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ablagert. Zum einen interessiert es die Forscher, warum das Protein nicht von den Zellen gleich wieder abgebaut wird, wie es bei anderen fehlerhaften Molekülen der Fall ist. Zum anderen wollen sie prüfen, ob die Proteinansammlung tatsächlich die Krankheit mit verursacht.
     
Folgenschwerer "Lesefehler"
Information steckt in der Biologie häufig in der Abfolge eines Satzes bestimmter Moleküle, vergleichbar mit dem "kurz-lang" des Morsealphabets. Wenn einige Zeichen wegfallen, kann die gesamte Information nach der Lücke verfälscht werden - ein Sachverhalt, den man in der Biologie "molecular misreading" nennt. Seit September 1999 gibt es eine internationale Forschergruppe unter Beteiligung der Abteilung für Molekulare Immunologie an der Medizinischen Klinik III, die sich im Zuge der Erforschung der Alzheimer-Krankheit mit diesem Phänomen befaßt.
     
Der Forschungsverbund besteht aus Elly M. Hol und Joost Verhaagen, Netherlands Institute for Brain Research, Amsterdam; Hans-Martin Jäck, Abteilung für Molekulare Immunologie an der Medizinischen Klinik III der FAU; Marco Racchi, IRCCS "Centro San Giovanni di Dio-FBF", Brescia und Harry C. Dietz, John Hopkins University, Baltimore. Das Human Science Frontier Project (HFSP) fördert das Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von 1,4 Millionen Mark für drei Jahre.
     
Die Wissenschaftler haben erste Anhaltspunkte für "molecular misreading" bei Alzheimer- und auch Down-Syndrom-Patienten entdeckt. (Bei letzteren beobachtet man eine ähnliche Schädigung des Gehirns wie bei Alzheimer-Patienten.) Der "Lesefehler" findet sich beim Amyloid "Precursor"-Protein und Ubiquitin. Durch Wegfall von zwei Elementen der Ribonucleinsäure (Überträger der Erbinformation von der Erbsubstanz zur Protein-Synthesemaschinerie) mitten in der Bauanleitung für die Aminosäure-Kette der Proteine entsteht eine pathologische Form, die an ihrem Anfang noch mit dem normalen Protein übereinstimmt, mitten im Molekül jedoch zu einer fehlerhaften Aminosäure-Folge übergeht.
     
Die fehlerhaften Proteine lagern sich in den "Plaques" ab, mikroskopisch kleinen Strukturen im Gehirn von Alzheimer-Patienten, die wie rundliche Flecken aussehen. Die Forscher vermuten, daß die beim "misreading" entstehenden Krüppelproteine maßgeblich an der Bildung dieser Alzheimer-typischen Anomalien beteiligt sind. Die fehlerhaften Proteine könnten dann die Leistung der Gehirnzellen beeinträchtigen und damit zum Krankheitsbild von Alzheimer beitragen.
     
Proteinansammlung bleibt rätselhaft
Eine der beiden Kernfragen des Projekts ist, ob die veränderten Proteine wirklich die Verschlechterung der Nervenzellfunktion bei Alzheimer- und Down-Patienten mit auslösen und vielleicht auch andere Zelltypen schädigen. Die zweite wichtige Frage: Warum sammeln sich die abnormalen Proteine in den Gehirnen von Alzheimer- und Down-Patienten an? Normalerweise werden fehlerhafte Ribonucleinsäure oder später die falschen Proteine von der Zelle erkannt und beschleunigt abgebaut. Die Alzheimer-Zelle hingegen ist anscheinend dazu unfähig.
     
Die Forschergruppe wird Gehirnmaterial verstorbener Patienten für ihre Forschungen einsetzen. Außerdem werden humane Fibroblasten (Bindegewebszellen) von gesunden Personen und von Alzheimer- und Down-Betroffenen, menschliche Neuroblastoma-Zellinien und kultivierte Zellen aus Maus-Gehirn eingesetzt. In die Zellen werden mit Hilfe von Viren Test-Gene aus Nervenzellen eingebracht und anschließend die Genprodukte mit biochemischen, molekularbiologischen und zellbiologischen Techniken analysiert.
     
Man hofft vor allem, mehr über die "sporadische" Form der Alzheimer Krankheit herauszufinden. Hier liegen noch kaum Erkenntnisse vor, obwohl 95% aller Fälle von Alzheimer (100%: ca. 20 Millionen Menschen weltweit) dieser Form zuzurechnen sind.
     
· Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Martin Jäck
Abteilung für Molekulare Immunologie, Nikolaus-Fiebiger-Zentrum
Glückstraße 6, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -35913, Fax: 09131/85 -39343, E-mail: HJAECK@expmed.uni-erlangen.de

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