Katalog der Erlanger Antikensammlung


2300 Liter Öl für den Sieger


Die Erlanger Antikensammlung ist nicht das British Museum, nicht der Louvre oder das Athener Nationalmuseum. Wer Derartiges erwartet, muß nach London, Paris oder Athen reisen - wer sich jedoch eine kleine und feine Auswahl antiker Denkmäler ansehen möchte, der wird von der Antikensammlung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sicher nicht enttäuscht. In einem Katalog, der jetzt von Prof. Dr. Peter Kranz, Dr. Martin Boss und Dr. Ulla Kreilinger herausgegeben wurde und im Verlag Palm und Enke erschienen ist, werden die wichtigsten Objekte vorgestellt und erläutert.
 
Erarbeitet haben den Katalog, in dem eine Auswahl von 54 Objekten der Erlanger Antikensammlung in ganzseitigen, eigens hierfür neu angefertigten Farbaufnahmen präsentiert wird, Dozenten und Studierende des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Erlangen-Nürnberg. Knappe begleitende Texte stellen in leicht fasslicher Form jeweils einen besonderen Aspekt des antiken Lebens oder der Herstellungstechnik heraus. So erfährt man unter der Überschrift "Zweitausenddreihundert Liter Öl für den Sieger" Wichtiges über die besondere Bedeutung und den hohen Stellenwert dieses in einer sogenannten Panathenäischen Amphora enthaltenen "Siegespreises" bei den Wettkämpfen zu Ehren der Stadtgöttin Athens.
 
Heutige Sportler dürfte es im übrigen befremden, dass es bei den Griechen "Weitsprung mit zulässigen Hilfen" gegeben hat - nämlich in Form von steinernen Sprunggewichten, wie eine Darstellung auf einer Vase der Erlanger Sammlung zeigt. Einblick in das gesellschaftliche Leben der wohlhabenden Jugend Griechenlands des 5. Jahrhunderts v. Chr. vermittelt das Innenbild einer Erlanger Schale, das einen jungen Mann beim "Stilvollen Erbrechen" wiedergibt - unvermeidliche Folge allzu ausgiebigen Weingenusses.
 
Gerade angesichts der idealen Schönheit, die in der klassischen Kunst Griechenlands vor allem die Darstellung des nackten Menschen bestimmt, überrascht die "Verblühte Schönheit" einer fetten, schon ziemlich in die Jahre gekommenen, nackten Frau, wie sie eine kleine Terrakottastatuette in der Erlanger Antikensammlung zeigt; der Begleittext informiert über mögliche Absichten, die sich hinter dieser an sich unmöglichen Darstellung verbergen.
Dass in der Antike schon kleine Kinder etwas darstellen mussten, beweist der Grabstein eines etwa dreijährigen Jungen, der diesen "Kleinen Mann ganz groß" zeigt. Eine völlig andere Seite solcher antiker Vorstellungen von Tod und Jenseits beleuchtet dagegen die Darstellung eines Boxkampfes zweier grotesker Gestalten - geradezu eine Karikatur von Boxern. Uns heutzutage erscheint dieses Thema eher "Unpassend für eine Aschenurne"; denn als solche hat das Gefäß, auf dem sich diese Szene befindet, ursprünglich gedient.
 
Über die religiösen Vorstellungen der Römer und über die Kulte, die sie in ihren Häusern verrichteten, informiert schließlich ein Ensemble von Bronzestatuetten, das eine Art von "Römischem Herrgottswinkel" bildete. Darüber hinaus erlaubt eine vorzüglich erhaltene attische Schale des 5. Jahrhunderts v. Chr. Einblick in "Entwurf und Ausführung" solcher kleiner Meisterwerke griechischer Töpfer- und Zeichenkunst.
 
Am Anfang des neuen Katalogs der Erlanger Antikensammlung stehen zwei einführende Artikel, die Einblick in die "Formenvielfalt antiker Keramik" erlauben sowie Antwort geben auf die Frage "Wie entstehen die farbigen Bilder griechischer Vasen?"; den Abschluss bildet ein "Wissenschaftlicher Anhang", für diejenigen, die noch etwas mehr zu den abgebildeten Objekten der Erlanger Antikensammlung erfahren möchten.
 
Der neue von Dr. Martin Boss, Prof. Dr. Peter Kranz und Dr. Ulla Kreilinger herausgegebene "Auswahlkatalog der Antikensammlung Erlangen" hat 150 Seiten mit 54 ganzseitigen Farbtafeln von Georg Pöhlein und ist im Verlag Palm & Enke, Erlangen erschienen. Er kann zum Preis von 19 Euro im Buchhandel oder in Verbindung mit einem Besuch der Erlanger Antikensammlung an der Museumskasse erworben werden. Die Antikensammlung Erlangen, Kochstraße 4 (Zugang über die Hindenburgstraße) ist bis Ende Juli von Dienstag bis Donnerstag zwischen 14 und 17 Uhr sowie an jedem 2. und 4. Sonntag im Monat zu den gleichen Zeiten geöffnet.
 
 
Weitere Informationen
Institut für Klassische Archäologie
Prof. Dr. Peter Kranz
Tel.: 09131/85 -22391
prkranz@phil.uni-erlangen.de

 
Mediendienst FAU-Aktuell Nr. 2808 vom 6.6.2002

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