- Kooperation mit Utrecht zum Einsatz von
IgA-Antikörpern in der Tumortherapie
Zielscheiben für Zellattacken
Dass der häufigste Typus von weißen Blutzellen, die Gruppe der Granulozyten,
vor allem in der Abwehr von Infektionen durch Bakterien eine wichtige
Funktion übernimmt, ist gut belegt. Aus jüngerer Zeit datiert die
Erkenntnis, dass sie außerdem fähig sind, Tumorzellen zu zerstören, wenn
diese mit ausgewählten Antikörpern beladen sind. Untersuchungen in
Arbeitsgruppen an der Medizinischen Klinik III der Universität
Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. Joachim R. Kalden) und der
Universität Utrecht zeigen, wie Granulozyten zu Angreifern gegen Krebszellen
werden, und weisen nach, dass bestimmte Arten von Antikörpern diesen Prozess
mit mehr Erfolg einleiten als andere, welche derzeit in der Therapie
bevorzugt werden. Die Forschungen, die potentiell für die klinische
Anwendung bedeutsam sind, werden in einem dreijährigen DFG-Projekt weiter
verfolgt.
Monoklonale Antikörper sind gentechnisch hergestellte Eiweißmoleküle, denen
in der Behandlung von Tumoren eine zunehmend größere Rolle eingeräumt wird.
Sie erkennen typische Oberflächenstrukturen auf krankhaft veränderten
Zellen, lagern sich an diese Antigene an und setzen damit weitere
Immunreaktionen in Gang. Funktionell bestehen Antikörper aus einem variablen
Anteil, der für die Erkennung unterschiedlicher Zielmoleküle verantwortlich
ist, und einem konstanten Anteil, der die Interaktion mit dem Immunsystem
vermittelt.
Die Sicherheit, mit der Antikörper Tumorzellen identifizieren und als
Zielscheiben für Attacken des Abwehrsystems kennzeichnen, lässt unangenehme
Nebenwirkungen einer Therapie geringer ausfallen. Zugleich haben sie ihre
Wirksamkeit speziell im Kampf gegen bösartige Lymphknotenerkrankungen
erwiesen. Gegen das CD20 Antigen, das entartete B-Zellen an ihrer Oberfläche
tragen, wird bereits ein Antikörper regulär eingesetzt; andere befinden sich
in der Testphase. Um die Chancen besser nutzen zu können, die Antikörper der
Krebstherapie bieten, werden Abläufe, die in der Auflösung von Tumorzellen
münden, intensiv untersucht. Wichtig ist dabei, dass offenbar
verschiedenartige Zellpopulationen von Antikörpern zur Aktion veranlasst
werden.
Auf Zerstörung programmierbar
Zu den als Effektoren bezeichneten Leukozyten, die von Antikörpern
“eingefangen” und auf Tumorzellen angesetzt werden können, zählen außer
Natürlichen Killerzellen und dem System der festsitzenden und mobilen
“Fresszellen” auch die neutrophilen Granulozyten und damit über 90 Prozent
der Granulozyten im menschlichen Blut. Ihre zusätzlichen Fähigkeiten sind
durch die deutsch-niederländische Zusammenarbeit nachgewiesen worden. Die
Erlanger Gruppe wird von Dr. Thomas Valerius und Dr. Roland Repp geleitet,
in Utrecht hat Prof. Dr. Jan van de Winkel die Führung. Innerhalb dieser
engen Kooperation ist es Michael Dechant von der Medizinischen Klinik III
vor kurzem gelungen, weitere Details zu finden.
Demnach werden Granulozyten in der Zerstörung von Tumorzellen aktiver, wenn
Antikörper vom Typ IgA vorhanden sind, als in Anwesenheit von
IgG-Antikörpern, die klinisch überwiegend eingesetzt werden. Die
gentechnisch hergestellten Antikörper erkannten das gleiche Zielantigen auf
den Tumorzellen, unterschieden sich aber im sogenannten Isotyp ihrer
konstanten Anteile. Letztere beeinflussen wesentlich die Interaktion mit
zellulären Rezeptoren. Zugleich haben sie Bedeutung für die Verteilung und
die Halbwertszeit von Antikörpern, also deren Zahl und Verweildauer im
Organismus.
In dem DFG-geförderten Projekt wollen beide Gruppen nun IgA-Antikörper gegen
weitere Zielantigene auf B-Zellen - beispielweise CD19, CD20 und CD37 -
herstellen und untersuchen, inwiefern sie die Auflösung maligner Zellen
beschleunigen. Zudem sollen natürliche IgA-Dimere und rekombinantes
sekretorisches IgA hergestellt werden, zwei spezielle IgA-Isoformen, die es
für IgG-Antikörper nicht gibt (vgl. Abbildung). Dimere Antikörper führen zu
einer stärkeren Kreuzvernetzung von Zielantigenen, wodurch der programmierte
Zelltod, die Apoptose, in Tumorzellen effektiver eingeleitet werden kann als
durch monomere Antikörper. Neben den Tests im Reagenzglas sind erste
Untersuchungen an transgenen Mäusen geplant, die den menschlichen
IgA-Rezeptor CD89 in sich tragen. Die ELAN-Stiftung der Medzinischen
Fakultät der FAU hat für dieses Projekt eine Anschubfinanzierung bewilligt.
Die Netherlands Organization für Scientific Research, das niederländische
Pendant zur DFG, hat zugesagt, die Forschungsarbeiten ebenfalls zu fördern.
Weitere
Informationen
PD Dr. Thomas Valerius
Medizinische Klinik III
Tel.: 09131/85 -33434
thomas.valerius@med3.imed.uni-erlangen.de
Mediendienst FORSCHUNG Nr. 636 vom 12.09.2002
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
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