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- FRANKEN BRUNNEN fördert Kooperation
der AG Geobotanik mit der GSF München
Wohnort an der Schwefelquelle, Arbeit bei der Müllentsorgung
Kelten und Römer wußten ihre Heilkraft zu schätzen,
und später lockte das Wasser aus eingefassten und umgeleiteten
Schwefelquellen die Besucher in die Wild- und Kurbäder Bayerns.
Namen wie "Stinkergraben" zeigen, dass solche Gewässer
heute zumindest in naturnahem Zustand nicht sehr beliebt sind,
um so weniger, wenn trübe Schlieren auf der Oberfläche
treiben. An Orten, die auf uns nicht einladend wirken und für
viele Organismen lebensgefährlich sind, können andere
dennoch gedeihen - der schwimmende Überzug ist dafür
der lebende Beweis. Die Arbeitsgemeinschaft Geobotanik am Institut
für Pflanzenphysiologie der Universität Erlangen-Nürnberg
prüft zusammen mit dem Forschungszentrum für Umwelt
und Gesundheit (GSF) in München, wie solche ausgefallenen,
winzigen Überlebensspezialisten in die Kreisläufe integriert
sind, die über die Qualität des Grundwassers entscheiden.
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- Die FRANKEN BRUNNEN-Stiftung "Jugend
und Natur" finanziert für diese Untersuchungen eine
Gastdoktorandenstelle an der GSF und Sachmittel in Höhe
von 5.770 Euro. Der Diplombiologe Johannes Fritscher, der seine
Promotionsarbeit bei Prof. Dr. Werner Nezadal in der Arbeitsgruppe
Geobotanik erstellt, hat die Stelle übernommen. Gemeinsam
mit Dr. Dr. habil. Enamul Hoque vom Institut für Hydrologie
der GSF, AG Mikrobiologische Habitate und Biofilm-Bildung, geht
er derzeit ökologischen und mikrobiologischen Forschungen
über die Lebensgemeinschaften nach, die in bayerischen Sulfidschwefelquellen
zu Hause sind.
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- Atmen ohne Luft
Sulfide, die Salze der Schwefelwasserstoffsäure, sind für
die meisten Organismen giftig. Für einige Bakterien dagegen
gehören sie zum normalen Milieu. Sie geben diese Substanzen
ab, weil sie andere Schwefelverbindungen nutzen, um daraus Sauerstoff
für ihre Energieversorgung zu gewinnen. Biologen sprechen
von "Sulfat-Respiration": die anpassungsfähigen
Einzeller "atmen" die Salze der Schwefelsäure.
Obwohl sie wie andere Organismen Sauerstoff brauchen, um Nahrungsstoffe
abzubauen, werden sie als "anaerob" bezeichnet, denn
freie Sauerstoffmoleküle sind für ihr Überleben
nicht nötig.
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- Wenn Sulfat zu Sulfid reduziert ist, ist
die Substanz für Lebensprozesse nicht mehr nützlich
und wird ausgeschieden. Dies ist der wichtigste Weg, auf dem
Sulfidschwefelquellen entstehen können. Eine andere Entwicklungslinie
führt über Sulfate, die über lange geologische
Zeiträume an der Erdoberfläche entstanden, in große
Tiefen der Erdkruste versenkt wurden und sich heute in einem
reduzierenden Milieu befinden. Sulfate bilden sich bei der Oxidation
von Schwefel. Ein typisches, bekanntes Beispiel ist Gips.
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- Wasser ist voll Leben, und Mikroorganismen
sind seine Hauptbewohner. Beliebte Besiedlungsräume sind
die Grenzflächen, feuchte, überspülte Steine oder
die Wasseroberfläche mit Kontakt zur Luft. In Sulfidschwefelquellen
und den Bächen, die aus ihnen fließen, ist die Auslese
jedoch außergewöhnlich hart. Sulfatreduzierende Bakterien
sind Pioniere und vertragen Extrembedingungen: hohen Salz- und
Säuregehalt, beträchtlichen Wasserdruck und Temperaturen
bis zu 100°Celsius. Den befristeten Kontakt mit Sauerstoff
halten sie aus und sind deshalb sofort überall anzutreffen,
wo Sulfat und Nahrungsstoffe in einer anaeroben Umgebung zu finden
sind.
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- Konsortium der Mikroorganismen
Für andere Mikroorganismen und symbiotische Lebensgemeinschaften,
die in Schwefelquellen vergleichsweise selten vorkommen, ist
der Selektionsdruck hoch. Der Anpassungsfähigkeit der Organismen,
ihrem Zusammenleben und der Biofilmbildung gilt deshalb vor allem
die Aufmerksamkeit der Quellforscher. Überall auf der Erde
leben Mikroorganismen bevorzugt in Biofilmen. Sie treiben als
"schwimmende Biofilme" in lockeren Verbänden im
Wasser oder bilden "festsitzende Biofilme", zum Beispiel
Schlamm. Allen gemeinsam ist die Gelmatrix, eine schleimartige
Umhüllung. Sie besteht aus einer Schicht langer Molekülketten,
unter der sich ein lockeres Netzwerk gebildet hat, in das die
Zellen eingebunden sind. Unter der "gemeinsamen Decke"
können sie stabile Gesellschaften zum gegenseitigen Nutzen
bilden, die in der Lage sind, komplexe Substanzen abzubauen.
Diese Gemeinschaften werden als "Mikrokonsortien" bezeichnet
und sind entscheidend an den Selbstreinigungsprozessen in Böden,
Sedimenten und Gewässern beteiligt.
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- Wenn die Luft im Frühjahr wärmer
wird, kommt das Wachstum in den Sulfidschwefelquellen in Gang.
Die Quelle selbst behält durchgehend eine fast konstante
Temperatur und friert auch im Winter nicht zu. Nach Gewittergüssen
kann ein Biofilm fast vollständig weggespült werden;
im Lauf von wenigen Tagen baut sich erneut an der Wasseroberfläche
eine schwimmende Lebensgemeinschaft auf. Je nach geographischer
Lage, Sulfidgehalt und Strukturvielfalt überzieht dieser
Film dem Bachoberlauf nur über wenige Meter oder wird mehrere
hundert Meter lang. In der Wohngemeinschaft Biofilm leben die
verschiedensten Organismentypen zusammen. Auf Steinen gehören
Moose, Grün- und Kieselalgen neben Archaebakterien und einer
Vielzahl anderer Bakterienstämme zu der funktionellen Gemeinschaft.
Manche Gruppen brauchen eine feste Unterlage, doch ihre Verbreitungseinheiten
sind auch im leicht flüchtigen schwimmenden Film zu finden.
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- Enzyme und Schadstoffabbau
Im Forschungsprojekt "Mikrobiologische Habitate, Biofilm-Bildung
und Transformationsprozesse" wird die Frage gestellt, ob
und was all diese Organismen zum Abbau von Schadstoffen und damit
zum Grundwasserschutz beitragen. Genaue Analysen der physikalisch-chemischen
Eigenschaften des Wassers, die Bestimmung von Herkunft und Alter
liefern den Hintergrund für die biologischen Untersuchungen.
Die spezialisierten Organismen werden isoliert und genetisch
identifiziert. Ein Screening der Enzyme, die sie in ihrem Stoffwechsel
produzieren und einsetzen, soll Auskunft darüber geben,
was sie im Schadstoffzyklus leisten. Wenn das Mikroökosystem
"Biofilm" der Biotechnologie zu Erkenntnissen verhilft,
die helfen, das Grundwasser sauber zu halten und zu reinigen,
wird man den Schwefelquellen ihren intensiven Geruch nach faulen
Eiern sicher verzeihen.
Weitere
Informationen
- Prof. Dr. Werner Nezadal
Institut für Botanik
Tel.: 09131/85 -28231
wnezadal@biologie.uni-erlangen.de
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- Dipl-Biol. Johannes Fritscher
Tel.: 089/31872916
jfritsch@biologie.uni-erlangen.de
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- Biofilm am Stinkergraben nahe des Tegernsees.
Das gesamte Bachbett ist im Sommer mit dem Biofilm ausgekleidet.
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- Kieselalge im Biofilm einer Quelle (Lichtmikroskop
1x 1000).
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- Hakenkäfer (Stereomikroskop 1x 170)
findet man auf einem Stein im Biofilm.
Mediendienst FORSCHUNG Nr. 635 vom 15.07.2002
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
pressestelle@zuv.uni-erlangen.de