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- Lehrstuhl für Klassische Archäologie
Virtueller Spaziergang
zum Thron der Götter
Seit 1996 besteht am Institut für Klassische Archäologie
der Universität Erlangen-Nürnberg das Forschungsprojekt
AERIA (Antikensammlung Erlangen Internet Archive). Als eines
der mittlerweile traditionsreichsten virtuellen Museen stellt
es seit jetzt fünf Jahren die reale Antikensammlung im Internet
begleitend vor. Zudem ist AERIA zu einer der umfangreichsten
Datenquellen zur Klassischen Archäologie im WorldWideWeb
herangewachsen.
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- Zur Zeit werden in Erlangen Mittel
und Wege erprobt, antike Gebäude zumindest virtuell
- wieder begehbar zu machen. Ein erstes Ergebnis dieser Arbeit
war die Rekonstruktion eines Römerlagers in Marktbreit,
die im Jahr 2000 in der Landesausstellung "Die Römer
zwischen Nordmeer und Alpen" in Rosenheim gezeigt wurde.
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- Als nächstes folgt jetzt der
Thron des Apollon Amyklaios bei Sparta, ein Bauwerk des 6. Jahrhunderts
v. Chr., dessen Aussehen nur noch in einer Beschreibung des römisch-kaiserzeitlichen
Reiseschriftstellers Pausanias überliefert ist. Vor Ort
sind nur spärliche und unzusammenhängende einzelne
Bauglieder gefunden worden; noch nicht einmal der genaue ehemalige
Standort ist bekannt, da gerade diese Stelle heute durch eine
Kirche überbaut ist. Allerdings ist die Beschreibung des
Pausanias derart genau, daß sich zumindest eine ungefähre
Vorstellung daraus wiedergewinnen läßt. Dies wurde
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder versucht: 1852
durch T. Pyl, 1854 durch L.
Ruhl, 1918 durch E. Fiechter, 1927 durch W. von Massow, 1976
durch R. Martin und 1992 durch H. Prueckner .
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- Die unmittelbare Anschaulichkeit, mit
der heute so manches Computerspiel zu beeindrucken vermag, kann
bei einem neuerlichen solchen Versuch der Rekonstruktion auch
wissenschaftlich nutzbar gemacht werden. Ganz ohne die Beschränkungen,
die eine traditionelle Strichzeichnung mit sich bringt, ist es
damit nämlich möglich, sich durch das Gebäude
in Echtzeit zu bewegen und es von allen Seiten sozusagen aus
dem Blickwinkel des Pausanias zu betrachten. Es liegt auf der
Hand, daß sich bislang schwer zu verstehende Textpassagen
jetzt ganz zwanglos auflösen; so erklärt sich die Verteilung
und Abfolge der Menge der beschriebenen Bilder und Figuren plötzlich
ohne Schwierigkeiten von selbst.
- Trotz der Möglichkeiten moderner
Computergraphik, die bisweilen die Grenzen zwischen Vorstellung
und Wirklichkeit zu verwischen vermögen: es ist und bleibt
die Visualisierung eines literarischen Textes. Deshalb ist eine
genaue Textanalayse nach wie vor unerläßlich. Vergleicht
man die Beschreibungen des Thrones von Amyklai und des Zeusthrones
von Olympia, so wird deutlich, daß das Bauwerk bei Sparta
sich hinsichtlich seiner Größe nicht sehr vom Thron
in Olympia unterschieden haben kann und wirklich die äußere
Form eines Stuhles samt Arm- und Rückenlehne besaß.
Vor allem müssen ausschließlich die vier prachtvoll
verzierten Stuhlbeine ohne jedes weitere Stützwerk den gesamten
Oberbau getragen haben. In der Computerrekonstruktion wird nachvollziehbar,
daß dies auch tatsächlich möglich und machbar
war.
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- · Weitere Informationen:
Dr. Martin Boss, Lehrstuhl für Klassische Archäologie
Kochstr. 4, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/ 85 -22391/-24791/-26336, Fax: 09131/ 85 -22313
boss@hermes.phil.uni-erlangen.de
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Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit
(Pressestelle) pressestelle@zuv.uni-erlangen.de
11.6.2001