Ehrgeiziges Projekt der Universität
Erlangen-Nürnberg
Erlangen als Standort für eine neue bundesdeutsche Synchrotron-Strahlungsquelle
An der Universität Erlangen-Nürnberg hat sich eine
Initiative gebildet, die sich für die Errichtung einer Synchrotron-Strahlungsquelle
in Erlangen einsetzt. Nun hat sich Rektor Prof. Dr. Gotthard
Jasper in einem Schreiben an Wissenschaftsminister Hans Zehetmair
gewandt und um Unterstützung für dieses ehrgeizige
Projekt gebeten, das vor allem für die biomedizinische Forschung
einen Quantensprung bedeuten würde. In Deutschland existieren
Synchrotron-Strahlenquellen in Hamburg (DESY) und Berlin (BESSY).
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- Bundesweit laufen Bestrebungen, angesichts
der zunehmenden Bedeutung und Nutzung von Synchrotronstrahlung
eine zusätzliche Quelle der dritten Generation in Deutschland
zu bauen, die sich von den bestehenden Quellen durch eine gesteigerte
Elektronenenergie bei gleichzeitig sehr guter Strahlqualität
abhebt und damit für den sogenannten härteren Röntgenbereich
ausgelegt ist. Die Elektronenenergie wird bei einem Ringumfang
von etwa 400 Metern zwischen 3,0 bis 4,0 GeV liegen. In Europa
gibt es ähnliche Anlagen in Italien, Schweden oder in der
Schweiz. In Frankreich und England werden zur Zeit Neubauten
von leistungsfähigen Synchrotronstrahlungsquellen vorbereitet.
Auf diese neuartigen Synchrotronstrahlungsquellen wartet bereits
eine breite Nutzergemeinde. Besonders im biowissenschaftlichen
Bereich erhofft man sich vom Bau der Anlagen außerordentlich
viel.
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- Auf Bundesebene bereitet das Komitee für
Forschung mit Synchrotronstrahlung eine Stellungnahme zur Errichtung
einer solchen neuen Synchrotron-Strahlungsquelle vor. Dieses
Komitee, in dem Betreiber und Nutzer von Synchrotronquellen repräsentiert
sind, wird in den nächsten Monaten eine entsprechende Empfehlung
an den Wissenschaftsrat abgeben. Durch die Initiative des Erlanger
Physikers Prof. Dr. Andreas Magerl, Inhaber des Lehrstuhls für
Kristallographie und Strukturphysik, ist Erlangen als Standort
ins Gespräch gekommen.
- Die Universität Erlangen-Nürnberg
geht davon aus, dass ein möglicher Synchrotronspeicherring
nicht als Einrichtung der Universität errichtet werden sollte.
Die hohen Investitionskosten es wird derzeit von 400 Millionen
Mark ausgegangen und die beträchtlichen Betriebskosten
würden den Universitätshaushalt sprengen. "Wir
streben darum an," so Prof. Jasper, "dass im Erlanger
Raum eine im wesentlichen vom Bund zu finanzierende außeruniversitäre
Anlage gebaut wird, die in enger Kooperation mit der Universität
und ihren Mitarbeiter betrieben und benutzt wird."
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- Gerade die örtlich enge Anbindung an
die Universität würde eine Besonderheit des Erlanger
Standortes sein, da sowohl in Hamburg als auch in Berlin die
dort installierten Großforschungseinrichtungen relativ
weit entfernt vom Betrieb der Universitäten existieren.
Beste Standortvoraussetzungen in Erlangen
Der Speicherring könnte, so die
derzeitigen Überlegungen der mittelfränkischen Hochschule,
auf einem der Universität zur Verfügung stehenden Grundstück
nördlich der Staudtstrasse in Erlangen entstehen. Durch
die unmittelbare Nachbarschaft zum Physikalischen Institut wäre
die räumliche und infrastrukturelle Anbindung für Naturwissenschaftler,
Techniker und Mediziner der Universität optimal; vor allem
ließe sich der Einsatz im Lehrbetrieb für die Studierenden
einmalig günstig gestalten.
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- Eine Synchrotronanlage am Standort Erlangen
bietet nach Ansicht von Rektor Jasper einzigartige Vorteile zur
Profilbildung: "Wir haben in Erlangen durch die starken
Materialwissenschaften und unsere Biowissenschaften in der Naturwissenschaft
und Medizin ein erhebliches Nutzerpotential, das von der Synchrotronquelle
profitieren könnte und das Profil der Universität in
diesem Bereich weiter schärfen würde. Zudem erscheint
es sinnvoll, eine neue große außeruniversitäre
Forschungsanlage in dem mit solchen Forschungseinrichtungen bislang
wenig bedachten nordbayerischen Raum anzusiedeln."
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- Neben den Erlanger Wissenschaftlern und ihren
Kollegen an den Universitäten in München, Würzburg,
Bayreuth und Regensburg haben bereits universitäre Arbeitsgruppen
aus anderen Bundesländern ihr Interesse an einer Nutzung
signalisiert. Sie alle unterstützen den Versuch, das Synchrotron
nach Erlangen zu holen. Erlangen hat zudem den Vorteil, dass
innerhalb der Physik und in der Physikalischen Chemie bereits
umfangreiche Erfahrungen mit Synchrotronstrahlungsquellen vorliegen.
- Inzwischen haben sich an der Universität
unter Leitung von Prof. Max Schulz, Prorektor für Forschung,
verschiedene Arbeitsgruppen für die unterschiedlichen Aspekte
dieses ergeizigen Projektes gebildet. Zur Konzipierung der Synchrotron-Strahlungsquelle
wird sich die Universität auch den Sachverstand von auswärtigen
Projektgruppen, hier insbesondere vom Budker-Institut aus Novosibirsk,
einholen, die für die Detailplanung einer Synchrotronstrahlungsquelle
entscheidende Vorarbeiten liefern kann.
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- "Nach unseren derzeitgen Planungen könnte",
so Prof. Jasper, "die Projektierung Ende 2004 abgeschlossen
sein. Zwischen 2005 und 2007 könnte gebaut werden und Anfang
2008 das erste Licht strahlen. Allerdings bin ich mir bewußt,
dass nun alles davon abhängt, ob der Bund bereit ist, mit
einem erheblichen Investitionsvolumen in das Projekt einzusteigen.
Hier hoffen wir auf die engagierte Unterstützung durch Wissenschaftsminister
Zehetmair, Innenminister Beckstein sowie alle mittelfränkischen
Landtags-und Bundestagsabgeordneten."
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- Weitere Informationen:
Rektor Prof. Dr. Gotthard Jasper
Schloßplatz 4, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -26605, Fax: 09131/85 -22188
- Gründe für eine Synchrotronstrahlungsquelle
in Erlangen
· Im nordbayerischen Raum gibt
es kaum große Forschungseinrichtungen von überregionaler
Bedeutung. Die geplante Synchrotronstrahlungsquelle füllt
diese Lücke und verspricht vielfältige Synergieeffekte
zwischen den beteiligten Universitäten. Darüber hinaus
sind neue Impulse für außeruniversitäre Kooperationen
zum Beispiel mit dem Fraunhofer Institut für integrierte
Schaltungen oder mit Unternehmensbereichen von Siemens zu erwarten.
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- · Die FAU vereint bedeutende technische,
medizinische und naturwissenschaftliche Fakultäten, welche
Hauptnutzer der Strahlungsquelle sein werden. Insbesondere wird
die Synchrotronstrahlungsquelle die Stellung der Universität
im Umfeld der Biotechnik / Genomik stärken. Der Anspruch
von Erlangen als Medizinhauptstadt wird durch neuartige Diagnose-
und Therapieverfahren deutlich unterstrichen.
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- · In der Fachgruppe Physik (Physikalisches
Institut) gibt es beachtliche, dem Projekt voll zur Verfügung
stehende, Kompetenz in Bau und Entwicklung von Teilchenbeschleunigern.
Die Erfahrungen beruhen auf langjährigen Kooperationen mit
internationalen Beschleunigereinrichtungen, an denen die Erlanger
Physik insbesondere in das Management von Großprojekten
eingebunden ist. Erwähnt seien an dieser Stelle:
- Prof. Dr. Erhard Steffens,
Sprecher der HERMES Kooperation bei DESY, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Peter Steinrück,
Mitglied im Kommitee für Forschung mit Synchrotronstrahung
Prof. Dr. Andreas Magerl,
Gruppenleiter am ILL, Grenoble, Projektleitung für den
Aufbau eines
Neutronenrückstreuspektrometers
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- · Als Keimzelle für das Synchrotronprojekt
dient der Tandembeschleuniger des Physikalischen Instituts, dessen
Infrastruktur mittelfristig in das Projekt eingebracht werden
soll.
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- · Eine Erlanger Quelle wird die Qualität
der Forschung entscheidend verbessern. In mehreren Fakultäten
existieren bereits Nutzergemeinden der Synchrotronstrahlung,
die sich aktiv am Projekt beteiligen. Diese werden nicht mehr
darauf angewiesen sein, als Reisewissenschaftler an bestehenden
Einrichtungen zu arbeiten. Für Neuberufungen kann der Wert
der Erlanger Quelle, um hochqualifiziertes Personal an die Universität
Erlangen-Nürnberg zu binden, wohl kaum überschätzt
werden.
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- Entstehung, Eigenschaften und Nutzung
von Synchrotronstrahlung
Synchrotrons liefern Röntgenstrahlung hoher Intensität
mit extrem guter Strahlbündelung. Die Röntgenstrahlung
entsteht, wenn energiereiche Elektronen in den Ablenkmagneten
von Teilchenbeschleunigern oder in speziellen Magnetstrukturen
- Wigglern und Undulatoren - beschleunigt werden. Was zunächst
nur ein lästiges Abfallprodukt der Teilchenphysik schien,
ist inzwischen zu einem der wertvollsten Werkzeuge in allen naturwissenschaftlichen
Disziplinen und in der medizinischen Diagnostik geworden.
- Die elektromagnetische Strahlung besitzt
eine Reihe von Eigenschaften, die mit herkömmlichen Strahlungsquellen
nicht zu erreichen sind und damit für eine Vielzahl von
Experimenten entscheidende Vorteile bringen:
- - Ihre Parallelität ermöglicht
Strukturuntersuchungen großer Biomoleküle zum Beispiel
auch für BSE.
- Die hohe Intensität läßt Untersuchungen rasch
ablaufender Reaktionen und sehr schwach streuender oder winziger
Proben zu.
- Die Strahlung ist scharf gebündelt, polarisiert und aus
einem großen Wellenlängenbereich wählbar.
- Die Strahlung wird vom Beschleuniger in sehr kurzen, einstellbaren
Impulsen geliefert.
- Die besonderen Eigenschaften der Synchrotronstrahlung
können für verschiedenste Forschungsarbeiten benutzt
werden:
- - Nachweis geringster chemischer Spurenelemente,
- Bestimmung mechanischer Eigenschaften von Kunststoffen, deren
Verhalten wesentlich davon abhängt, wie sich kristalline
und amorphe Bereiche in dem Werkstoff verteilen,
- Bestimmung der geometrischen Struktur von Biomolekülen
wie Enzymen oder Proteinen, deren Funktionsweise sich nur mit
der Kenntnis ihrer geometrischen Struktur verstehen läßt,
- Erforschung der Wirkungsweise von Katalysatoren. Der molekulare
Aufbau von Katalysatoren und seine zeitliche Veränderung
während des Katalyseprozesses lassen sich beobachten. Katalysatoren
spielen eine große Rolle im Umweltschutz und bei dem optimalen
Einsatz von Ressourcen in der industriellen Produktion.
Mediendienst Aktuell Nr. 2477 vom 25.7.2001
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
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