Philosophische Fakultäten

Lilli-Bechmann-Rahn-Preis für Donata Ewa Kaman

Der Lilli-Bechmann-Rahn-Preis geht in diesem Jahr an die Theaterwissenschaftlerin Donata Ewa Kaman. Der mit 2000 Mark dotierte Preis wird im Rahmen der Promotionsfeier der beiden Philosophischen Fakultäten und der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät am Freitag, 2. Februar, um 17.15 Uhr in der Aula des Erlanger Schlosses (Schloßplatz 4, 91054 Erlangen) verliehen.
 
Den Preis erhält Donata Kaman für ihre hochoriginelle theaterwissenschaftliche Dissertation "Theater der Maler in Deutschland und Polen". Darin untersucht sie, von Richard Wagners Idee des Gesamtkunstwerks ausgehend, zunächst das eigenwillige Theaterschaffen der in Deutschland tätigen Maler Oskar Kokoschka, Wassily Kandinsky und Oskar Schlemmer und setzt es in Beziehung zum so genannten "Theater der Maler" in Polen nach 1939 (Tadeusz Kantor und Józef Szajna).
 
Die 1967 in Breslau geborene Preisträgerin studierte in Breslau und Erlangen Theaterwissenschaften, Germanistik und Slavistik und wurde im Wintersemester 1999/2000 mit der von Prof. Dr. Holger Sandig betreuten Arbeit promoviert.
 
Der Lilli-Bechmann-Rahn-Preis wurde 1999 aus Spendenmitteln gestiftet und wird seit drei Jahren für eine herausragende Dissertation in den drei Fakultäten verliehen. Damit wird zugleich das Andenken der Doktoren geehrt, denen die Erlanger Philosophische Fakultät im Nationalsozialismus unter politischem Druck den Titel aberkannt hatte. Darunter war auch die aus einer alteingesessenen jüdischen Fürther Familie stammende Lilli Bechmann-Rahn.
 

Zur Vorgeschichte des Preises

Im Zuge der Aufarbeitung des Falles Schneider/Schwerte hat die Philosophische Fakultät II im Jahr 1996 einen Arbeitskreis "Geschichte der Philosophischen Fakultät während des Nationalsozialismus und danach" eingerichtet, an dem Mitglieder beider Philosophischen Fakultäten beteiligt sind. Der Arbeitskreis hat sich unter anderem mit den Aberkennungen von Doktor-Titeln beschäftigt, die in der Zeit von 1933 bis 1945 auf der Grundlage der heute nicht mehr geltenden Bestimmungen der NS-Zeit vorgenommen worden sind. Es handelt sich um insgesamt 25 Fälle aus den Jahren 1937 bis 1944.
 
Nach dem Studium der Akten war der Arbeitskreis zu der Auffassung gelangt, daß die Aberkennung der Doktor-Titel, die aufgrund der genannten NS-Bestimmungen vorgenommen worden sind, als ein "Unrecht von Anfang an" zu gelten und deshalb keinen Bestand hat. Eine Wiederzuerkennung der Titel im Sinne eines streng juristischen Verfahrens ist nicht erforderlich, für die beiden Philosophischen Fakultäten sind diese Aberkennungen ungültig. Die Promotionen sind aus dem Promotionsbuch der Philosophischen Fakultäten nicht getilgt. Der Arbeitskreis hat darüber hinaus Erkundigungen eingezogen und, soweit es ihm möglich war, Nachrichten über das weitere Schicksal der betroffenen Doktorinnen und Doktoren eingeholt. Bei der Promotionsfeier am 5. Februar 1999 wurden die Namen der Promovierten mitsamt den Daten und Themen ihrer Dissertation vorgestellt.
 
Aus diesem Anlaß wurde ein Promotionspreis eingerichtet, der seit 1999 für eine herausragende Promotion im Fächerspektrum "Dr. phil." verliehen wird. Der Preis trägt den Namen einer der damals Promovierten, Lilli Bechmann-Rahn. Der Fall ihrer Titelaberkennung macht die Beschädigungen, die den Promovierten wie ihrer Fakultät zugefügt worden sind, besonders nah und konkret faßlich.
Für den Namensvorschlag Bechmann-Rahn haben folgende Gründe den Ausschlag gegeben: Lilli Bechmann, verheiratete Rahn (geb. 1911 in Fürth, gest. 1970 in Denver/USA), wurde noch am 17.2.1934 mit einer Arbeit über den "Darmstädter Freundeskreis" promoviert. Die vom Gutachter Benno von Wiese mit "sehr gut" bewertete Arbeit war nicht nur damals eine beachtliche Leistung, sondern gehört heute noch zur Standardliteratur über die Kultur- und Geistesgeschichte der 'Empfindsamkeit'. Die zum Zeitpunkt der Promotion 23jährige Literaturwissenschaftlerin stammt aus einer bekannten Fürther Familie. Im Erlanger Promotionsbuch ist sie die jüngste und letzte jüdische Doktorin der nationalsozialistischen Zeit.
 
Lilli Bechmann-Rahn mußte 1938 zusammen mit ihrem Ehemann Alfred Rahn, der ebenfalls einer jüdischen Familie in Fürth angehörte, in die Vereinigten Staaten emigrieren. Sie hat dort jahrelang ihren Lebensunterhalt mit deutschem Sprachunterricht verdient, aber keine Möglichkeit mehr gefunden, in die Wissenschaft zurückzukehren.
 
Das Preisgeld von 2.000 Mark wird aus einem Fakultätsfonds bezahlt, der aus Spenden der Professoren der beiden Philosophischen Fakultäten zusammengekommen ist.
 
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Hartmut Bobzin, Dekan der Philosophischen Fakultät II
Hindenburgstr. 34, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85-22444, Fax: 09131/85-22176
E-mail: htbobzin@phil.uni-erlangen.de

MediendienstAktuell Nr. 2268 vom 24.1.2001


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