Erlanger Zahnmedizinstudent gründet
ein Hilfsprojekt in Kamerun
Auf Zahnsafari in Afrika
- 9.30 Uhr, die dritte Stunde in der CBC
Nursery School in Buea, Kamerun. Durch die Fenster, die mit Gittern
statt Glasscheiben versehen sind, dringt die Wärme von draußen
ins Klassenzimmer. Die Schüler in ihren rosafarbenen Schuluniformen
sitzen an langen Holztischen, deren hellblaue Farbe schon weitgehend
abgeblättert ist. 20 aufmerksame Kinderaugen sind nach vorne
gerichtet. Aber in den Händen der Schüler finden sich
nicht etwa Stifte, sondern bunte Zahnbürsten. Und vor der
Tafel steht nicht der Lehrer, sondern ein deutscher Zahnmedizinstudent,
der das richtige Zähneputzen demonstriert.
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- Jakob Müller studiert im zehnten Semester
Zahnmedizin an der Universität Erlangen-Nürnberg. Im
Februar dieses Jahres besuchte er zum zweiten Mal mit seinem
kamerunischen Studienkollegen Gabriel Soungwah dessen Heimat,
um dort afrikanische Kinder und Jugendliche über Zahnhygiene
und orale Krankheiten aufzuklären und, wenn nötig,
auch zu behandeln. In ganz Kamerun gibt es nur etwa 40 Zahnärzte,
nicht zuletzt deswegen, weil man dieses Fach dort nicht studieren
kann. Außerdem haben die meisten Kameruner keine Krankenversicherung
und können oder wollen sich eine zahnmedizinische Behandlung
nicht leisten.
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- Also touren die beiden Studenten vormittags
durch Schulen, Kindergärten und Internate der 100.000 Einwohner
zählenden Stadt Buea. Das Klassen- oder Lehrerzimmer wird
für vier Wochen zum Untersuchungsraum. Bisher schauten sie
in insgesamt 2800 Kindermünder und verteilten 2000 Zahnbürsten
und 2500 Zahnpastatuben. Ihre Lektionen erteilen sie meist auf
Englisch, gelegentlich steht ihnen eine Dolmetscherin für
Französisch zur Seite. Nachmittags können sie die Räumlichkeiten
des örtlichen Krankenhauses zur Behandlung nutzen. Mit Verhandlungsgeschick
hat Jakob Müller erreicht, dass seine Patienten den üblichen
Hygienebeitrag von umgerechnet 30 Pfennig pro Besucher nicht
entrichten müssen. Bis in die Abendstunden legen die beiden
Erlanger Studenten bei etwa 20 Kindern täglich Füllungen,
behandeln Zahnfleischprobleme oder ziehen auch mal einen Zahn.
Die meisten der jungen Patienten haben aber trotz schlechterer
zahnärztlicher Versorgung weniger Probleme als ihre Altersgenossen
in Deutschland. "Das könnte daran liegen, dass Süßigkeiten
wie Gummibärchen und Überraschungseier noch nicht so
verbreitet und vor allem viel zu teuer sind", glaubt Jakob
Müller. Der Verbrauch ist zwar steigend, im Moment essen
die meisten kamerunischen Kinder aber immer noch Zuckerrohr als
Nachspeise.
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- Die beiden angehenden Zahnärzte müssen
sich umstellen, da die Arbeitsbedingungen in Buea sich von dem
unterscheiden, was sie aus Deutschland gewohnt sind. Die Ausstattung
der dortigen Klinik ist von 1960. Sie besteht eigentlich nur
aus einem Stuhl, der, so schmunzelt Jakob Müller, "eher
einem Fahrersitz in einem Omnibus gleicht". Durch das Fenster
blickt man auf den meist wolkenverhangenen Mount Cameroon. Trotz
des permanenten Stroms von Besuchern, die ihre Angehörigen
in der Klinik mit Mahlzeiten versorgen, ist es sehr ruhig. Nur
im Falle eines Todes stimmen alle Anwesenden ein Trauergeschrei
an, auch wenn sie den Verstorbenen überhaupt nicht kannten.
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- Obwohl die Klinik an die Stromversorgung
angeschlossen ist, wird überwiegend mit Handinstrumenten
gearbeitet. Und diese werden am Abend zu Hause unter Einsatz
von Muskelkraft und mithilfe eines Feuers im Drucktopf sterilisiert.
Nicht immer funktioniert der Tagesablauf reibungslos. In einem
Entwicklungsland wie Kamerun treten fast täglich unerwartete
Probleme auf. Entweder verhindert wieder einmal einer der zahlreichen
Stromausfälle die Behandlung nach Einbruch der Dunkelheit.
Oder der Fahrer des Sammeltaxis, das dort als öffentliches
Verkehrsmittel dient, ist einfach spurlos verschwunden, so dass
die Kinder aus dem Internat nicht zum vereinbarten Termin in
die Klinik kommen können.
Aber auch zu Hause in Erlangen arbeitet Jakob Müller mit
zwei seiner Kommilitonen unermüdlich weiter an dem Projekt.
Sie haben innerhalb der Fachschaft Zahnmedizin e.V. eine Arbeitsgruppe
Kamerun gegründet, die sich um Geld- und Sachspenden bemüht,
sich mit kamerunischen Zollbehörden auseinandersetzt oder
mit deutschen Hilfsorganisationen Kontakt aufnimmt. "Als
wir das erste Mal in Buea waren, sind wir nach unserer Ankunft
in etlichen Büros der Zollbehörde gewesen und konnten
schließlich die Zollgebühren von 300 auf 130 DM drücken."
Außerdem plant die Arbeitsgruppe, regelmäßig
Studenten aus Erlangen, die durch einen Behandlungskurs in Deutschland
die nötigen Kenntnisse praktisch nachgewiesen haben, nach
Kamerun zu schicken. Unterstützt werden sie dabei von Prof.
Dr. Anselm Petschelt (Leiter der Poliklinik für Zahnerhaltung
und Parodontologie) und OA Dr. Norbert Krämer (Oberarzt
in der Poliklinik). Ihnen ist es zu verdanken, dass Behandlungsstühle
mit Zubehör aus der Zahnklinik, die bei einer Renovierung
im Herbst ersetzt werden, nach Kamerun geschickt werden können.
Der Transport wird von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
finanziert, die die Erlanger bei der Erlaubnis für die zollfreie
Einfuhr unterstützt. Da diese allerdings nur Hilfstransporte
fördert, die nicht an Regierungsorganisationen gehen, mussten
Jakob Müller und Gabriel Soungwah eine eigene Organisation
gründen, das "Dental Helpproject South West Cameroon".
Weiterhin müssen sie Räumlichkeiten für die Behandlungsstühle,
das Röntgengerät und den Sterilisationsapparat zur
Verfügung stellen. Daher planen sie den Bau eines kleinen
Hauses mit zwei Behandlungszimmern und einem Wohntrakt für
die Zahnmedizinstudenten aus Erlangen. Ein Grundstück hat
ihnen Gabriels Familie zugesichert, den Bauplan hat ein Nürnberger
Architekt bereits angefertigt. "Jetzt suchen wir nach Sponsoren
aus der Wirtschaft und sammeln Privatspenden für die benötigten
30.000 DM. Ein Erlanger Professor hat uns schon eine Spende versprochen",
freut sich Jakob Müller.
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- Im letzten Jahr konnte der Student Sachspenden
in Form von Zahnpasta, Zahnbürsten, Watterollen, Desinfektionsmitteln
und chirurgischen Instrumenten mit nach Kamerun nehmen. Die Frachtkosten
für die 150 Kilogramm bezahlte er genau wie sein Flugticket
selbst. Beim diesjährigen Besuch konnte er dafür Sponsorengelder
und Privatspenden verwenden, die er unter anderem von den Erlanger
Hochschulgemeinden erhalten hat. Außerdem erhalten Müller
und Soungwah Unterstützung von den Firmen Espe und GC Europe,
zwei Herstellern von Glasionomer-Zement, der in Entwicklungsländern
überwiegend für Füllungen verwendet wird. Im Gegenzug
führen sie eine Studie über die Eigenschaften dieses
Materials durch, die auch die Grundlage ihrer Doktorarbeit darstellt.
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- "Unser Ziel ist es", erklärt
Jakob Müller, "in den nächsten fünf Jahren
allen Kindern in Buea einmal in den Mund zu schauen." Dabei
handelt es sich immerhin um eine Gruppe von ungefähr 20.000
Personen. Für die anstrengende Arbeit werde man durch die
Freundlichkeit und Dankbarkeit der Menschen belohnt, meint Müller.
So waren er und seine Frau bei ihrem ersten Aufenthalt jeden
Abend bei einem anderen Einwohner von Buea zum Essen eingeladen.
Außerdem konnten sie kostenlos bei dem ehemaligen Bürgermeister
von Buea - der auch der Public Relations Officer des Dental HelpProjects
ist und anderen Privatpersonen wohnen. Den Höhepunkt
seines ersten Aufenthalts stellte aber die Aufnahme in Gabriels
Familie dar, bei der die Deutschen neben traditionellen Gewändern
sogar eigene kamerunische Namen aus dem Stamm der Bakweri erhielten
"Mekame" und "Efeti". Auch sonst hat
das Ehepaar viele neue Freunde gewonnen, mit denen sie im regelmäßigen
E-Mail-Kontakt stehen. "Kamerun ist eines der schönsten
Länder, das ich kenne. Der Aufenthalt dort hat mich fachlich
und menschlich reicher gemacht", lautet das Fazit des Zahnmedizinstudenten.
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- Spendenkonto:
Stadt- und Kreissparkasse Erlangen, BLZ: 736 500 00 , Kontonr.:
87353
Empfänger: Fachschaft Zahnmedizin e.V. Erlangen
Stichwort: Dental HelpProject South West Cameroon
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- Kontakt:
Dental Helpproject South West Cameroon, Fachschaft Zahnmedizin
e.V., Jakob Müller
Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie
Glückstraße 11, 91054 Erlangen, Tel.: 09131/816057
E-Mail: dentproj.cam@gmx.de
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- MediendienstAktuell Nr. 2397 vom 31.5.2001
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