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Therapie gegen „Vampir“‑Krankheit

Über 100 Spezialisten beraten in Erlangen Start weltweiter Studie

Betroffene Kinder bekommen Zähne wie ein Vampir. Da ihnen Schweißdrüsen für den Temperaturausgleich fehlen, sterben manche an Fieber. Auslöser ist in beiden Fällen die seltene Erbkrankheit „ektodermale Dysplasie“. Deutschlandweit gibt es rund 5.000 Betroffene. Über 100 Spezialisten aus 21 Nationen treffen sich vom 1. bis 3. Juni 2012 in Erlangen, um über den Start einer Therapiestudie zu diskutieren, mit der erstmals eine erbliche Entwicklungsstörung geheilt werden könnte.

KI_Dysplasie / Foto: privat

Foto: privat

Ektodermale Dysplasien sind angeborene, genetisch bedingte Fehlbildungen, die sich auf Entwicklungsstörungen des äußeren embryonalen Keimblatts zurückführen lassen. Aus diesem Keimblatt gehen die Haut und ihre Anhangsgebilde, die Zähne, mehrere Sinnesorgane sowie das zentrale Nervensystem hervor. Der Begriff der ektodermalen Dysplasie umfasst daher ein breites Spektrum an Merkmalskombinationen und mehr als 160 umschriebene Krankheitsbilder mit einer Gesamthäufigkeit von ca. 1:15.000. Am häufigsten ist die X-chromosomal vererbte hypohidrotische ektodermale Dysplasie, deren Hauptmerkmale fehlende oder deformierte Zähne, ein Mangel an Schweißdrüsen und anderen Drüsen sowie spärliche Körperbehaarung sind. „Dass solche komplexen Fehlbildungen einmal durch Medikamente korrigierbar sein könnten, war lange Zeit undenkbar“, sagten die Erlanger Kongresspräsidenten Prof. Dr. Holm Schneider (Kinder- und Jugendklinik) und Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Friedrich Wilhelm Neukam (Direktor der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgischen Klinik). „Doch schon in wenigen Monaten werden die ersten therapeutischen Studien laufen, die auf den überzeugenden präklinischen Daten der vergangenen Jahre aufbauen.“

Therapiestudie startet in Erlangen, Paris und St. Louis

In weltweit drei Kliniken – Erlangen, Paris, St. Louis – soll die neue Therapie mit einem rekombinanten Protein nun bald erprobt werden. Sollte die Behandlung beim Menschen den gleichen Erfolg haben wie bei Mäusen mit dieser Erkrankung, könnte erstmals eine erbliche Entwicklungsstörung nicht nur therapiert, sondern geheilt werden. Anknüpfend an die Erfolge der zurückliegenden Konferenzen in Malmö (2002), London (2004), Kopenhagen (2006) and Nijmegen (2009) treffen sich in Erlangen neben Kinderärzten, Zahnmedizinern und Grundlagenforschern auch Dermatologen, HNO-Ärzte, Genetiker, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Augenärzte und andere involvierte Ärzte. Finanziell unterstützt wird der Kongress von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Holm Schneider

Tel.: 09131 85-33775

holm.schneider@uk-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 113/2012 vom 30.5.2012

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