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Immunembargo bei Darmkrebs

Tumorabwehr durch Nährstoffblockade des Immunsystems soll näher erforscht werden

Der Enddarmtumor (kolorektales Karzinom) ist der zweithäufigste Tumor in Deutschland. In den vergangenen Jahren wurden neue Behandlungsmethoden entwickelt, um den Tumor auszuhungern, indem seine Verbindung zum funktionellen Blutgefäßsystem unterbrochen wurde. Neuere Ergebnisse zeigen, dass bei manchen Patienten auch das Immunsystem in der Lage ist, das Einwachsen von Blutgefäßen in den Tumor und somit die Versorgung mit Nährstoffen zu unterbinden. Das Team um Prof. Dr. Michael Stürzl und Dr. Elisabeth Naschberger aus der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Hohenberger) möchte die molekularen Mechanismen dieses immunologisch gesteuerten Nährstoff-Embargos jetzt aufklären. Gleichzeitig sollen diese Mechanismen für neue Verfahren genutzt werden, um Darmkrebs-Patienten zu behandeln und um festzustellen, wieweit eine Therapie anspricht. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt mit nahezu 200.000 Euro.

Tumore benötigen ab einer Größe von ca. 1 mm3 spezifische Versorgungswege für Nährstoffe und Sauerstoff. Diese Versorgungswege bezeichnet man als Tumorgefäße. Sie stellen den Anschluss eines Tumors an das Blutgefäßsystem her und stellen dadurch seine Versorgung sicher. Die Bau- und Begrenzungssteine dieser Gefäße sind die so genannten Tumorendothelzellen. „Aufgrund ihrer strategischen Lage und Aufgaben stellen sie ein wichtiges Ziel der Tumortherapie dar“, sagt Prof. Stürzl. Da die Neubildung von Blutgefäßen als Angiogenese bezeichnet wird, nennt man Therapieformen, die den Anschluss eines Tumors an das Gefäßsystem unterbinden, „antiangiogene“ Therapie. Diese antiangiogene Therapie zeigt bei manchen Patienten durchschlagende Erfolge, jedoch leider nicht bei allen. Bisher gibt es keine Möglichkeit zu bestimmen, welche Patienten besonders von dieser Therapie profitieren könnten.

Bei 30 Prozent der Darmkrebspatienten wird der Tumor durch das Immunsystem unterdrückt

Prof. Michael Stürzl und Dr. Elisabeth Naschberger konnten in ihren bisherigen Arbeiten zeigen, dass etwa 30 Prozent der Patienten, die an Darmkrebs leiden, aufgrund ihrer eigenen Immunabwehr ein stark unterdrücktes Tumorgefäßsystem im Vergleich zu den restlichen Patienten aufweisen. Bei den entsprechenden Patienten ist dies mit einem deutlich besseren klinischen Verlauf verbunden. Auf der Suche nach möglichen Ursachen für diese Hemmung gelang es Prof. Stürzl und Dr. Naschberger erstmals, die Tumorendothelzellen aus Darmkrebsproben erfolgreich zu isolieren und in Kultur zu vermehren. „Dies ist eine wichtige Grundlage für vertiefende molekulare Analysen zur Entstehung von Tumorgefäßen und ein großer Schritt in Richtung einer neuen antiangiogenen Krebstherapie“, sagt Prof. Stürzl. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekts soll an den Tumorendothelzellen analysiert werden, warum manche Patienten gut und andere schlecht auf antiangiogene Therapie ansprechen und über welche Wege das Immunsystem antiangiogene Prozesse reguliert.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Michael Stürzl

Tel.: 09131/85-36331

michael.stuerzl@uk-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 160/2011 vom 1.6.2011

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