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Hilfe bei seltenen Hormonerkrankungen

Tagung und Pressegespräch des Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e. V.

Im Schnitt vergehen in Deutschland bis zu acht Jahre ehe bei einem Menschen, der an einer seltenen Erkrankung der Hypophyse oder der Nebenniere leidet, die richtige Diagnose gestellt wird. „Jahre des unnötigen Leidens“, betont Prof. Dr. Christof Schöfl, Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie und Diabetologie der Medizinischen Klinik 1 (Direktor: Prof. Dr. Markus Neurath) des Universitätsklinikums Erlangen. „Die Versorgungslage in unserem Land ist mangelhaft: Es fehlt dramatisch an entsprechend ausgebildeten Fachärzten, den Endokrinologen.“ Daraus resultieren monatelange Wartezeiten auf einen Termin und weite Anfahrtswege zum Experten: Durchschnittlich müssen sich die Betroffenen neun bis zwölf Monate gedulden und 70 – 150 km Anreise in Kauf nehmen. Prof. Schöfl und das Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e. V. schlagen Alarm: Solange die Diagnostik und Behandlung endokrinologischer Erkrankungen insbesondere an den Universitätskliniken dramatisch unterfinanziert sind und die Niederlassung von Endokrinologen durch Beschränkungen erschwert wird, wird Deutschland weiterhin ein Schlusslicht bei der Behandlung dieser teilweise lebensbedrohlichen Krankheiten sein.

Prof. Dr. Christof Schöfl; Patientin Mariola A., Helmut Kongehl. /  Foto: Uni-Klinikum Erlangen

Prof. Dr. Christof Schöfl; Patientin

Mariola A., Helmut Kongehl.

Foto: Uni-Klinikum Erlangen

„Es war eine richtige Odyssee, bis meine Erkrankung endlich richtig erkannt und therapiert wurde“, bestätigt Mariola A. aus Schwaig bei Nürnberg. „Die ersten Ärzte, die ich konsultierte, haben meine Symptome falsch eingeordnet; sie diagnostizierten mir Ehe- und Familienprobleme.“ Heute weiß die 46-Jährige, dass sie an Morbus Cushing leidet: Ein Tumor der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) löste über Jahre eine übermäßige Produktion des Hormons Cortisol aus. Die zweifache Mutter klagte über stark geschwollene Beine, Entkräftung und schwere Depressionen. 1999 wurde sie erstmals operiert. Dass der Tumor allerdings wieder wuchs, diagnostizierte erst 2009 Prof. Schöfl am Uni-Klinikum Erlangen – nachdem Mariola A. erneut jahrelang gelitten hatte und fälschlicherweise von Neuem psychiatrisch stationär behandelt worden war. „Da die Erkrankung ein zweites Mal viel zu spät erkannt und therapiert wurde, trägt die Patientin nun bleibende Schäden davon – und sie ist bei Weitem kein Einzelfall. Hier besteht dringender Handlungsbedarf zum Wohl der Tausenden von Betroffenen in Deutschland“, fordert Prof. Schöfl. Mariola A. ist noch auf die tägliche Einnahme von Tabletten angewiesen, aber sie lebt mit der Hoffnung, die ihr Christof Schöfl gegeben hat: Er könne ihr zwar nicht versprechen, dass sie nun geheilt sei, aber er könne ihr versprechen, dass – sollte die Erkrankung wiederkommen – die Symptome rechtzeitig erkannt und die Erkrankung behandelt werde.

Tagung in Erlangen – Hintergrundgespräch für Medienvertreter

Am kommenden Wochenende, 30.09. – 02.10.2011, treffen sich über 300 Mitglieder der größten deutschen Selbsthilfegruppe, dem Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e. V., in den Hörsälen Medizin des Uni-Klinikums Erlangen: Betroffene, Ärzte, Angehörige und Interessierte. „Der überregionale Austausch ist äußerst wichtig“, betont Helmut Kongehl, der erste Vorstand des Vereins. „Denn jeder Mensch ist anders, Erkrankungen und deren Symptome äußern sich stets individuell – aber gemeinsam verfolgen wir das Ziel, Druck auszuüben, damit sich die Versorgungslage für uns alle endlich bessert.“ Medienvertreter sind zu einem Hintergrundgespräch am Samstag, 1. Oktober 2011, von 11.00 bis 12.00 Uhr herzlich eingeladen.

Endokrinologe – (k)eine traumhafte Facharztausbildung?

In ganz Deutschland praktizieren nur etwa 300 Endokrinologen: zehnmal weniger als beispielsweise in Italien oder Frankreich. Die Hormonexperten haben die Facharztausbildung zum Internisten und zusätzlich eine entsprechende Schwerpunktweiterbildung absolviert. Diese umfassende Ausbildung kostet Zeit und die Spezialisierung ist fast ausschließlich an Universitätskliniken möglich. Im Rahmen der Ökonomisierung des Gesundheitswesens war das Fachgebiet, das seine Patienten beinahe ausschließlich ambulant behandelt, aber von zahlreichen Stellenkürzungen und Abteilungsschließungen betroffen. Dies muss sich ändern, da sonst in Deutschland ein akuter Notstand bei der Versorgung von Patienten mit endokrinen Erkrankungen droht.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Christof Schöfl

Tel.: 09131/85-36140

christof.schoefl@uk-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 241/2011 vom 30.9.2011

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