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Einen kühlen Kopf bewahren

Kälte-Therapie gegen Schlaganfall-Folgen

Die Kühlung des Gehirns stellt in der Akutphase des Schlaganfalls eine viel versprechende, aber bisher kaum untersuchte Therapie dar. Das soll sich nach dem Willen von Prof. Dr. Stefan Schwab, Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen, jetzt ändern: “Wir wollen zusammen mit 14 weiteren führenden Schlaganfallzentren in Deutschland eine bundesweite Studie starten, mit der wir den positiven Effekt der Kältetherapie bei Schlaganfall nachweisen wollen.” Am 22. September 2009 findet deshalb in Erlangen ein Start-up-Treffen statt.

Pro Jahr ereignen sich in Deutschland ungefähr 150.000 neue Schlaganfälle. Innerhalb des ersten Jahres nach einem Schlaganfall versterben bis zu 40 Prozent der Patienten. Von den Überlebenden ist rund die Hälfte pflegebedürftig und auf fremde Hilfe angewiesen. Hochgerechnet auf die demographische Entwicklung wird die Zahl der Schlaganfälle im Jahr 2050 um 93 Prozent gestiegen sein. Bisher kann in der Akutphase der Erkrankung nur ein geringer Teil der Schlaganfallpatienten wirksam behandelt werden. Dazu steht die so genannte Thrombolyse-Therapie zur Verfügung, mit deren Hilfe sich ein durch ein Blutgerinnsel verschlossenes Hirngefäß wiedereröffnen soll. In Deutschland können mit dieser Therapie aber nur 10 bis 20 Prozent aller Schlaganfallpatienten in spezialisierten Zentren, wie z. B. der Stroke Unit am Universitäts-Klinikum Erlangen, behandelt werden.

Für die übrigen Schlaganfallpatienten stehen die Behandlung der Schlaganfallfolgen und die Verhinderung erneuter Schlaganfälle im Vordergrund. “Der Schlaganfall ist bei der derzeitigen demografischen Entwicklung eine tickende Zeitbombe”, sagt Privatdozent Dr. Rainer Kollmar, der die neue Studie von Erlangen aus leiten wird. “Möglicherweise stellt die Kältetherapie (Hypothermie) eine ganz neue Therapieoption für Schlaganfallpatienten dar.” Experimentell finden sich überzeugende Ergebnisse bei nahezu allen Formen der akuten Hirnschädigungen. Bei Patienten nach Herz-Kreislauf-Stillstand verbesserte Hypothermie das Ausmaß der neurologischen Behinderung und die Überlebensrate. Trotzdem fanden bisher nahezu keine klinischen Studien zur Wirksamkeit von Hypothermie beim Schlaganfall statt. “Das wollen wir mit unseren Kollegen aus 14 Uni-Klinika ändern”, so Dr. Kollmar.

Kältetherapie bei Herzstillstand bereits anerkannt

Bei der Kältetherapie wird der Körper mit einer 4 Grad kalten Kochsalzlösungs-Infusion und über einen Kältekatheter abgekühlt. Der Kältekatheter wird von der Leiste ca. 30 cm in die Beckenvene geschoben. An seiner Spitze sitzen mehrere Ballons, die ständig mit einer kalten Wasserlösung durchspült werden und den Blutkreislauf so 24 Stunden kühlen können. Damit wird die Körpertemperatur um 2-3 Grad abgekühlt. Gleichzeitig erhalten die Patienten ein Medikament gegen das Zittern. “Die Kältetherapie ist seit 2002 bei Herz-Kreislauf-Stillstand anerkannt und soll nun erstmals in seiner Wirkung bei Schlaganfällen untersucht werden”, sagte Dr. Kollmar. Die Studie werde einige Millionen Euro kosten, die nun durch Fördergelder aufgebracht werden müssen. “Hier sind öffentliche Einrichtungen wie private Investoren gefragt”, so Dr. Kollmar.

Weitere Informationen für die Medien:

PD Dr. Rainer Kollmar

Tel.: 09131/85-44526

Rainer.Kollmar@uk-erlangen

uni | mediendienst | aktuell Nr. 231/2009 vom 21.09.2009

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