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Deutliche Zunahme von Lebererkrankungen

Universitätsklinikum Erlangen baut OP-Kapazitäten aus

Vor einer Zunahme an Lebererkrankungen in Franken warnt Prof. Dr. Markus Neurath, Leberspezialist und Direktor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Erlangen, einen Tag vor dem 10. Deutschen Lebertag, der am 20. November 2009 stattfindet. “In Franken gibt es einen hohen Anteil an Leberkranken – aktuell stehen 65 Patienten auf unserer Liste für Lebertransplantationen – Tendenz steigend”, sagte Prof. Neurath. Als Grund für die vielen Lebererkrankungen in Franken führte Prof. Neurath die “regionale Vorliebe für gutes Bier und Obstbrände” sowie Virus- und Tumorerkrankungen der Leber an. Prof. Dr. Dr. Werner Hohenberger, Direktor der Chirurgischen Klinik des Uni-Klinikums, hat aufgrund dieser Problematik die OP- Kapazitäten seiner Klinik für Lebertransplantationen deutlich ausgebaut.

“Leider können wir angesichts eines Rückgangs an Spenderorganen weniger Lebern transplantieren, als wir wollen”, sagte Prof. Hohenberger. Bis Ende des Jahres geht er davon aus, dass die Erlanger Leberspezialisten bis zu 20 Lebern transplantieren sowie rund 50 Lebern explantieren, für die in anderen Transplantationszentren ein passender Empfänger gefunden werden konnte. “Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir in den kommenden drei Jahren unsere Lebertransplantationskapazität deutlich steigern”, sagte Prof. Hohenberger. Er weist darauf hin, dass ab sofort in Erlangen auch Lebendspende-Lebertransplantationen zwischen nahen Angehörigen durchgeführt werden, um dem Organmangel zu begegnen. Im Anschluss an eine Leber-Transplantation würden die Patienten lokal in enger Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten in enger Kooperation mit weiteren Fachdisziplinen des Uni-Klinikums weiter betreut. Prof. Neurath sagte: “Als universitäres Spitzenzentrum in der Versorgung von leberkranken Patienten bieten wir alle modernen Diagnostik- und Therapieverfahren an.” Wichtig sei auch die heimatnahe Versorgung der Patienten nach der Transplantation. “Hier sind wir durch unsere Forschungsschwerpunkte “Bildgebung” und “Immunsystem” gut gerüstet”, so Prof. Neurath. Im Leberzentrum des Universitätsklinikums Erlangen werden pro Jahr mehr als 2.000 Patienten aus der Metropolregion Nürnberg versorgt.

Leberkrankheiten werden oft zu spät erkannt – Bluttest zur Vorsorge wichtig

Die Leber ist ein lebenswichtiges Organ. Sie stellt die “Stoffwechselfabrik” des menschlichen Körpers dar. Im täglichen Leben benötigt die Leber nur 10 – 20 Prozent ihrer Kapazitäten. Der Rest steht für erhöhte Anforderungen bei akuten Erkrankungen oder z. B. Vergiftungen zur Verfügung. “Da die Leber ein hohes Reservepotential hat, ist es durch die klinische Untersuchung oft schwierig, Lebererkrankungen früh zu erkennen”, weiß Prof. Neurath. “Es muss schon viel passiert sein, bevor eine Verminderung der Leberleistung etwa als Gelbfärbung der Augen und der Haut zu erkennen ist.” Da die Leber nicht sehr schmerzempfindlich ist, gibt sie oft keine frühen Warnsignale an den Körper ab. Umso wichtiger sei es, mit einem Bluttest beim Hausarzt seine eigene Gesundheit abzusichern: Ein erhöhter Wert der Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) kann dabei eine Leberentzündung anzeigen. Je früher eine Lebererkrankung diagnostiziert wird, desto höher sind die Chancen einer kompletten Heilung. “Lebererkrankungen sind keineswegs selten”, warnt Prof. Neurath. In der Todesursachenstatistik liegen Lebererkrankungen – Krebserkrankungen nicht mitgezählt – auf dem 9. Platz.

In 60 Prozent der Fälle spielt Alkohol bei Lebererkrankungen keine Rolle

“Natürlich denkt beim Thema Leberkrankheit zunächst jeder an den Alkohol, und tatsächlich ist Alkohol in den Industrieländern für ca. 40 Prozent aller Todesfälle durch chronische Lebererkrankungen verantwortlich – aber eben nur für 40 Prozent”, sagte Prof. Neurath. Auch andere, teils weniger bekannte Lebererkrankungen, wie die chronische Virushepatitis B oder C, die Eisenspeicherkrankheit oder Hämochromatose, die Kupferspeicherkrankheit (Morbus Wilson) oder die autoimmunen Lebererkrankungen wie Autoimmunhepatitis können zur Leberzirrhose, im Extremfall mit Leberkrebs, führen. Selbst die so genannte nicht-alkoholische Fettleberhepatitis, die vor allem eine Begleiterkrankung des Übergewichts, der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und der Fettstoffwechselstörungen ist, kann auf Dauer die Leber zerstören.

So verschieden die Ursachen für chronische Lebererkrankungen sind, so ähnlich ist häufig das Ergebnis: Fast alle chronischen Lebererkrankungen gehen mit einem Prozess der Narben- und Faserbildung in der Leber (Fibrose) einher. Der Endzustand dieses Prozesses, die Leberzirrhose, bei der die Leber auf Grund der vielen Narben ihren geregelten inneren Aufbau verliert und gewissermaßen “von innen heraus” zerstört wird, gleicht sich in vielerlei Hinsicht unabhängig davon, welche Krankheit zur Zirrhose geführt hat.

Die Leber hat eine wichtige Versorgungs- und Filterfunktion

Fast alles Blut, das durch unsere Darmschleimhäute fließt und somit mit der “Außenwelt” Kontakt hat, wird, bevor es wieder in den allgemeinen Kreislauf eintritt, durch die Leber gepumpt. Sie sorgt für eine optimale “Aufbereitung” des Blutes, indem sie Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente aus dem Blut extrahiert, umwandelt oder speichert. Wenn die Leber das Blut an den Körper zurückgibt, liegen alle diese Stoffe in optimaler Konzentration für den Körperstoffwechsel vor. Gleichzeitig ist sie ein riesiger chemischer Filter, der Giftstoffe, aber auch Arzneien, dem Blut entzieht und sie durch chemische Umwandlung unschädlich macht. Mit der Produktion der Gallenflüssigkeit sorgt die Leber nicht nur dafür, dass wir unsere Nahrung überhaupt verdauen können; sie scheidet auf diesem Wege auch viele Giftstoffe in den Darm und letztlich den Stuhl aus. Sie hat damit eine ähnliche “Entsorgungs-Funktion” wie die Nieren. Schließlich stellt die Leber auch viele Proteine und andere Stoffe (Albumin, Gerinnungsfaktoren, Transporteiweiße, Abwehrstoffe) her, die im Blut zirkulieren und seine Funktion wesentlich mitbestimmen.

Weitere Infos zum Lebertag unter: www.lebertag.org.

Weitere Informationen für die Medien:

Johannes Eissing

Tel.: 09131/85-36102

presse@uk-erlangen.de

uni | mediendienst | aktuell Nr. 310/2009 vom 19.11.2009

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