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Blüten mit unwiderstehlichem Klang für Fledermäuse

Regenwald-Liane lockt Fledermäuse mit Echos von schüsselförmigen Blättern

Pflanzen sind erfinderisch, wenn es darum geht, Bestäuber auf ihre Blüten aufmerksam zu machen. Gilt es, tagaktive Insekten als Bestäuber an die Blüten zu locken, reichen gemeinhin auffällige Farben. Ungleich schwieriger haben es Pflanzen, die sich auf nächtliche Bestäuber spezialisiert haben. Auf Fledermäuse zum Beispiel. Eine überaus kreative Lösung haben jetzt Forscherinnen und Forscher der Universitäten Erlangen-Nürnberg, Ulm und Bristol bei der kubanischen Liane Marcgravia evenia entdeckt: Sie lockt Blumenfledermäuse mit auffälligen Echos zur Blüte. Die Studie wurde gerade in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.1

Liane-Marcgravia-evenia / Foto: Corinna U. Koch 

Blütenstand der kubanischen Liane
Marcgravia evenia.
Foto: Corinna U. Koch

Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fielen die schüsselförmigen wie ein Hohlspiegel geformten Laubblätter auf, die diese Liane direkt über dem Blütenstand präsentiert. Da die Blüten der Liane von Blumenfledermäusen bestäubt werden, die sich mit Echoortung orientieren, vermuteten das Wissenschaftlerteam, dass diese Hohlspiegelblätter die Ultraschallrufe der Fledermäuse reflektieren und so die Tiere zu den Blüten locken. Mit einem künstlichen Fledermauskopf, der Ultraschall aussendet und die von Objekten reflektierten Echos messen kann, haben die Forscherinnen und Forscher die Blätter untersucht und entdeckt, dass diese den Schall außerordentlich gut reflektieren. So können Fledermäuse die Blütenstände der Kletterpflanzen bereits aus großer Entfernung orten. Außerdem zeigt das Echo eine besondere Signatur in Form einer konstanten Klangfarbe und hebt sich so deutlich von den Echos der umgebenden Vegetation ab.

Nach diesen aufschlussreichen Messergebnissen wollte das Forscherteam wissen, ob solche schüsselförmigen Blätter tatsächlich die Blütenstände auffälliger machen und den Fledermäusen helfen, die Blüten zu finden. Sie dressierten Blumenfledermäuse darauf, mit einer computergesteuerten Umwelt zu interagieren und in einer künstlichen Vegetation nach einer Kunstblüte zu suchen. Es stellte sich heraus, dass die Fledermäuse die Blüte etwa doppelt so schnell fanden, wenn diese ein solches Hohlspiegelblatt präsentierten. Dies zeigt, dass die spezielle Form des Blattes tatsächlich hilft, die Bestäuber auf den Blütenstand aufmerksam zu machen.

Laubblätter, die im Dienste der Anlockung von Bestäubern stehen – sogenannte Hochblätter – gibt es bei vielen Pflanzen. Besonders bekannt sind die prächtig gefärbten Hochblätter des Weihnachtssterns oder der Drillingsblume Bougainvillea. Auch die schüsselförmigen Blätter von Marcgravia evenia sind solche Hochblätter, allerdings sind sie nicht visuell auffällig, sondern locken die echoortenden Fledermäuse mit ihrer besonderen Echo-Klangfarbe an und sichern so ihre Bestäubung.

Paper:
1Ralph Simon, Marc W. Holderied, Corinna U. Koch, Otto von Helversen: Floral acoustics: conspicuous echoes of a dish-shaped leaf attract batpollinators. Science 333 (6042), p.631 – 633.

Weitere Informationen für die Medien:

Dr. Ralph Simon
Tel.: 0179/6708917
ralph.simon@uni-ulm.de

uni | mediendienst | forschung Nr. 38/2011 vom 1.8.2011

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