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Individualisierte Brustkrebs-Therapie

Neuer Gentest kann Chemotherapie vermeiden

Im Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF) der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen (Direktor: Prof. Dr. Matthias W. Beckmann) wird jetzt bei Frauen mit einer Brustkrebserkrankung im Rahmen einer europaweiten Studie ein Gentest eingesetzt. An frischem Tumorgewebe soll ermittelt werden, wie hoch das Brustkrebsrückfallrisiko ist und so die Therapieentscheidung unterstützt werden. "Der Vorteil für Patientinnen ist, dass bei bestimmten Tumortypen die Chemotherapie wegfallen kann, die bislang routinemäßig durchgeführt wurde", sagte Prof. Beckmann. In Deutschland nehmen momentan 15 Kliniken an der MINDACT-Studie teil. In Bayern ist das UBF das einzige teilnehmende Zentrum. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.frauenklinik.uk-erlangen.de.

"Die Verwendung des neuen Gentests könnte in Verbindung mit der herkömmlichen pathologischen Untersuchung ein präziseres Bild des Rückfallrisikos für die jeweilige Patientin erbringen", sagte Prof. Beckmann. Dadurch ließen sich bei 10 - 20 % der Brustkrebspatientinnen mit nicht befallenen bzw. bis zu drei befallenen Lymphknoten eine Chemotherapie und die damit verbundenen Nebenwirkungen vermeiden.

Im Rahmen der Studie wird eine Tumorgewebeprobe der Patientin bei der Operation entnommen und speziell aufgearbeitet. Diese werden sowohl mit den herkömmlichen, als auch mit den neuen Untersuchungsmethoden (Gentest) untersucht. Dann wird anhand der Untersuchungsergebnisse entschieden, welche Patientin eine Chemotherapie erhalten sollte und für welche Patientin eine Chemotherapie nicht notwendig ist.

An der Studie sind europaweit 6.000 Frauen beteiligt. Diese so genannte MINDACT-Studie (Microarray for Node Negative and 1 to 3 Positive Nodes Disease may Avoid ChemoTherapy) ist Teil des EU-Forschungsprojektes TRANSBIG und wird in Deutschland von der Deutschen Krebshilfe gefördert. Die MINDACT-Studie soll die traditionelle Methode zur Beurteilung der Aggressivität eines Tumors mit der neuen Methode, der 70-Gen-Signatur (Gentest) vergleichen. Untersucht werden Frauen ohne Lymphknotenbefall und solche mit nur bis zu drei befallenen Lymphknoten.

Neue Technologien für ein individuelles Vorgehen

Dank der Fortschritte im Bereich der molekularen Tumorgenetik besteht ein besseres Verständnis der biologischen Unterschiede zwischen verschiedenen Tumoren. Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass Brustkrebs eine ausgesprochen heterogene Erkrankung mit mehreren Untertypen ist, d. h. es gibt viele unterschiedliche Arten von Brustkrebs. "Deshalb ist es notwendig die Therapie als "individualisierte Therapie", d. h. auf die einzelne Betroffene eine zugeschnittene Therapie auszurichten", fordert Prof. Beckmann.

Der Gentest wurde in den Niederlanden entwickelt, um Patientinnen identifizieren zu können, die eine Chemotherapie eventuell nicht benötigen. Der Test analysiert die Aktivität von 70 Genen in Brustkrebszellen, die Aufschluss über die Aggressivität des Tumors geben, und bewertet dann das Risiko der Patientin, einen Rückfall zu erleiden. Dieses Rückfallrisiko ist die Grundlage für die Therapieentscheidung. Falls bei einer Frau eine Brustkrebserkrankung diagnostiziert wurde und sie noch nicht operiert ist, kann sie sich zur Teilnahme an der Studie unter Tel.: 09131/85-36167 melden.

Brustkrebs ist bei Früherkennung in 80 % der Fälle heilbar

Bisher basierte die Therapieentscheidung auf klinischen Eigenschaften und Befunden aus der Untersuchung durch die Pathologie, wie zum Beispiel der Tumorgröße, den befallenen Lymphknoten (Nodalstatus), dem Entartungsgrad des Tumors (Grading) und eventuell vorhandener Hormon- und Wachstumsfaktor- (Human epidermal growth factor receptor 2, Her2/neu) Rezeptoren in bzw. auf den Tumorzellen. Zusätzlich sind das Alter der Patientin und der Wechseljahresstatus wichtige Therapiekriterien.

Frauen ohne Lymphknotenbefall bzw. einem Lymphknotenbefall von maximal drei Lymphknoten haben ein geringeres Rückfallrisiko als Frauen mit mehr als drei Lymphknotenmetastasen. Diese Patientinnen erhalten jedoch häufig trotzdem eine Chemotherapie, da die derzeitige Datenlage für die Gesamtgruppe einen Vorteil zeigt. Ein Teil dieser Patientinnen profitiert aber nicht davon. Bisher war es jedoch nicht möglich, diese Frauen zu identifizieren.

Jährlich erkranken 57.500 Frauen in Deutschland neu an Brustkrebs. "Wenn Brustkrebs früh diagnostiziert und behandelt wird, ist die Erkrankung in mehr als 80 % der Fälle heilbar", so Prof. Beckmann.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Matthias W. Beckmann
Tel.: 09131/85-36167
fk-studienzentrale@uk-erlangen.de

uni | mediendienst | forschung Nr. 52/2009 vom 13.10.2009

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