Bio-Strukturen und komplexe Netze


Koordinatoren in zwei neuen DFG-Schwerpunktprogrammen

Zwei neue Schwerpunktprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) werden von Wissenschaftlern der Universität Erlangen-Nürnberg mit koordiniert. Prof. Dr. Peter Greil, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Glas und Keramik), ist Mitglied der aus Vertretern von Universitäten und Max-Planck-Instituten bestehenden Koordinatorengruppe für das Schwerpunktprogramm „Biomimetic Materials Research“. Prof. Dr. Johannes Huber, Lehrstuhl für Informationsübertragung, koordiniert gemeinsam mit zwei Kollegen von der Technischen Universität München das Schwerpunktprogramm „Communications in Interference Limited Networks (COIN)“.

Evolution als Vorbild
Materialien wie Zähne, Muschelschalen, Perlmutt oder Knochen, die im Verlauf der natürlichen Evolution entstanden sind, bestehen nur aus einer begrenzten Zahl von Stoffen. Ihre Struktur jedoch ist äußerst vielfältig. Ausgehend von der molekularen Ebene bis zu Faserverbundstrukturen erfolgte die Entwicklung dabei über viele Größenskalen hinweg.

Das neue Schwerpunktprogramm nimmt biologische Materialien mit einem hierarchischen zellularen Aufbau als Vorbild für moderne ingenieurtechnische Materialien, die sich durch außergewöhnliche Eigenschaftskombinationen auszeichnen. Sie erlauben es beispielsweise, Bewegung und Kräfte zu erzeugen, das mechanische Verhalten von Leichtbaumaterialstrukturen je nach Beanspruchung zu verändern oder die Reibung und die für Haftkräfte verantwortliche Adhäsion von Oberflächen zu kontrollieren. Solche Materialeigenschaften waren bisher nicht zu erreichen. Eine enge Kooperation zwischen Materialwissenschaftlern, Physikern, Biologen und Biomechanikern ist dafür erforderlich.

Interferenzen als Informationsträger
Einen völlig neuen Umgang mit Störungen in mobilen Kommunikationsnetzen will das Schwerpunktprogramm COIN ermöglichen. Bisher werden Mobilfunknetze so ausgelegt, dass wechselseitige Interferenzen von nachrichtentechnischen Signalen möglichst unterdrückt werden. Die Daten werden dazu so weit wie möglich „aneinander vorbei gelenkt“. Mit der Zunahme von Verbindungsknoten in Netzen und verschiedenartiger Datendienste sowie der wachsenden Zahl von Nutzern wird dies immer schwieriger. Strategien und Konzepten jenseits des bisherigen Stands der Technik und ein fundamentales Umdenken sind deshalb sehr gefragt.

In künftigen Kommunikationsnetzen sind Signale mit unterschiedlichen Informationsinhalten gleichzeitig über einen gemeinsamen Kanal zu übertragen. Statt hierbei wechselseitige Störungen zu vermeiden, sollen solche Interferenzen künftig aktiv nutzbar gemacht werden. Theoretische Fundamente hierfür sind neue Zweige der mathematischen Informationstheorie, nämlich Netzwerkinformationstheorie und Netzwerkcodierungstheorie. Diese Grundlagenarbeiten weisen darauf hin, dass Netzknoten in Kommunikationsnetzen der Zukunft multifunktional zu agieren haben. Das kann in etwa mit der Fähigkeit von Teilnehmern bei einer Party verglichen werden, mehrere Gespräche gleichzeitig mit unterschiedlicher Aufmerksamkeit zu führen, während sie gleichzeitig andere Gespräche weitergeben und zudem einer Rundfunksendung hochkonzentriert zuhören. Im Schwerpunktprogramm COIN werden sowohl die theoretischen Grundlagen als auch deren Umsetzung beim Entwurf künftiger Kommunikationsnetze, die auf solchem Interferenzmanagement beruhen, behandelt.

Insgesamt hat die DFG 16 neue Schwerpunktprogramme eingerichtet, die wichtige neue Fragestellungen in der Grundlagenforschung bearbeiten. Sie wurden aus 48 eingereichten Konzepten ausgewählt. Derzeit werden 120 Schwerpunktprogramme gefördert.


Weitere Informationen für die Medien
Prof. Dr. Peter Greil
Tel.: 09131/85-27541
peter.greil@ww.uni-erlangen.de

Prof. Dr. Johannes Huber
Tel.: 09131/85-27112
jbhuber@LNT.de

uni | mediendienst | forschung Nr. 21/2008 vom 21.05.2008

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