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Arbeitsmarktexperte
Prof. Scherl legt Memorandum vor
Warnung vor überstürzter Ausweitung von
„Ein-Euro-Jobs”
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen für die Empfänger
des neuen Arbeitslosengeldes II möglichst schnell bis zu 600.000
Gelegenheiten für gemeinnützige Arbeiten in sozialrechtlichen
Dienstverhältnissen - so genannte „Zusatzjobs”,
bzw. „Ein-Euro-Jobs” - geschaffen werden. Prof. Dr.
Hermann Scherl, Professor für Sozialpolitik und Arbeitsmarktexperte
an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (WiSo)
der Universität Erlangen-Nürnberg, warnt nun in einem
Memorandum vor einem überstürzten Ausbau von Zusatzjobs,
der hauptsächlich darauf ausgerichtet sein könne, die
Arbeitslosenstatistik zu schönen.
Anfang des Jahres hatte Prof. Scherl als einer der Ersten öffentlich
dafür plädiert, die bei „Hartz IV” vorgesehene
Möglichkeit zur Verpflichtung von Langzeitarbeitslosen für
gemeinnützige Arbeiten als beschäftigungspolitische Chance
zu nutzen (Siehe Mediendienst Aktuell Nr. 3473 vom 2. Februar 2004).
Wie Prof. Scherl
darlegt, gibt es zu der Frage, wie Zusatzjobs auszugestalten seien
- zum Beispiel ob überwiegend als Angebote zu freiwilliger
gemeinnütziger Arbeit oder mit Arbeitspflicht, ob mit einem
Stundenlohn bis zu zwei Euro oder nur mit einer Entschädigung
für tatsächlichen Mehraufwand, ob kurz befristet oder
möglicherweise auf lange Dauer angelegt - noch viele unterschiedliche
Vorstellungen, ebenso über die anzustrebenden Ziele und über
zielrelevante Wirkungen. „So lange noch Unklarheiten bestehen,
wäre bei einer politisch forcierten raschen Ausweitung der
Zahl der Zusatzjobs, bei der die Ausgestaltung weitgehend den jeweiligen
lokalen Akteuren überlassen ist, ein Wildwuchs mit vielen unzweckmäßigen
Ausformungen zu erwarten”, erklärt Prof. Scherl.
Der Arbeitsmarktexperte
fürchtet, dass die in politischen Verlautbarungen herausgestellten
Ziele einer besseren Wiedereingliederung und von mehr Beschäftigung
am ersten Arbeitsmarkt dabei eher konterkariert als gefördert
werden. „Die besonderen arbeitsmarktpolitischen Chancen, die
das Konzept sozialrechtlicher Zusatzjobs bietet, würden damit
leichtfertig vertan, und der Ansatz möglicherweise vorzeitig
diskreditiert”, so Prof. Scherl weiter.
Auf der Basis
einer systematischen Darlegung von in Betracht kommenden Zielen
und dafür relevanten Wirkungsaussagen skizziert Prof. Scherl
einen konstruktiven Vorschlag für ein zweckmäßig
ausgeformtes Angebot von Zusatzjobs mit „Produktdifferenzierung”
und „Kundensegmentierung”. Er plädiert jedoch grundsätzlich
dafür, Ausbaukonzepte erst vorsichtig zu erproben, bevor man
sie auf breiter Basis und in großem Umfang umsetzt.
Das Memorandum
steht im Internet zum Download zur Verfügung:
www.sozialpolitik.wiso.uni-erlangen.de/down/zusatzjobs.pdf
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hermann
Scherl
Tel.: 0911/5302-653
scherl@wiso.uni-erlangen.de
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