Nürnberger
Arbeitsmarktexperte regt an:
Missbrauch bei Ich-AG eindämmen!
Bei der zum Jahresende anstehenden Umsetzung von „Hartz IV“
besteht nach Ansicht des Arbeitsmarktexperten Prof. Dr. Hermann
Scherl von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät
der Universität Erlangen-Nürnberg die akute Gefahr eines
massenhaften Missbrauchs von Existenzgründungszuschüssen
für so genannte Ich-AGs: Viele Empfänger von Arbeitslosenhilfe,
die ab 2005 keinen Anspruch auf das neue Arbeitslosengeld II haben,
könnten vorher noch eine Existenzgründung fingieren, um
damit für ein weiteres Jahr Geld von der Bundesagentur für
Arbeit zu erhalten. Der Bundesagentur für Arbeit drohen dadurch
erhebliche Mehrausgaben, möglicherweise sogar in Milliardenhöhe,
die sie zu Kürzungen bei anderen, sinnvolleren arbeitsmarktpolitischen
Maßnahmen zwingen würden.
Bei der bisherigen
Praxis der Leistungsgewährung können Arbeitslose, bei
denen die Arbeitslosenunterstützung ausläuft, allein schon
mit einer Absichtserklärung, dass sie eine selbständige
Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, und mit einer Gewerbeanmeldung
einen Existenzgründungszuschuss beanspruchen. Prof. Scherl
nimmt an, dass dies auch bisher schon zu missbräuchlicher Inanspruchnahme
ohne ernsthafte Existenzgründungspläne angeregt hat und
in noch viel größerem Umfang zum Jahresende 2004 dazu
anregen würde, wenn die bisherige Praxis der Leistungsgewährung
bis dahin nicht geändert wird.
Er regt deshalb
eine schnelle Änderung der Ausführungsbestimmungen zum
Existenzgründungszuschuss an. Die Bundesagentur für Arbeit
ist gesetzlich ermächtigt, die Ausführungsbestimmungen
zum Existenzgründungszuschuss durch Anordnung festzulegen.
Inwieweit sich mit neuen Ausführungsbestimmungen missbräuchliche
„Mitnahmen“ tatsächlich eindämmen lassen,
ist bei gegebener Gesetzeslage allerdings unklar. Nach Meinung von
Prof. Scherl liegt der grundlegende Fehler nämlich in der seit
Anfang 2003 geltenden gesetzlichen Regelung. Diese kann aber nun
kaum mehr bis Dezember 2004 geändert werden.
Prof. Scherl
legt seine Argumente in einer Internetpublikation in der lockeren
Form eines fiktiven Interviews mit Fragen und Antworten zum Thema
dar, unter: www.sozialpolitik.wiso.uni-erlangen.de/down/hartzfehler.pdf
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hermann
Scherl
Professur für Sozialpolitik
Tel.: 0911/5302-653
scherl@wiso.uni-erlangen.de
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