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Technische
Fakultät
Ehrendoktorwürde für zwei Pioniere der Erd-Fernerkundung
Mit Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang-Martin Boerner und Dr. Wolfgang Johann
M. Keydel verleiht die Technische Fakultät der Universität
Erlangen-Nürnberg am Freitag, 11. April 2003, 15.30 Uhr zwei
Pionieren der Erd-Fernerkundung die Ehrendoktorwürde (Hörsaal
H 9, Erwin-Rommel-Str. 60, Erlangen). Prof. Boerner, Direktor des
Communication, Sensing and Navigation Laboratory der University
of Illinois, Chicago, und Dr. Keydel, bis 2001 Direktor des Instituts
für Hochfrequenztechnik im Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen,
verhalfen mit ihrer gemeinsamen Forschungsarbeit der Fernerkundung
der Erde zu einem globalen Durchbruch und machten sie zu einem mächtigen
Werkzeug der Geowissenschaften, vor allem der Klima- und Umweltforschung.
Aus
diesem Grund wird neben Prof. Dr. Lorenz-Peter Schmidt, dem Inhaber
des Lehrstuhls für Hochfrequenztechnik, mit Prof. Dr. Uwe Treter,
Lehrstuhlinhaber für Physikalische Geographie, auch ein Geowissenschaftler
die neuen Ehrendoktoren der Technischen Fakultät würdigen.
Beide Wissenschaftler sind dem Erlanger Lehrstuhl
für Hochfrequenztechnik durch jahrzehnte lange gemeinsame Forschungen
verbunden. 1975/76 forschte Prof. Boerner zudem mit einem Stipendium
der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in Erlangen. Anlässlich
der Ehrenpromotionen findet zuvor von 10.00 bis 13.00 Uhr im Hörsaal
H 9 ein Kolloquium zur Erd-Fernerkundung statt. Eine Ausstellung
im Foyer des Zentralgebäudes der Technischen Fakultät
informiert über Fernerkundungsmissionen durch die ESA/NASA
und beim DLR.
Mit Hilfe der
Erd-Fernerkundung können Parameter des Planeten Erde aus großer
Höhe von Flugzeugen oder Satelliten bei optischen Frequenzen
und bei Mikrowellen mittels Radarrückstreuung oder radiometrisch
gemessen werden. Bei der Aussendung von Mikrowellen bilden weder
Dunkelheit noch Wolken ein Hindernis. Aus den gewonnenen Daten lassen
sich zum Beispiel die Temperaturverteilung auf der Oberfläche,
der Salzgehalt der Ozeane, die Höhe von Vulkanen und Gletschern
sowie die Schadstoffverteilung in der Atmosphäre zur Kontrolle
von Umwelt- und Klimaveränderungen bestimmen und Vorhersagen
über mögliche Erdbeben treffen.
Der große
Erfolg der gemeinsamen Arbeit von Prof. Boerner und Dr. Keydel seit
1979 liegt in einer idealen Synergie begründet. Die theoretischen
Ansätze von Prof. Boerner wurden bei der DLR unter Federführung
von Dr. Keydel in die Anwendung überführt. Die so entwickelten
polarimetrischen Radare zur Erdfernerkundung gehören zu den
weltweit besten Systemen ihrer Art. Ab Ende der sechziger Jahre
hatte Prof. Boerner unter anderem das “Polarimetrische Radar”
propagiert, das die Polarisation der Mikrowellen ausnützt.
Aus Kostengründen waren die großen internationalen Institutionen
wie NASA oder ESA zunächst sehr zurückhaltend. Dr. Keydel
als Direktor des Institut für Hochfrequenztechnik im DLR in
Oberpfaffenhofen dagegen wagte, ein erstes polarimetrisches Radar
mit physikalischer Apertur als Regenradar zu bauen und überzeugte
durch den experimentellen Erfolg bei der Beobachtung von meteorologischen
Zielen wie Regen, Hagel und Schnee. Für die heute im Fernsehen
beim abendlichen Wetterbereicht eingeblendeten “Regenradarbilder”
wurde damit der Grundstock gelegt.
Als durchschlagender
Erfolg erwies sich auch das erste flugzeuggetragene polarimetrische
und mehrfrequentielle Experimental Synthetic Aperture Radar (E-SAR).
Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des SAR, mit dem
Ziele am Boden mit hervorragender Auflösung erfassen können.
Vom DLR wurde ein System mit schneller digitaler Signalverarbeitung
entwickelt, das auf der Grundlage der Überlegungen von Prof.
Boerner bei fünf verschiedenen Modi, d.h. Mikrowellenfrequenzen,
arbeiten kann. NASA und ESA nahmen die Ideen auf. Bei verschiedenen
Space Shuttle-Missionen der NASA erhielten Dr. Keydel und sein Team
mehrmals die Möglichkeit, neu entwickelte Technologien zu erproben.
Weiterhin wurde
im DLR ein Verfahren entwickelt, mit dem sich bei geeigneter Verarbeitung
der gewonnenen Signale auch die Objekt-Höhe, zum Beispiel von
Vulkanen, bestimmen lässt. Die Lösung hierfür hieß
Interferometrie, bei der die Reflexion eines Objektes aus zwei unterschiedlichen
seitenverschobenen Positionen in einem festen Abstand zur gleichen
Zeit vermessen wird. Mit dieser Methode wurde beispielsweise im
Februar 2000 auf einer Space Shuttle-Mission die Erdoberfläche
zwischen 60° Nord und 58° Süd hochauflösend erfasst
und eine dreidimensionale Erdlandkarte erstellt.
Zur Person:
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang-Martin Boerner, geboren 1937 in Finschhafen,
Papua-Neuguinea, studierte von 1958 bis 1963 Elektrotechnik an der
TU München. Als Fulbright-Stipendiat absolvierte er von 1964
bis 1967 ein Promotionsstudium an der University of Pennsylvania.
Von 1968 an arbeitete er in verschiedenen Funktionen an der University
of Manitoba, zuletzt als Associate Professor. Seit 1978 ist er Direktor
des Communications, Sensing and Navigation Laboratory am Department
for Electrical Engineering and Computer Sciences der Univeristy
of Illinois, Chicago. Seine wissenschaftlichen Verdienste wurden
durch die Verleihung einer Vielzahl von Auszeichnungen gewürdigt,
unter anderen mit der Ehrendoktorwürde der Tomsk-Universität
und der Universität Rennes.
Dr. Wolfgang
Johann M. Keydel, geboren 1936 in Berlin, studierte von 1957 bis
1963 Physik und evangelische Theologie in Marburg, Hamburg und Stockholm.
Nach der Promotion 1967 in Marburg wechselte er 1968 als Wissenschaftlicher
Mitarbeiter zu AEG-Telefunken in Ulm, wo er zehn Jahre lang in leitender
Position mit der Entwicklung luftgestützter Radarsysteme befasst
war. 1977 übernahm er im gleichen Unternehmen die “Systementwicklung
für Sprech- und Datenfunk”. Ein Jahr später wurde
er zum Direktor des Instituts für Hochfrequenztechnik an der
Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt
(DFVLR), heute Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR),
berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 2001 in verschiedenen
Funktionen wirkte, zuletzt auch als Sprecher des “DLR Cluster
of Radio Frequency and Communication Technology”. Von 1990
bis 1994 war er zudem Gründungsdirektor der neuen aus der DDR-Kosmos-Forschung
übernommenen DLR-Institute für Plantetenforschung und
für Weltraumsensorik in Berlin.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Lorenz-Peter Schmidt
Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik
Tel.: 09131/ 85 -27214
lhft@lhft.eei.uni-erlangen.de
Mediendienst
FAU-Aktuell Nr. 3130 vom 08.04.2003
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