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Zusammenhänge zwischen Berufslaufbahn und Lebenszufriedenheit

Der Erfolg trägt zwei Gesichter

Geld allein macht nicht glücklich. Das bestätigen Jahrhunderte der menschlichen Erfahrung, seit die Geldwirtschaft sich durchgesetzt hat. Eine Variante, die besser zur heutigen Gesellschaft und ihren Werten passt, könnte lauten: Erfolg macht nicht unbedingt zufrieden. Dr. Dorothea Dette vom Lehrstuhl für Sozialpsychologie der Universität Erlangen-Nürnberg belegt sogar, dass Schritte auf den höheren Stufen der Karriereleiter von steigender Unzufriedenheit begleitet sein können. Nicht etwa, weil ein genügsames, ereignisloses Dasein ohne Herausforderungen den Menschen angemessener wäre; es kommt darauf an, was sie unter Erfolg verstehen und wie sie ihn erleben.

Berufserfolg ist ein vielschichtiges Phänomen. In ihrer Doktorarbeit „Berufserfolg und Lebenszufriedenheit“ entwickelt Dr. Dette ein Modell, das mehrere Facetten unterscheidet. Objektiver Erfolg ist demnach von außen wahrzunehmen und an festen Kriterien wie etwa Gehalt oder Delegationsbefugnis messbar. Die subjektive Einschätzung des eigenen Erfolgs kann dagegen nur das Individuum selbst treffen; hier ist eine weitere Unterteilung in subjektiv erlebten Erfolg und die Zufriedenheit mit diesem Erfolg möglich. Außerdem spielen verschiedene zeitliche Ebenen eine Rolle.

Unter Lebenszufriedenheit wird der langfristige und im Bewusstsein verankerte Teil des subjektiven Wohlbefindens verstanden. Die kürzeren und variableren positiven und negativen Affekte zählen nicht dazu. Psychologen unterscheiden zwischen globaler, allgemeiner Lebenszufriedenheit und den „Zufriedenheiten“ mit spezifischen Bereichen wie Gesundheit oder Partnerschaft.

Die Suche nach Zusammenhängen zwischen Berufserfolg und Lebenszufriedenheit unternahm Dr. Dette am Beispiel von 1200 Akademikerinnen und Akademikern, die ihr Studium an der Universität Erlangen-Nürnberg absolviert hatten. Für diese Personen lässt sich zu einem konkreten Zeitpunkt ein leicht positiver Zusammenhang zwischen Berufserfolg und Lebenszufriedenheit feststellen, der für die subjektiv als erfolgreich eingeschätzte berufliche Laufbahn ausgeprägter ist als für objektiv messbaren Berufserfolg. Eine kausale Aussage ist damit aber noch nicht möglich. Dass erfolgreiche Personen etwas zufriedener sind als weniger erfolgreiche, kann ebensogut anders formuliert werden: Zufriedene Personen sind - oder fühlen sich - etwas erfolgreicher als weniger zufriedene.

Zufriedenheit über die Jahre hinweg
Was davon Ursache ist und was Wirkung, lässt sich so nicht entscheiden. Experimentelle Studien könnten die Frage klären, aber Berufserfolg und Lebenszufriedenheit lassen sich - glücklicherweise - nicht so einfach experimentell variieren. Den Ausweg bietet eine Längsschnittanalyse, die über mehrere Zeitpunkte hinwegreicht.

Erwartungsgemäß hat diese Analyse ergeben, dass der subjektive Berufserfolg die Lebenszufriedenheit auch über die Zeit in positiver Weise vorhersagt. Anders, fast paradox, sehen die Ergebnisse jedoch für den objektiven Erfolg aus. Er sagt die Lebenszufriedenheit in negativer Weise voraus. Konkret heißt das: Ein etwa drei Jahre nach Studienabschluss gemessener objektiv höherer Erfolg führt fünf Jahre später zu geringerer Lebenszufriedenheit.

Berufserfolg macht unzufrieden? So lautet das Fazit dieser Studie dennoch nicht. Simple Erklärungen werden der komplexen Wirklichkeit nicht gerecht. Nicht der Berufserfolg an sich wirkt positiv oder negativ auf die Lebenszufriedenheit. Eine objektiv erfolgreiche Beruflaufbahn hat widersprüchliche Auswirkungen. Einerseits erhöht sie den subjektiven Erfolg. Über diesen Umweg geht ein „positiver Anteil“ in die Lebenszufriedenheit ein. Andererseits sind damit aber größere Verantwortung, lange Arbeitszeiten und mehr Hektik verbunden, die als starke Belastung erlebt werden. Dieser „negative Anteil“ senkt die Lebenszufriedenheit. Er kann das Übergewicht bekommen, beispielsweise wenn für andere Lebensbereiche zu wenig Zeit bleibt.

Karriereneulinge können aus den Ergebnissen der Studie demnach sowohl eine Empfehlung als auch eine Warnung lesen. Den Fokus allein auf den objektiven Aufstieg zu legen, macht eher unzufrieden. Nur wer seinen Berufsverlauf und die Erfolge selbst positiv einschätzt, ist auf lange Sicht zufriedener mit dem eigenen Leben. Umgekehrt funktioniert das Gespann von Erfolg und Wohlbefinden im Übrigen nicht, so weit es sich der Analyse entnehmen lässt. Zufriedene waren fünf Jahre später nicht erfolgreicher als ihre unzufriedeneren Kollegen.

Lebensverläufe von Erlanger Absolventinnen und Absolventen
Die Daten, die Dr. Dorothea Dette ausgewertet hat, stammen aus dem Forschungsprojekt zur beruflichen Laufbahnentwicklung Erlanger Absolventen (BELA-E), das unter der Leitung von Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm seit zehn Jahren am Erlanger Lehrstuhl für Sozialpsychologie läuft. Ursprünglich aus der Idee entstanden, zu klären, warum es - trotz gleichwertiger akademischer Ausbildung und über nahezu alle Fächer hinweg - immer noch sehr wenige Frauen auf deutschen Lehrstühlen und Professuren gibt, hat sich dieses Projekt zu einer umfänglichen Studie über die Lebensverläufe der Akademiker und Akademikerinnen auch im privaten Bereich entwickelt. Acht Jahre nach dem Universitätsabschluss konnten noch etwa drei Viertel der ursprünglich Befragten erreicht werden. Die Geschlechts- und Fachverteilung ermöglicht repräsentative Schlüsse auf die Absolventenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Langzeitstudie BELA-E wird weiterhin fortgeführt.

Weitere Informationen

Dr. Dorothea Dette
Lehrstuhl Sozialpsychologie
Tel.: 09131/85-24677
Dorothea.Dette@sozpsy.phil.uni-erlangen.de

 

Mediendienst Forschung-Aktuell Nr.768 vom 15.11.2005


zentrale universitätsverwaltung, pressestelle --- zuletzt aktualisiert am 12.11.2007