Zwei
Preise für die Erlanger Schmerzforschung
Schmerzursachen in Gehirn und Rückenmark
Wenn das Gehirn einem Körperteil nicht genug Raum gibt, kann
das die Schmerzempfindlichkeit ins Unerträgliche steigern.
Wenn ein Botenstoff im Rückenmark nicht an schmerzverarbeitende
Nervenzellen andocken kann, sind Entzündungen viel leichter
zu ertragen. Für diese beiden Entdeckungen zeichnet die Deutsche
Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) in diesem Jahr
einen Neurologen und eine Pharmakologin der Universität Erlangen-Nürnberg
aus. Zwei von drei Förderpreisen, die heute bei der Eröffnung
des Deutschen Schmerzkongresses 2004 in Leipzig übergeben wurden,
gehen damit nach Erlangen. Das Preisgeld beträgt jeweils 7.000
Euro.
Dr. Christian
Maihöfner, Neurologische Klinik und Institut für Physiologie
und experimentelle Pathophysiologie, hat den ersten Preis in der
Kategorie Klinische Forschung errungen. Ulrike Depner vom Institut
für Toxikologie und Pharmakologie ist der erste Preis in der
Kategorie Grundlagenforschung zugesprochen worden.
Unterrepräsentierte
Hand
Das Komplex-Regionale Schmerzsyndrom (CRPS) bedeutet für die
Erkrankten unverhältnismäßig große Schmerzen
bei leichten Verletzungen, dazu dauerhafte Schwellungen und motorische
Störungen. Dr. Maihöfner hat Veränderungen im Gehirn
von CPRS-Patienten mittels Magnetenzephalographie (MEG), einem nicht-invasiven
Verfahren, untersucht. In der zentralen Verarbeitung von Sinnesreizen
fand er eine fatale Abweichung. Jeder Teil des Körpers ist
in einer bestimmten Region des Gehirns repräsentiert, wobei
die Größe der Hirnareale die Bedeutung widerspiegelt.
Das Paradebeispiel dafür sind die Hände: Ihnen ist im
Normalfall ein überdimensionaler Bereich vorbehalten.
Überraschenderweise
ist bei CPRS an der Hand die entsprechende Repräsentation im
Gehirn geschrumpft. Das Ausmaß dieser Verkleinerung steht
nachweislich in Zusammenhang mit der Schmerzhaftigkeit der Erkrankung
und der Ausdehnung der Überempfindlichkeit. Umgekehrt nehmen
die Schmerzen ab, wenn die Größenverhältnisse korrigiert
werden. Tatsächlich lassen sich diese Veränderungen im
Gehirn auf therapeutischem Wege rückgängig machen.
Antennen
für anhaltenden Schmerz
Normalerweise verhindern bestimmte Kontrollsysteme im Rückenmark,
dass schon geringste Reize Schmerzen auslösen. Bei Entzündungen
und Verletzungen scheint diese Kontrolle nicht mehr zu funktionieren
und schon kleinste Berührungen oder Bewegungen tun weh. Ulrike
Depner und Robert Harvey konnten jetzt auf molekularer Ebene nachweisen,
wie es dazu kommt.
Bei Gewebeschädigung
bildet das Rückenmark Prostaglandine, die an die Oberfläche
von schmerzverarbeitenden Nervenzellen binden. Dort verhindern sie,
dass der Überträgerstoff Glycin seine schmerzkontrollierende
Wirkung entfalten kann. Mäuse, bei denen dieser Prozess durch
genetische Veränderung zerstört wurde, sind Entzündungsschmerzen
vergleichsweise schnell wieder los. Obwohl nicht ganz ungefährlich,
können dem Menschen in solchen Fällen Arzneistoffe von
Typ des Aspirin helfen. Die neuen Ergebnisse zeigen, wie das Aspirin
der Zukunft aussehen könnte.
Weitere Informationen
Dr. Christian
Maihöfner
Neurologische Klinik
maihoefner@physiologie1.uni-erlangen.de
Ulrike Depner
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Tel.: 09131/85 -26936
ulrike.depner@pharmakologie.uni-erlangen.de |