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startsignal für zweites gen
 

Neue Therapiemöglichkeit für eine erbliche Muskelerkrankung
Startsignal für das zweite Gen

Nur an einem Typ von Eiweißstruktur mangelt es Patienten mit einer erblichen Erkrankung, die relativ häufig auftritt und schwere Muskelschäden bewirkt. Dieses Protein steht nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, weil das zugehörige Gen, der Bauplan, in den meisten Fällen durch Mutationen beeinträchtigt ist oder sogar fehlt. Nun zeichnet sich erstmals ein Weg ab, der spinalen Muskelatrophie - einer Erbkrankheit, die tödlich verlaufen kann - zu begegnen. Die Stelle des defekten Gens könnte eine Kopie einnehmen, die zwar vorhanden, aber nicht ausreichend aktiv ist. Am Lehrstuhl für Neuropathologie der Universität Erlangen-Nürnberg hat die Arbeitsgruppe um Dr. Eric Hahnen in Zusammenarbeit mit der Humangenetikerin Prof. Dr. Brunhilde Wirth aus Köln ein Medikament ausfindig gemacht, das dieses zweite Gen in Aktion setzt.

Vor allem eine fortschreitende Muskelschwäche und der unaufhaltsame Verlust an Muskelmasse sind Merkmale der spinalen Muskelatrophie (SMA). Verantwortlich für den Muskelschwund ist eine Degeneration bestimmter Zellen im Rückenmark. Wenn ein Neugeborenes mit dieser Krankheit, die zumeist durch Mutationen bedingt ist, zur Welt kommt, ist seine Lebenserwartung gering. Die SMA gilt bisher als unheilbar.

Nun jedoch zeichnen sich Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung ab. Der Mangel, der die Krankheitssymptome auslöst, betrifft das sogenannte SMN-Protein. Die Erlanger Gruppe am Lehrstuhl von Prof. Dr. Ingmar Blümcke und die Kölner Humangenetikerin stellten fest, dass das Medikament Valproinsäure in experimentellen Schnittkulturen des Gehirns die Menge dieses Proteins erhöht. Valproinsäure wird seit Jahrzehnten für die Behandlung von Epilepsien verwendet.

Das durch Mutationen ausgeschaltete, als SMN1 bezeichnete Gen, das eigentlich die Vorlage für die Proteinproduktion abgeben sollte, lässt sich durch dieses Medikament zwar nicht aktivieren. Eine zweite Kopie des Gens (SMN2) kann aber dessen Funktion in den Nervenzellen übernehmen. Genau auf den Mechanismus der Aktivierung dieses zweiten Gens zielt die neue Therapieoption mit Valproinsäure. So hat die Identifizierung des Gendefektes und die Aufklärung des molekularen Krankheitsmechanismus bei einer erblichen Erkrankung erstmals Ansatzpunkte für eine medikamentöse Therapie erbracht.

Um die Wirksamkeit von Valproinsäure bei SMA-Patienten zu überprüfen, wurden in verschiedenen Zentren bereits klinische Studien begonnen. Ein Bericht über die zugrundeliegenden Forschungen ist im Oktober 2003 in der Zeitschrift Human Molecular Genetics erschienen, einem renommierten Fachjournal, dass sich vorwiegend mit erblichen Erkrankungen des Menschen beschäftigt.

Weitere Informationen

Dr. Eric Hahnen
Lehrstuhl für Neuropathologie
Tel.: 09131/85 -26031
hahnen@rocketmail.com

 

Mediendienst Forschung-Aktuell Nr.674 vom 10.11.2003

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