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Gesetzliche Regelung gefordert

Experten beraten auf Erlanger Ethiktag über Patientenverfügung

Zahlreiche Experten haben jetzt auf dem 6. Ethiktag des Universitätsklinikums Erlangen eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung und bessere Möglichkeiten der Beratung befürwortet. Dies sei notwendig, um der Patientenautonomie in der Praxis stärkeres Gewicht zu verleihen. Noch immer werden Patientenverfügungen in der klinischen Praxis nur unzureichend berücksichtigt und das, obwohl sie Ausdruck des Patientenwillens sind und damit bindende Wirkung haben. Aber nicht alle Fachleute sahen dies gleichermaßen. Prof. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, sieht keinen unbedingten Bedarf für die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung. Eine Verrechtlichung des Arzt-Patienten-Verhältnisses sei problematisch und durch die Regelungen der Ärztekammern z. T. nicht nötig.

Das Ende menschlichen Lebens und die würdevolle Gestaltung des Sterbens werden seit Jahren kontrovers diskutiert. Aktualität hat diese Diskussion auch durch den jüngsten Vorstoß von Sterbehilfe-Organisationen erhalten. Diese vertreten die Ermöglichung des assistierten Suizids auch in Deutschland. Häufig wird in dieser Diskussion – so auch in der aktuellen Fernsehsendung „Anne Will“ – übersehen, dass es bereits jetzt zahlreiche Möglichkeiten gibt, das individuelle Sterben durch Patientenverfügung sowie durch intensive Gespräche mit dem Arzt zu gestalten. Diese Patientenverfügungen werden in der klinischen Praxis noch immer unzureichend respektiert und berücksichtigt, da häufig die Unsicherheit groß ist, welchen rechtlichen Stellenwert sie haben. Aus diesem Grund traten zahlreiche Redner trotz der Gefahren einer möglichen Verrechtlichung der Arzt-Patienten-Beziehung für eine gesetzliche Regelung ein.

Unklare Rechtslage bei Patientenverfügungen
Prof. Dr. Andreas Frewer, Professor für Ethik in der Medizin an der Universität Erlangen-Nürnberg analysierte in seinem Einführungsvortrag grundsätzliche Positionen und Entwicklungen sowie die neuen gesetzlichen Regelungen in einigen europäischen Ländern. Dr. Gisela Bockenheimer (Frankfurt) stellte die Patientenverfügung im ärztlichen Kontext dar und hob hervor, dass es wichtig für die Ärzte sei, zu wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage sie arbeiten. Eine gesetzliche Regelung könne die Unsicherheiten in der Praxis überwinden. PD Dr. Birgitt van Oorschot (Würzburg) gab einen Überblick über die Akzeptanz und Verbreitung von Patientenverfügungen. Sie konnte u. a. aufgrund von Studien mit onkologischen Patienten zeigen, dass beim Erstellen von Patientenverfügungen das Alter und die Erkrankung eine Rolle spielen. Die Patienten selbst benötigen eine intensive Beratung, die Teil der ärztlichen Tätigkeit sei. Der Vorsitzende Richter am BGH a.D. Klaus Kutzer (Karlsruhe) berichtete über die aktuelle Rechtslage. Dabei zeigte er auch die zum Teil widersprüchlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die zu einer unklaren Rechtslage führten. Eine solche Situation sollte am besten durch den Gesetzgeber bereinigt werden. Dr. Uwe Fahr (Erlangen) beleuchtete philosophische Aspekte und die Notwendigkeit der Erhebung der Wertüberzeugungen von Patienten. In seinem Beitrag trat er ebenfalls für eine gesetzliche Regelung ein, hob jedoch hervor, dass diese nur sinnvoll sei, wenn es zu keiner Einschränkung der so genannten Reichweite der Patientenverfügung komme.

Die Diskussion um die Reichweite betrifft die Frage, ob Patienten nur für die unmittelbare Sterbesituation Festlegungen treffen dürfen oder ob sie dies für alle Erkrankungen tun dürfen, auch wenn sie bei Behandlung nicht zum Tode führen würden. Prof. Jörg-Dietrich Hoppe sah zwar keine unbedingte Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung, hob aber hervor, dass die Bundesärztekammer nicht grundsätzlich gegen eine Regelung sei, sofern sich das Gesetz dabei auf die drei Fragen beschränke. Klärungsbedürftig seien sowohl die Frage der Form (schriftliche oder mündliche Patientenverfügung), die Frage, wann ein Vormundschaftsgericht einzuschalten sei und schließlich die genaue Reichweite von Patientenverfügungen. Acht Workshops und eine abschließende Podiumsdiskussion vertieften die fachliche Diskussion.

Das Klinische Ethikkomitee wurde 2002 am Universitätsklinikum Erlangen auf Initiative engagierter Wissenschaftler und des Klinikumsvorstands eingerichtet. Das Gremium bietet ein Forum für die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen im klinischen Alltag. So beschäftigen sich Arbeitsgruppen des Ethikkomitees z. B. mit Problemen der Aufklärung von Patienten, ethischen Kon­flikten am Lebensbeginn sowie der Beratung auf den Stationen. Ärztinnen und Ärzte, Pflegende sowie Angehörige haben im Rahmen der Ethikberatung die Möglichkeit, gemeinsam schwierige Entscheidungen mit Hilfe von Moderatoren und Experten zu besprechen.

Weitere Informationen für die Medien
Dr. Uwe Fahr
Geschäftsstelle Klinisches Ethikkomitee
(Vorsitz: Prof. Dr. Dr. h.c. W. Rascher)
Tel. 09131/85-26435
uwe.fahr@ethik.med.uni-erlangen.de

Prof. Dr. Andreas Frewer
Professur für Ethik in der Medizin
Tel.: 09131/85-26431
andreas.frewer@ethik.med.uni-erlangen.de

 

uni | mediendienst | aktuell Nr. 290/2007 vom 27.11.2007


zentrale universitätsverwaltung, pressestelle --- zuletzt aktualisiert am 14.01.2008

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