Interlit - Vortragsreihe

Die kleine Reihe mit Vorträgen möchte im Vorfeld von INTERLIT 4 in das literarische Umfeld der eingeladenen Autorinnen und Autoren einführen sowie das Phänomen "Zeit" aus physikalischer, philosophischer und literarischer Sicht erkunden.

Thomas Brückner

Zwischen mündlicher Dichtung und Literatur - Die literarische Kreativität Afrikas

Montag, 15. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Der Vortrag gibt einen einführenden Überblick über die historische Entwicklung der Literaturen des subsaharischen Afrika: von den Anfängen der mündlichen Dichtung und ihren Funktionen in den alten afrikanischen Gesellschaften, über die Anfänge der Schriftlichkeit, die historischen Entwicklungsetappen und Themen bis hin zum heutigen Erscheinungsbild. Beispiele aus alten und neuen Texten, von "klassischen" und aktuellen Autoren sollen einen sinnlichen Einblick geben in Reichtum und Vielfalt der afrikanischen Literaturen, ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen und literarischen Handschriften.

Mit seinem Beitrag zur INTERLIT-Vortragsreihe möchte Thomas Brückner einladen, einen hierzulande (noch) unbekannten literarischen Kontinent zu entdecken, der sich in Erlangen, Nürnberg und Schwabach mit Zaynab Alkali aus Nigeria, Syl Cheney-Coker aus Sierra Leone, Lindsey Collen aus Mauritius, Yvonne Vera aus Zimbabwe und Lesego Rampolokeng aus Südafrika vorstellen wird.

Thomas Brückner arbeitet als Kulturvermittler, Autor und Übersetzer für afrikanische Literatur.

 

Henning Genz

Zeit und die Naturgesetze

Freitag, 19. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Uhren sind seit Jahrhunderten ein Symbol für immer gleiches gesetzmäßiges Verhalten - vom Lauf der Planeten bis zum Auf- und Untergang der Sonne. Mehr als die nicht immer ganz zuverlässig arbeitenden real existierenden Chronometer sind damit wohl idealisierte Uhren gemeint, die den Gang der Zeit zwar anzeigen, Zeit an sich jedoch nicht definieren können. Wie aber läßt sich der Lauf der Zeit physikalisch beschreiben? Wie "wirklich" ist Zeit, wenn man sie mit den Methoden der Physik untersucht? Kann Zeit am Ende auch rückwärts laufen?

Henning Genz erläutert bildhaft und einprägsam den Zeitbegriff von Leibniz und Newton über Einstein bis hin zur modernen Quantenmechanik. Insbesondere die Frage nach der Richtung des Zeitflusses, also der Unterscheidung zwischen Vergangenheit und Zukunft, spielt dabei ein wichtige Rolle. Daß Newtons Naturgesetze durchaus die zeitliche Umkehr von Prozessen erlauben würden, ist nur eine von Genz' verblüffenden Thesen.

Henning Genz ist Professor am Institut für Theoretische Teilchenphysik der Universität Karlsruhe und Autor mehrerer Fernsehfilme und naturwissenschaftlicher Fachbücher.

 

 

Michael Hase

Lauter kleine Tiger - Schriftsteller in Südostasien

Montag, 22. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Blickt man auf die literarische Sprachvielfalt in Südostasien, haben es Literatur und Leser auf europäischer Seite vergleichsweise leicht. Während in Frankreich französisch, in Deutschland deutsch und in Ungarn ungarisch geschrieben und gelesen wird, sind die Verhältnisse in den Ländern Südostasiens komplizierter. In dem kleinen Stadtstaat Singapur, der nur gut zwei Drittel so groß ist wie Berlin, gibt es vier offizielle Sprachen, nämlich Chinesisch (Mandarin), Englisch, Malay (Bahasa Malaysia) und Tamil. Ähnlich vielfältig stellt sich die sprachliche Situation im benachbarten Malaysia und auf den Philippinen dar.

Besonders gut läßt sich die multi-linguale Existenz am Beispiel der Schriftstellerin Shirley Lim, Gast bei INTERLIT 4, nachvollziehen: Shirley Lim ist chinesischer Herkunft, ihre Muttersprache ist Hokkien, geboren wurde sie jedoch in der einstigen holländischen Siedlung Malacca in Malaysia. Heute lebt sie in Kalifornien und schreibt Gedichte und Erzählungen in englischer Sprache.

Die kleine, spannende Reise mit Michael Hase zu einigen Autoren der Region möchte Neugier wecken auf die hierzulande kaum bekannte literarische Vielfalt der Länder Südostasiens.

Michael Hase ist Leiter der Abteilung "Kultur Aktuell" beim DeutschlandRadio Berlin und befaßt sich u.a. mit der Literatur Südostasiens.

 

Karlheinz A. Geißler

"Ach du liebe Zeit"

Dienstag, 23. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Als Plädoyer für neue Zeitformen möchte Karlheinz A. Geißler sein neuestes Werk "Zeit. Verweile doch, du bist so schön!" verstanden wissen. In einer Gesellschaft, in der Zeitdruck zum Normalfall geworden ist, wird die Sehnsucht nach Zeitwohlstand zum herrschenden Alltagsgefühl. In der auf Wirtschaftlichkeit und Beschleunigung ausgerichteten Gesellschaft wird sich dieses Phänomen eher noch verstärken. Verloren geht dabei der Blick auf die Bereiche "langsamer Produktivität". Zeitformen, die fruchtbar waren und immer noch fruchtbar sein können, wie das Warten, die Pausen und das Innehalten, das Trödeln und das Abschalten, geraten in die Defensive und verschwinden mehr und mehr.

Nach einem literarisch-philosophischen Streifzug durch die Zeit wird Karlheinz A. Geißler im zweiten Teil des Abends aufzeigen, wie unterschiedlich der Umgang mit Zeit in verschieden Epochen Europas gewesen ist.

Karlheinz A. Geißler lehrt in München als Professor für Pädagogik und ist Autor vieler Werke, die sich mit dem Phänomen "Zeit" beschäftigen.

 

Patricia Cerda-Hegerl

Alte Probleme, neue Fiktionen - Aktuelle lateinamerikanische Literatur

Donnerstag, 25. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Das Dilemma einer Definition der eigenen Identität gegenüber den Anderen - vor allem den Europäern - ist seit Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiges Thema in der lateinamerikanischen Literatur. So haben die bedeutendsten Romane dieses Kontinents stets mit Blick auf diese Problematik die eigene Geschichte und Kultur, das eigene Schicksal, thematisiert.

Die Entdeckung der eigenen Identität, der eigenen Welt, ist nach wie vor literarisch und politisch aktuell. Heute jedoch mit anderen Mitteln und nicht zuletzt auch auf der Basis von anderen Fiktionen. In ihrem Vortrag zur lateinamerikanischen Gegenwartsliteratur wird Patricia Cerda-Hegerl über diese neuen Fiktionen einer postmodernen, postrevolutionären, postdiktatorischen und marginalen Gesellschaft sprechen.

Patricia Cerda-Hegerl wurde in Chile geboren und lebt heute als Journalistin und Dozentin für lateinamerikanische Literatur in München.

 

Peter Gendolla

Mehr Zeit in weniger Raum - Zur Wahrnehmung von Zeit in Kunst und Literatur

Freitag, 26. September

20.00 Uhr, Kulturtreff, Helmstraße 1, Erlangen

Im Unterschied zu eher funktionalen Zeitwahrnehmungen in Alltag, Politik und Institutionen versuchen Kunst und Literatur diese Wahrnehmungen zu hinterfragen und neu zur Diskussion zu stellen. Peter Gendolla vertritt in seinem Vortrag die Hypothese, daß in den Bildern und Arrangements der Kunst eine andere Zeit komprimiert und zur Aussage gebracht wird. Ebenso verhält es sich mit den linearen Texten der Literatur, die einen anderen Raum, ein Zwischenraum, vorstellen.

Mit Thesen zum Verhältnis von Zeit und Literatur verbindet Peter Gendolla die beiden Themenstränge der Vortragsreihe.

Peter Gendolla ist Professor für Literatur, Kunst und Neue Medien an der Universität Siegen.