Interlit - Aktuell

Auf dieser Seite finden Sie ab 25. September aktuelle Meldungen der Internationalen Literaturtage 97 - Interlit 4. Vom 2. bis 8. Oktober informieren tägliche "Kongreßsplitter" über die Ereignisse bei Kongreßforen, Lesungen und anderen Veranstaltungen.



Programm für Dienstag, 7. Oktober 1997
Programm für Montag, 6. Oktober 1997
Programm für die Zeit 3. - 5. Oktober 1997
06. Oktober 1997
04. Oktober 1997
03. Oktober 1997
02. Oktober 1997
01. Oktober 1997
29. September 1997
26. September 1997
25. September 1997
Weitere Informationen

Programm für Dienstag, 7. Oktober 1997

Im Rahmen von INTERLIT 4 finden am Dienstag, 7. Oktober 1997, folgende Veranstaltungen statt:

Erlangen

Lesung im Theatercafé/Theaterstr., 16 Uhr
Magali García Ramis (Puerto Rico), Moderation Wolfgang Binder (Erlangen)

Lesung im Kulturtreff/Helmstr., 20 Uhr
Zaynab Alkali (Nigeria), Moderation Al Imfeld (Zürich)
(Yvonne Vera aus Zimbabwe mußte wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen)

Herzogenaurach

Lesung im Rathaus, 20 Uhr
Syl Cheney-Coker (Sierra Leone), Moderation Thomas Brückner (Leipzig)

Nürnberg

Lesung im Kulturladen Ziegelstein/Ziegelsteinstr., 20 Uhr
Meena Alexander (Indien), Moderation Dieter Riemenschneider (Frankfurt/Main)
(Shashi Tharoor aus Indien mußte wegen eines Sonderauftrags bei den Vereinten Nationen kurzfristig absagen)

Lesung im Zeitungscafé/Stadtbibliothek, 20 Uhr
Emile Ollivier (Haiti), Moderation Barbara Wahlster (Berlin)

Schwabach

Lesung im Evangelischen Bildungswerk/Südl. Ringstr., 20 Uhr
Githa Hariharan (Indien), Moderation Martina Michel (Hannover)


Beobachtungen von Uwe Friesel

Schreibzeit - Lesezeit

Im Park hinter dem Markgrafen-Schloß, rings im Kreis um den barocken Hugenottenbrunnen, haben die Veranstalter Gedichte aufgebaut. Die Gedichte sind auf Leinwände geschrieben, auf denen auch das Interlit 4-Logo prangt. Hübsch sehen sie aus vor dem Hintergrund aus grünem Gras und dunklem Laub. Die meisten Leute eilen vorüber, ohne hinzusehen, entweder, weil sie sie schon kennen, oder weil sie nicht daran interessiert oder in Eile sind. Man kann aber keine Gedichte in sich aufnehmen, ohne sich Zeit zu nehmen. Indes, einige treten auf den Rasen und fangen an, sich in die Texte zu versenken, die so weit gereist sind, um zu uns zu gelangen. Und einige verbinden die Texte sogar mit den Autoren, denen man ja hier und jetzt leibhaftig begegnen kann, wenn man will.

Zeitsponsor

Auf der letzten Pressekonferenz gibt Wolf-Peter Schnetz bekannt, daß er seinen Job als Kulturbeauftragter der Stadt Erlangen in nicht allzu ferner Zukunft quittieren will. Er ist selbst Autor. Daher seine Liebe für und Neugier auf Literatur. Sie haben diese Stadt zu einem der bekanntesten Literatur-Orte Deutschlands gemacht. Schade. Denn ohne ihn, steht zu befürchten, gibt es kein weiteres Interlit in Erlangen. Danke, Wolf, daß du diesem Unternehmen soviel Zeit gewidmet hast. Arbeitszeit. Lebenszeit. Zeit, die du auch für eigene Texte hättest nutzen können.

Ferne und Nähe

Da kommt Lesego Rampolokeng. Man erkennt ihn an seinem Afro-Look. Und an seiner Mütze. Letztes Mal war sie aus Wolle, diesmal ist sie aus Leder. Doch beide Male ist es eine Ballonmütze, rund und voluminös. Er will Anstoß erregen und hat es gar nicht gern, wenn man schulterklopfend mit ihm umgeht. Diesmal ist er nicht den ganzen Weg von Soweto gekommen, sondern nur die zwei Autostunden von Stuttgart, wo er auf dem Schloß Solitude eines der internationalen Stipendien innehat. Soviel näher diesmal das Ziel seiner Reise. Aber liegt nicht auch Südafrika soviel näher seit "Interlit 3"? Und ist nicht die Dithoko-Poesie, die Lesego erfindet, und die Art und Weise, wie er Rap daraus macht, einer der geheimen Gründe dafür, das die Zeiten sich ändern?

Zeit zum Mitnehmen

Meena Alexander aus Indien war so begeistert von den Lyrik-Plakaten im Schloßpark, daß sie meinte, vielleicht könne sie das ihre mit nach Hause nehmen? Warum nicht gar? Nachdem sie ihren Text den ganzen Weg von Amerika bis Erlangen transportiert hat, warum ihn nicht, ins Deutsche verwandelt, re-importieren an den Ort seiner Herkunft? Das einzige Problem wäre die schiere Größe dieses Freiluft-Souvenirs: doch vielleicht paßt es ja gerollt in ihr Fluggepäck?



Programm für Montag, 6. Oktober 1997


Erlangen

Redoutensaal, 20 Uhr
Performing Literature
Jean "Binta" Breeze (Dub-Poetin aus Jamaika/England)
Benjamin Zephaniah (Dub-Poet aus England)
Lesego Rampolokeng (Dub-Poet aus Südafrika)
Musikalische Begleitung (Trommel): Souleymane Touré (Côte d'Ivoire/Berlin)
Moderation: Michael Hase (DeutschlandRadio Berlin)

Die Künstler sind Grenzgänger zwischen Literatur, Musik und Performance.

Nürnberg

Lesung im Zeitungscafé/Stadtbibliothek, 20 Uhr
Zaynab Alkali (Nigeria), Moderation Al Imfeld (Zürich)

Lesung im Kulturladen Rothenburger Str., 20 Uhr
Sami Michael (Israel)

Schwabach

Lesung im Bürgerhaus, 20 Uhr
Rosa Regás (Spanien), Moderation Susanne Lange (Pullach)


Beobachtungen von Uwe Friesel

Mit Händen und Füßen geht´s auch

Am zweiten Tag - man hat schon zweimal zwei Stunden zugehört, mitgeredet, philosophiert - läßt die allgemeine Konzentration ein wenig nach. Man verbummelt sich beim Frühstück. Man läßt sich vor der Wand handschriftlicher Plakatgedichte fotografieren, statt sogleich in den Saal zu gehen. Ja, man vergißt die Heimatsprache und parliert mit Umstehenden mehrsprachig und mit Händen und Füßen. Ganz ohne Übersetzer. Setzt das Verstehen erst einmal ein, wird die Verständigung immer leichter.

Alte Bekannte, neue Jobs

Plötzlich lächelt mich eine junge Dame an: "Kennst du mich nicht mehr?" Es ist Nataly Bleuel, Tochter von Pit Bleuel, dem langjährigen Vorsitzenden vom "Interlit e.V." Ja, ich erinnere mich: damals jobbte sie am Info-Tisch von Interlit 2. Inzwischen hat sie Journalistik studiert und arbeitet beim SPIEGEL, an der ONLINE-Kulturseite. Als Expertin ist sie voll des Lobes über die Art und Weise, wie sich Interlit 4 im Internet präsentiert. Ja, gewiß doch - Interlit in der zweiten Generation.

Pfeifenraucher haben mehr zu bieten

Syl Cheney-Coker aus Sierra Leone ist passionierter Pfeifenraucher. Seine beiden hellbraunen Bruyère-Pfeifen werden abwechselnd geputzt und unter Dampf gehalten. "Das beruhigt und verbreitet gute Laune", sagt er paffend. "Außerdem wirkt es anziehend auf Frauen." Fragend sehe ich mich in der Runde um. Die Frauen lachen, offenbar einverstanden. Ob sie es auch mit jedem anderen Pfeifenraucher wären?

Literatur unter globalem Anpassungsdruck

Am Schluß von Forum 3 mit dem Titel "Es gibt kein unschuldiges Wort" meint Lindsey Collen aus Mauritius, seit 1989 habe auch eine Globalisierung der Literatur stattgefunden. Zensur auf landestypische Art gebe es kaum noch. Statt dessen steige weltweit der Druck der Literaturkritik auf die Literaten, nicht mehr so politisch zu schreiben. Denn politisch sei doch jetzt alles okey. Jetzt komme es aufs Literarische an. Die Bemerkung elektrisiert mich. Beschreibt sie nicht exakt das Dilemma unserer Ex-DDR-Autoren und die Haltung der gegenwärtigen deutschen Literaturkritik? Wenn die Anlässe kritischen Schreibens wegfallen, wenn statt "andere(r) Zeiten" quasi überall Gleichzeitigkeit herrscht, wie kann man sich als Schreibender noch definieren? Oder, anders gefragt, läßt sich die so oft und so vage beschriebene globale Herausforderung auch literarisch fassen?

Kein Babylon ­ den Simultandolmetschern gebührt der Dank

Die Dolmetscher auf der Empore übersetzen pausenlos und erstaunlich präzis. Das ist schweißtreibend und manchmal auch ganz unmöglich, dann nämlich, wenn die unten Sprechenden kein Mikrofon benutzen. Dann verstehen sie oben in ihren schalldichten Kabinen gar nichts mehr, sie, die doch sicherstellen wollen, daß Verständigung herrsche. Oder sie bekommen die Texte erst im letzten Augenblick, von einer atemlos emporeilenden Susanne Gumbmann, die für alles verantwortlich ist, nur nicht dafür, daß die Texte buchstäblich mit Beginn der Lesung noch einmal geändert werden. Am Schluß ist der Arbeitstag der Dolmetscher keineswegs vorbei. Da hocken sie über den Lesemanuskripten von morgen: Betonungen eintragend, Korrekturen anbringend, andere Zeiten vorbereitend.

Alte Weggefährten

Da ist auch wieder Dr. Hahlweg. Als Bürgermeister von Erlangen hat er die Wege für Interlit 2 und 3 geebnet, und es heißt, auch Nr. 4 habe er durch ein gutes Wort in Brüssel mit auf den Weg gebracht. Obwohl vor Ort nicht mehr verantwortlich, taucht er hier auf, ganz privat. Das Forum heißt "Zeit und Mythos". Al Imfeld, schweizerischer Moderator, begrüßt ihn und erinnert an gemeinsame Studienzeiten in den USA. Zeit und Mythos. Das verbindet.

So viele Schicksale

Spät abends, nach Lesungen und Diskussionen in Volkshochschulen und Bildungsstätten rings im Land, treffen alle wieder im Theatercafé ein. Dort empfängt sie der Wirt Habib Bektas mit seiner Frau. Habib, selbst Schriftsteller, geht herum, spricht mit diesem oder jenem alten Bekannten und freut sich über die friedliche Vielsprachigkeit. Wie zur Mahnung, daß es auch anders sein kann, hängen an der Wand die Tuschzeichnungen von Ali Reza Darvish, auf denen Mullahs dabei sind, Bücher als Mordinstrumente zu benutzen. Ali Reza lebt zur Zeit in Erlangen, im politischen Asyl. So viele Länder. So viele Schicksale.



Beobachtungen von Uwe Friesel,

in Stockholm lebender Schriftsteller und Übersetzer; war schon bei Interlit 2 und 3 als Begleiter und Moderator tätig und ist jetzt Sondergast bei Interlit 4.

Wozu Literatur alles gut ist

Die Eröffnung war in Nürnberg. Manche Veranstalter fürchteten, die Tafelhalle sei womöglich zu groß. Nicht für die Literaturen der Welt, die zu Gast waren. Da konnte sie gar nicht groß genug sein. Aber vielleicht fürs deutsche Publikum? Weit gefehlt! Sie war ausverkauft. Und Dr. Siegfried Balleis, Bürgermeister von Erlangen, konnte mit Befriedigung feststellen, im fränkischen Großraum Nürnberg-Erlangen-Schwabach funktioniere inzwischen sogar die kulturelle Zusammenarbeit. Da sieht man mal, wozu Literatur aus dem Großraum Asien-Afrika-Südamerika alles gut ist.

Kant auf Argentinisch

Ana Maria Shua aus Argentinien las Miniaturen über den großen Kant, der die philosophische Gewohnheit hatte, jeden nachmittag um Punkt vier Uhr spazieren zu gehen. Seine tagtägliche Pünktlichkeit spiegelte, nein, sie war die Ordnung der Welt. Verreiste er einmal (was er selten tat), brach die Weltordnung zusammen. Frau Shua sagte nicht, "in Königsberg", sondern "an sich". Das war wahrhaft kantisch, wenn auch südlich beobachtet. Uns Zuhörern zeigte es deutlich, wie lange Kant nun schon verreist ist aus dieser Welt. Vermutlich ohne Wiederkehr.

Interlit geht um die Welt

Magisch wirkt das Logo von "Interlit 4", ein in Klammern gesetztes Ausrufungszeichen. Sogar auf den überfüllten Anschlagsäulen von Nürnberg setzt es ein eigenwilliges Signal. In Erlangen ist es derzeit unübersehbar. Wer lieber in den Computerbildschirm guckt als auf Plakate, kann das Ausrufungszeichen im Internet aufspüren: <http://www.nuernberg.de/interlit> ist die Adresse. Mit Interlit im Internet konnte ich mir schon in Stockholm, wo keine Plakate klebten, ein sehr genaues Bild machen, was mich in Erlangen erwartete.

Logo auf Indisch

Githa Hariharan aus Indien hatte sich , getreu dem Interlit-Titel "Andere Zeiten", zeitgemäß verkleidet. Statt des Kumkum, des indischen Schönheitflecks, trug sie ein apartes Ausrufungszeichen auf die Stirn gemalt. Es stand ihr sehr gut.

Dichten im Exil

Essma'il Cho'i aus dem Iran lebt in England im Exil. Er schreibt Persisch, spricht Englisch und, wie sich in einem Gedicht beiläufig herausstellt, auch noch Italienisch. Merkwürdig: Nicht nur durch tausende Kilometer und ein halbes Jahrtausend ist er von seinem Geburtsland getrennt - Iran lebt zur Zeit im Mittelalter, sagt er -, sondern auch durch mehrere europäische Kulturen, durch die seine persischen Erinnerungen schlafwandlerisch hindurchgehen.

INTERLIT, oder wo man sich trifft

In Amerika gibt es einen bedeutenden Literaturpreis mit deutschem Namen, den "Neustatt-Preis", dotiert mit 40.000 US-Dollars, den die University of Oklahoma jährlich vergibt. Shirley Lim aus Malaysia, eben mit dem Flugzeug aus Santa Barbara in Kalifornien eingetroffen, berichtete am Tisch im Theatercafé, man habe sie gerade in die internationale Jury für diesen Preis gewählt. Da sagte Meena Alexander aus Indien trocken: "Da bin ich längst drin". So lernen sich internationale Jurymitglieder in Erlangen erst richtig kennen.


Programm für die Zeit 3. - 5. Oktober 1997

Im Rahmen von INTERLIT 4 finden in der Zeit vom 3. ­ 5. Oktober 1997 folgende Veranstaltungen statt:

Freitag, 3. Oktober

Erlangen

Redoutensaal, 10 Uhr
Forum 1: Jahrtausendwende?
mit Syl Cheney-Coker (Sierra Leone), Essma'il Cho'i (Iran), Ana Teresa Torres (Venezuela)
Moderation: Barbara Wahlster (Berlin)

Redoutensaal, 15 Uhr
Forum 2: Zeit und Mythos
mit Ibrahim al-Koni (Libyen), Githa Hariharan (Indien), Emile Ollivier (Haiti)
Moderation: Al Imfeld (Zürich)

(Shashi Tharoor aus Indien mußte wegen eines Sonderauftrags bei den Vereinten Nationen kurzfristig absagen)

Nürnberg

Lesung im Loni-Übler-Haus, 11 Uhr
Lindsey Collen (Mauritius), Moderation Christine Matzke (Schwalbach)

Lesung im Zeitungscafé/Stadtbibliothek, 20 Uhr
Raschid al-Daïf (Libanon), Moderation Hartmut Fähndrich (Bern)

Lesung im Kulturladen Nord, 20 Uhr
Carlos Franz (Chile), Moderation Harald Zapf (Fürth)

Schwabach

Lesung im Adam-Kraft-Gymnasium, 20 Uhr
Ana Maria Shua (Argentinien), Ingeborg Nickel (Erlangen)

Samstag, 4. Oktober

Erlangen

Redoutensaal, 10 Uhr
Forum 3: Zeitgewissen
mit Zaynab Alkali (Nigeria), Jean Arasanayagam (Sri Lanka), Lindsey Collen (Mauritius), Mario Delgado Aparaín (Uruguay)
Moderation: Ray-Güde Mertin (Bad Homburg)

Redoutensaal, 15 Uhr

Forum 4: Geschichten über Geschichte
mit Mohammed Barrada (Marokko), David Dabydeen (Guyana), Magali García Ramis (Puerto Rico), Shirley Lim (Malaysia)
Moderation: Wolfgang Binder (Erlangen)

(Germano Almeida aus Kap Verde mußte wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen)

 

Nürnberg

Finissage zur Ausstellung "Zeit - Symbiose"
Kulturladen Nord, 18 Uhr

Lesung im Zeitungscafé/Stadtbibliothek, 20 Uhr

Essma'il Cho'i (Iran), Moderation Isabel Stümpel (Frankfurt/Main)

Lesung im Kulturladen Nord, 20 Uhr
Magali García Ramis (Puerto Rico), Moderation Wolfgang Binder (Erlangen)

Schwabach

Lesung im Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium, 20 Uhr
Jean Arasanayagam (Sri Lanka), Moderation Almut Meier (Frankfurt/Main)

 

Sonntag, 5. Oktober

Erlangen

Redoutensaal, 10 Uhr
Forum 5: Aufbruch in die Zeiten
mit Raschid al-Daïf (Libanon), Sami Michael (Israel), Rosa Regás (Spanien)
Moderation: Hartmut Fähndrich (Bern)

Redoutensaal, 15 Uhr
Forum 6: Die andere zeit der Poesie
mit Meena Alexander (Indien), Carlos Franz (Chile), Ana María Shua (Argentinieni)
Moderation: Dieter Riemenschneider (Frankfurt/Main)

(Yvonne Vera aus Zimbabwe mußte wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen)

Lesung im Leimberger Haus (Friedrichstraße 9), 11.15 Uhr
Ibrahim al-Koni (Libyen), Moderation Larissa Bender (Köln)

 

Nürnberg

Lesung im Kulturladen Nord, 12 Uhr
Ana Teresa Torres (Venezuela), Moderation Willi Zurbrüggen (Heidelberg)
Lesung im Zeitungscafé/Stadtbibliothek, 20 Uhr
Githa Hariharan (Indien), Moderation Martina Michel (Hannover)



Timing ist alles

Mittwoch, 1. Oktober 1997, 10.25 Uhr. Gerade ist der Lufthansaflug LH 362 aus Frankfurt pünktlich auf dem Nürnberger Flughafen gelandet. Es ist beste Geschäftszeit, viele haben es eilig. So auch der Erlanger Oberbürgermeister Siegfried Balleis, der gerade eben via Frankfurt zurückkommt von der Deutschen Woche in Erlangens russischer Partnerstadt Wladimir. Dabei hat er wohl das kleine Empfangskomitee übersehen, das da in der Ankunftshalle wartet und das INTERLIT-Plakat in die Höhe reckt. Es gilt den ersten INTERLIT-Gästen: Meena Alexander und Githa Hariharan aus Indien, Syl Cheney-Coker aus Sierra Leone, Magali García Ramis aus Puerto Rico, Ana Teresa Torres aus Venezuela. Aus allen Himmelsrichtungen kommend, fand die INTERLIT-Reisegruppe in Frankfurt zusammen ­ und saß ab dann mit OB Balleis in derselben Maschine. Perfektes timing mit "Anderen Zeiten"? Zuviel der Ehre, reiner Zufall war's.

Einer, der INTERLIT früher über viele Hürden geholfen hatte, ließ es beim Auschecken etwas ruhiger angehen: Alt-OB Dietmar Hahlweg, ebenfalls zurück vom Wladimir-Trip, registrierte die Koinzidenz im Terminal, drückte den Gästen die Hand und wünschte allen zusammen eine schöne Zeit bei INTERLIT.

Gruppenbild mit vielen Damen

Schriftsteller sind neugierig und sie gehen gern ihre eigenen Wege: Kongreß-Fotograf Bernd Böhner hatte seine liebe Müh und Not, die INTERLIT-Gäste für ein Gruppenbild zusammenzutrommeln. Ganz normale Kaffeefahrten sind etwas leichter zu organisieren ­ schließlich aber kam das Ensemble zusammen, eifrig weiter debattierend zwar, doch insgesamt recht diszipliniert und fotogen vor der malerischen Kulisse des Schlosses Atzelsberg versammelt. Es wurde an diesem Donnerstag vor Kongreßbeginn ein Gruppenbild mit vielen Damen, obwohl neben Carlos Franz aus Chile auch die Spanierin Rosa Regás und Shirley Lim aus Malaysia noch unterwegs nach Erlangen waren.

Zuvor hatten Erlangens Kulturreferent Wolf Peter Schnetz und die INTERLIT-Vorsitzende Ray-Güde Mertin die Gäste bei einem kleinen, aber feinen Mittagessen im Schloß begrüßt. Die Stimmung war vom Start weg herzlich ­ familiär fast, genauso, wie es sich der Kulturreferent für die ganze INTERLIT-Zeit gewünscht hatte.



Kurzfristige Absage:

Shashi Tharoor, Yvonne Vera und Germano Almeida

Die Autoren Shashi Tharoor (Indien), Yvonne Vera (Zimbabwe) und Germano Almeida (Kap Verde) können nicht zu den 4. Internationalen Literaturtagen (INTERLIT 4) kommen. Sie wurden heute in Erlangen erwartet und mußten im letzten Moment absagen. Die Gründe sind gesundheitlicher und beruflicher Natur.

Folgende Programmänderung ergibt sich dadurch:

Zaynab Alkali (Nigeria) liest am Dienstag, 7. Oktober, 20 Uhr im Erlanger Kulturtreff Helmstraße anstelle von Yvonne Vera.

Die aktuelle Veranstaltungsübersicht ist hier ab morgen täglich nachzulesen.

Shashi Tharoor (41) übernahm vor wenigen Monaten eine hochrangige Position bei den Vereinten Nationen und wurde kurzfristig von Generalsekretär Kofi A. Annan abberufen, um Verhandlungen der UNO-Vollversammlung zu begleiten. Tharoor, der seit 1978 im Dienst der Vereinten Nationen steht und sich in den Jahren 1991-96 als Vermittler im Jugoslawien-Konflikt auszeichnete, hat 1989 mit seinem Roman-Debüt "Der große Roman Indiens" eine glänzende zweite Karriere als Schriftsteller begonnen.

Kurz vor INTERLIT 4 erkrankt sind Yvonne Vera (33) und Germano Almeida (52).

Yvonne Vera ist heute schon eine der angesehensten Schriftstellerinnen Zimbabwes; ihre Werke standen mehrfach in der engsten Wahl beim renommierten Commonwealth Writers Prize für Afrika, zwei ihrer Veröffentlichungen erhielten den Preis "bestes Buch" der Zimbabwe Book Publishers Association. Yvonne Vera hat vor kurzem die Leitung der Nationalgalerie Zimbabwes in Bulawayo angetreten.

Germano Almeida hat mit seinem in diesem Jahr auch auf deutsch erschienenen Roman "Das Testament des Herrn Napumoceno" einen völlig neuen Ton in die kapverdische Literatur gebracht. Wie der berühmte Brasilianer Jorge Amado beherrscht Almeida alle Spielarten der literarischen Komik. Der Film zum Roman wurde erst kürzlich auf dem wichtigsten Filmfestival Brasiliens in Gramado mehrfach ausgezeichnet.


Preisgekrönter Germano Almeida

Kurz vor Kongreßbeginn ist der Sekt schon kaltgestellt - eine Extraflasche bleibt für Germano Almeida reserviert. Der Romancier aus Kap Verden hat ein Schlückchen auf sein Wohl verdient, nachdem die gleichnamige Verfilmung von Almeidas Roman "Das Testament des Herrn Napumoceno" beim brasilianischen Filmfestival in Gramado gleich mehrere Preise gewonnen hat. Ein besonderer Erfolg, ist doch das Filmfest in Gramado das bedeutendste Festival dieser Art in Brasilien. Die deutsche Ausgabe von "Das Testament des Herrn Napumoceno" ist erst vor kurzem im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen. Insider wissen nun zu berichten, daß Germano Almeida schon einen weiteren Roman angekündigt hat: über Kap Verden als neues Hollywood.

Die Vorlieben des Benjamin Zephaniah

Butterbohnen, süße Kartoffeln und Soja-Eiskrem ißt er für sein Leben gern, Fleisch rührt er nicht an ("Ich mag es einfach nicht, Leichen zu essen!"), umgeben von Tieren würde er am liebsten aufwachen, und ein Tag, an dem er außer Menschen kein anderes Lebewesen zu sehen bekommt, ist für ihn ein schlechter Tag. Über diese und andere (Ab-)Neigungen des Dub-Poeten Benjamin Zephaniah, einem der Künstler bei "Performing Literature" am 6. Oktober im Redoutensaal, klärt die stattliche Benjamin-Zephaniah-Homepage im Internet auf. Natürlich findet der wissensdurstige "Net-Surfer" hier neben Lieblingsspeise und -witz, Lebensmotto und Idolen auch ausgewählte Lyrik des britischen Dichters. Ein literarischer Ausflug ins Internet lohnt sich also - schließlich präsentieren sich im "worldwide web" fast alle INTERLIT 4-Gäste!

Lyrisches Erlangen

Wer dieser Tage die Ortseinfahrten passiert oder im Erlanger Schloßgarten lustwandelt, kommt an INTERLIT 4 nicht vorbei: das farbenfrohe Motiv mit dem eingeklammerten Ausrufezeichen lockt Gäste aus dem gesamten Großraum zum Schriftstellerkongreß im Redoutensaal. Der Spaziergang im Erlanger Schloßpark wird zur literarischen Reise in den Süden der Welt: von Bannern entlang der Wege im Erlanger Schloßpark grüßen u.a. Essma'il Cho' i, David Dabydeen und Germano Almeida mit ihren Gedichten.


Sehr persönlicher Briefverkehr...

Die Vorbereitungen zum Kongreß halten unterdessen die OrganisatorInnen im Erlanger Projektbüro auch wenige Tage vor der Eröffnung noch in Atem. Hartnäckige Recherche ist mehr als einmal gefragt, wenn es gilt, die eingeladenen Autorinnen und Autoren in allen Teilen der Welt aufzuspüren: so versagt das weltumspannende Netz des modernen Postwesens vollständig beim Versuch, Kontakt mit Nigeria aufzunehmen: Zaynab Alkali erreichen Nachrichten aus Erlangen einzig durch Kurierdienste, während die Autorin - in offenbar begründetem Mißtrauen der heimischen Post gegenüber - wiederum ausschließlich persönlichen Boten ihre jeweiligen Antworten mitschickt, so daß sie häufig in mehrfacher Form das Erlanger Büro erreichen.

Syl Cheney-Coker im Exil

Bedrückend sind die Nachrichten von Syl Cheney-Coker, der im Mai dieses Jahres, nach einem blutigen Militärputsch, aus seiner Heimat Sierra Leone fliehen mußte. Als Verfasser kritischer Schriften gegen das Militär und Verfechter freier Wahlen in Sierra Leone nicht länger geduldet, fand Cheney-Coker zunächst in Conakry, Guinea, Asyl. Von dort schickte er im Juni ein bewegendes Schreiben an die INTERLIT 4-Organisatoren, in dem er die Teilnahme am Kongreß trotz der jüngsten Geschehnisse fest zusagte. Über Umwege war inzwischen zu erfahren, daß sich Cheney-Coker seit Anfang September bei Freunden in den USA aufhält, nachdem er zuvor bei seinem Bruder in England Zuflucht gefunden hatte.


"Andere Zeiten" - zu wörtlich genommen

Kurzfristig in Panik geriet Lindsey Collen, Autorin aus Mauritius. In Form einer E-Mail aus Erlangen (in englischer Sprache) hatte sie ihre Flugdaten erhalten. Abflug in Frankfurt Richtung Nürnberg - so stand es zu lesen - um 13.05 Uhr. Für Mrs. Collen eine "andere Zeit": nächtens um 1.05, so glaubte sie, solle ihr Anschlußflug nach Nürnberg gehen, ganze 9 Stunden, bevor ihre Maschine aus Mauritius in Frankfurt landen würde. Ein "TERRIBLE little Problem!", so ihr verzweifelter Hilferuf aus der Karibik. "Maybe, there is a misunderstanding" so die verwirrte Antwort aus Erlangen, die - diesmal glücklicherweise unter korrekter Verwendung des Zusatzes "p.m." - die mittägliche Uhrzeit noch einmal nannte und damit das "schreckliche kleine Problem" aus der Welt schaffen konnte. "Andere Zeiten" - einmal anders verstanden...

"Poster Poetry" geht um die Welt

Gut angekommen - in doppelter Hinsicht - ist das INTERLIT 4-Motivplakat - auch bei der argentinischen Lyrikerin Ana Marìa Shua: herzlichst gratuliert die Autorin zur gelungenen Gestaltung des Plakates, das bereits den ihm gebührenden Platz über ihrem Schreibtisch einnehmen durfte. Im Gegenzug freuen sich die INTERLIT 4- OrganisatorInnen über das handgeschriebene Plakatgedicht Ana Maria Shuas, deren Bitten an die "Götter der Post", das Plakat möge rechtzeitig in Deutschland eintreffen, eindeutig erhört wurden. Diese wohlmeinenden Götter scheinen derzeit weltweit zu operieren: auch die Plakat-Lyrik des Iraners Essma'il Cho'i und Lesego Rampolokengs aus Südafrika fand problemlos den Weg nach Franken, so daß die gesammelte handschriftliche "Poster Poetry" - ausschließlich Unikate, die eigens für INTERLIT 4 angefertigt werden - wie geplant auf dem Literaturkongreß zu bewundern sein wird.


Weitere Informationen erhalten Sie im Projektbüro INTERLIT 4, Karin Lippert (Tel. 09131/86-22983) und Helga Boschitz (Tel.: 09131/86-22426)