Besichtigung und Informationsveranstaltung des Instituts für Medizinische Physik

Offene Türen im Osteoporoseforschungszentrum

Das Osteoporoseforschungszentrum (OFZ) an der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nümberg lädt für Mittwoch, 19. März 1997, von 16 bis 18 Uhr zu einer Besichtigungs- und Informationsveranstaltung zum Thema Osteoporose in die Räume des Institutes für Medizinische Physik in der Krankenhausstr. 12 in Erlangen ein. Dabei werden die Forschungsprojekte und die am Institut für die Osteoporosediagnostik verfügbaren Geräte wie Computertomographie, Röntgen-Absorptiometrie und Ultraschall vorgestellt. Prof. Dr. Willi Kalender (Medizinische Physik) und Prof. Dr. Johannes Hensen (Endokrinologie und Stoffwechsel) werden in einem Vortrag in der Zeit von 16.30 bis 17.30 Uhr technische und medizinische Aspekte der Osteoporoseproblematik beleuchten.

Osteoporose ist eine chronische Erkrankung des Skeletts, die durch den Abbau von Knochensubstanz ausgelöst wird. Die Belastbarkeit des Knochens nimmt ab und in der Folge kommt es schließlich zu Knochenbrüchen. Die Osteoporose trifft vor allem ältere Mitbürger: Etwa 40 Prozent aller fünfzigjährigen Frauen und

13 Prozent aller fünfzigjährigen Männer werden im Laufe ihres weiteren Lebens eine osteoporosebedingte, oft schmerzhafte Fraktur erleiden. Wie viele Menschen in ihrer Verwandschaft oder ihrem Freundeskreis erfahren haben, bedeutet eine Fraktur für die meisten Betroffenen eine erhebliche Veminderung ihrer Lebensqualität. Insbesondere Wirbelkörper- und Oberschenkelhalsfrakturen sind oft mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Mobilität und einem nicht unerheblichen Mortalitätsrisiko verbunden.

Epidemiologische Studien vor allem aus den USA, in den letzten Jahren aber auch aus Europa belegen, daß in den Industrienationen die Osteoporose auf Grund der sich ändernden Lebensgewohnheiten und der sich rapide ändernden Alterstruktur der Bevölkerung zu einer der großen Volkskrankheiten geworden ist. Sie wird schon bald zu einer untragbaren Belastung des Gesundheitswesens führen. Zwar findet diese Tatsache in der öffentlichen Diskussion noch relativ wenig Resonanz, aber ökonomische Zahlen belegen auch für Deutschland die Brisanz des Themas. Für 1991 betrugen schon die osteoporosebedingten Behandlungs- und Versorgungskosten in den alten Bundesländern 2,3 Milliarden Mark, der volkswirtschaftliche Gesamtschaden wurde auf mindestens 3 bis 4 Milliarden Mark abgeschätzt. Im Zeitraum zwischen 1990 und 2025 wird sich allein die Anzahl der Oberschenkelhalsfrakturen, die über 50 Prozent der Kosten verursachen, bei Männern verdoppeln und bei Frauen um 50 Prozent steigern, weil zum einen der Anteil älterer Mitbürger an der Bevölkerung ständig steigt und zum anderen die Menschen immer älter werden und damit das individuelle Osteoporoserisiko wächst.

Osteoporose ist eine schleichende Krankheit: der altersbedingte Abbau der Knochensubstanz setzt etwa ab dem vierzigsten Lebensjahr ein und beträgt im allgemeinen nur 2 bis 5 Prozent pro Lebensdekade. Bei Frauen beschleunigt sich allerdings während der Menopause der Knochenabbau auf etwa 1 bis 2 Prozent pro Jahr, d. h. um den Faktor 4. Die genauen Ursachen des Knochenverlustes und damit der Osteoporose sind letztlich noch nicht geklärt. Mangelnde physische Aktivität, falsche Ernährung (vor allem Kalzium- und Vitamin D-Mangel) gehören z. B. ebenso zu den Risikofaktoren wie Alkoholmißbrauch. Ostoeporose kann aber auch durch bestimmte Stoffwechselkrankheiten oder durch die Langzeitbehandlung mit Kortison oder Steroiden ausgelöst werden.

Obwohl die Verfahren zur Ostoeporosediagnostik in den letzten Jahren verbessert und neue Therapieansätze verfolgt wurden, sind doch noch enorme Anstregungen notwendig, um für den einzelnen Patienten eine befriedigende Frakturrisikoabschätzung und eine darauf basierende individuelle Therapie realisieren zu können. Eine kosteneffiziente Prävention ist unabdingbar aus volkswirtschaftlicher Sicht, aber eine einfache Lösung, etwa in Form eines Impfstoffes, ist äußerst unwahrscheinlich. Schon die Prävention muß auf das Individuum zugeschnitten sein. Präzise diagnostische Werkzeuge sind notwendig, um sowohl über die Präventions- und Therapiestrategie als auch über Therapiekontrolle entscheiden zu können.

Vor diesem Hintergrund ist an der Universität Erlangen-Nürnberg ein Institute und Kliniken übergreifendes Osteoporoseforschungszentrum gegründet worden, das in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten einerseits und zwischen Medizinern und Naturwissenschaftlern andererseits Diagnose und Therapie der Osteoporose verbessern soll. Von seiten der Universität beteiligen sich u.a. die Medizinische Klinik I, Abt. für Endokrinologie und Stoffwechsel, die Chirurgische Klinik, Abt. für Unfallchirurgie, die Gynäkologie, Orthopädie, Pathologie und federführend das Institut für Medizinische Physik an diesem Forschungszentrum.

Forschungsziel: Neue Diagnose- und Therapiestrategien

Das primäre Ziel des Osteoporoseforschungszentrums ist, wie schon im Namen anklingt, die Forschung und Entwicklung neuer Diagnose- und Therapiestrategien. Darüber hinaus soll als Dienstleistung für den Raum Erlangen-Nürnberg eine beratende Unterstützung niedergelassener Ärzte stattfinden und die Osteoporosesprechstunde der Universität ausgebaut werden. Weiterhin stellt das Osteoporoseforschungszentrum ein breites Instrumentarium, z. B. Ultraschall, Computertomographie (CT) und Röntgen-Absorptiometrie, zur Bestimmung der Knochendichte zur Verfügung. Knochendensitometrie, insbesondere zur Verlaufskontrolle einer langzeitigen Osteoporosetherapie erfordert hochgenaue Meßergebnisse. Dieses kann in der Praxis nur durch eine standardisierte Qualitätskontrolle garantiert werden. Das Osteoporoseforschungszentrum ist an führender Stelle im internationalen Komitee zur Standardisierung der Knochendensitometrie engagiert. Prof. Kalender vom Institut für Medizinische Physik hat das European Spine Phantom, den einzigen international anerkannten Standart zur Kalibrierung von Röntgen-Absorptiometrie- und Computertomographie-Geräten entwickelt. Dank diesem Standart ist es jetzt zum ersten Mal möglich, Dichtemessungen desselben Patienten an Röntgen-Absorptiometrie-Geräten verschiedener Hersteller zu vergleichen. Z. Zt. arbeitet das Institut für Medizinische Physik im Auftrag des Standardisierungskomitees an einem Kalibrierungsstandart für den Unterarm.

Das Osteoporoseforschungszentrum entwickelt aber auch ganz neue densitometrische Meßmethoden. Im Vordergrund steht dabei der proximale Oberschenkelknochen. Obwohl Oberschenkelhalsfrakturen meist langfristige Einschränkungen für den betroffenen Patienten zur Folge haben, ist gerade am Oberschenkelknochen die Knochendichtemessung auf das projektive Verfahren DXA begrenzt. Das Osteoporoseforschungszentrum hat bereits große Fortschritte an einem CT-basierten Verfahren erzielt, das erstmalig eine separate Bestimmung von kortikaler und trabekulärer Dichte am proximalen Oberschenkelknochen zuläßt. Weiterhin wird ein CT-Protokoll zur Messung der Lockerung von Endoprothesen des Oberschenkelknochens entwickelt, mit dem die Kontaktfläche zwischen Prothese und Knochen bestimmt werden kann. Die Langzeitprognose über die Haltbarkeit der Prothese soll damit wesentlich verbessert und bei Lockerung eine eventuelle frühzeitige Intervention abgesichert werden.

Neben den Knochendichtemessungen, die aber das Frakturrisiko nicht ausreichend vorherbestimmen können, steht weiterhin die Struktur- und die biomechanische Analyse des Knochens im Vordergrund. Der Einfluß der Spongiosa auf die Bruchfestigkeit des Knochens ist noch nicht vollständig bekannt. Hier ergeben sich faszinierende neue interdisziplinäre Forschungsansätze. Neue Meßverfahren, wie z. B. Ultraschall, können vielleicht weiterhelfen. Das Osteoporoseforschungszentrum wird klinische Pilotstudien initialisieren, um neue Diagnoseverfahren zu validieren, die letztendlich allen von der Osteoporose Betroffenen zu einer angemesseneren Therapie verhelfen und den betreuenden Ärzten verbesserte Hilfsmittel an die Hand geben sollen.

Patienten gesucht

Im Bereich der Thearpie wird das Osteoporoseforschungszentrum in einem Verbund weltweiter Osteoporosezentren placebokontrollierte Patientenstudien im Bereich der Osteoporosetherapie und -prävention zur Verifizierung der Effizienz neuer Medikamente betreuen. Zur Zeit nimmt das Osteoporoseforschungszentrum bereits an einer Studie teil, in der die osteoanabole Wirkung von Strontium an Patienten mit Osteoporose untersucht werden soll. Dazu werden geeignete Patienten gesucht, die postmenopausal und älter als 50 Jahre sein müssen sowie mindestens eine Fraktur eines Ledenwirbelkörpers aufweisen. Geeignet sind auch Patienten älter als 75 Jahe mit einer wesentlich verminderten Knochendichte. Weitere Informationen zu diesem Projekt können Patienten unter der Rufnummer 09131/85 -23999 erhalten.

Kontakte:
Institut für Medizinische Physik, Prof. Dr. Willi A. Kalender, Krankenhausstr. 12,
91054 Erlangen, Tel. 09131/85 -22310, Fax: 09131/85 -22824


Mediendienst Aktuell Nr. 1463 vom 14.3.1997

Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle) pressestelle@zuv.uni-erlangen.de
Stand 14.3.1997