Hochdotierte Auszeichnung für neue Erkenntnisse über Supraleitung

Rudolf-Kaiser-Preis für Erlanger Nachwuchsphysiker

 
Dr. Reinhold Kleiner, Assistent am Physikalischen Institut III (Supraleitung), erhält den Rudolf-Kaiser-Preis 1997. Der mit 60.000 Mark hochdotierte Preis wird jährlich an einen jüngeren Physiker vergeben, der noch nicht auf einen Lehrstuhl berufen ist. Ausgezeichnet werden dabei herausragende Forschungsarbeiten und Publikationen auf dem Gebiet der Experimentalphysik. Der Preis wird am Freitag, 21. November 1997, im Rahmen einer Akademischen Feier von Prof. Dr. Dr.-Ing. Gunnar Berg, Vorsitzender des Beirats der Rudolf-Kaiser-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, überreicht. Die Laudatio hält Prof. Dr. Paul Müller, Geschäftsführender Direktor des Physikalischen Instituts der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Preisverleihung, an der auch Rudolf Klinger, Staatssekretär im Bayerischen Kultusministerium, teilnehmen wird, beginnt um 10.15 Uhr im Hörsaal H des Hörsaalgebäudes für Biologie und Physik, Staudtstraße 4, in Erlangen.
 
Supraleitung tritt bei vielen Metallen oder metallischen Verbindungen auf. Wenn diese Materialien zu tiefen Temperaturen gekühlt werden, kann der Strom unterhalb einer gewissen "Sprungtemperatur" völlig widerstandsfrei fließen (Supraleitung). Dieses Phänomen, das 1911 erstmals entdeckt wurde, war bis vor etwa zehn Jahren auf Temperaturen unterhalb von - 250 °C beschränkt und konnte nur unter Einsatz flüssigen Heliums als Kühlmittel beobachtet werden. Die 1986 durch J. G. Bednorz und K. A. Müller entdeckten Hochtemperatursupraleiter weisen Sprungtemperaturen von - 180 °C oder darüber auf, was die Kühlung durch vergleichsweise billigen und leicht handhabbaren flüssigen Stickstoff erlaubt.
 
Bis heute ist nicht geklärt, durch welchen Mechanismus die Hochtemperatursupraleiter ihre hohen Sprungtemperaturen erhalten. Vieles deutet aber darauf hin, daß dieser Mechanismus völlig anders als in den wohlverstandenen konventionellen Supraleitungen ist. Dort führt die Wechselwirkung von Leistungselektronen mit den Ionen des Kristallgitters zur Supraleitung. Die derzeit favorisierten Theorien für Hochtemperatursupraleiter machen dagegen magnetische Wechselwirkungen für das Zustandekommen der Supraleitung verantwortlich. Als Konsequenz wäre die Supraleitung auf ungewöhnliche Weise von der Kristallrichtung abhängig. Im Gegensatz dazu hängt der Stromtransport in konventionellen Supraleitern kaum von der Kristallrichtung ab. Durch die experimentelle Klärung dieser Richtungsabhänigkeit erhofft man sich Aufschluß darüber, welche Theorie die richtige ist.
 
Durch Experimente verschiedener Gruppen konnte Dr. Reinhold Kleiner zeigen, daß tatsächlich der unkonventionelle Zustand vorzuliegen scheint. In den von ihm durchgeführten Experimenten, bei denen ein Hochtemperatursupraleiter in Kontakt mit dem konventionellen Supraleiter Blei gebracht und der Stromfluß zwischen diesen Materialien untersucht wurde, zeigte sich jedoch zweifelsfrei, daß neben der unkonventionellen, richtungsabhängigen Supraleitung zusätzlich eine richtungsunabhängige (konventionelle) Komponente vorhanden sein muß. Dieses Resultat ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die neue Theorie diese Komponente nicht erklären kann. Die vorhandenen Vorstellungen müssen also erweitert werden, um beide Komponenten zu klären.
 
Kontakt:
Physikalisches Institut III, Dr. Reihold Kleiner, Erwin-Rommel-Straße 1, 91058 Erlangen,
Tel.: 09131/85 -27408, Fax: 09131/15249, E-Mail: kleiner@physik.uni-erlangen.de
 
 
Mediendienst AKTUELL Nr. 1571 vom 14.11.1997

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Stand: 17.11.1997