Der "Golden Helix Award 2000" geht nach Erlangen
Am 22. November 2000 wurde einem interdisziplinären "Team"
der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg
im Beisein von Gesundheitsministerin Andrea Fischer sowie zahlreicher
Ehrengäste aus Forschung, Verwaltung und Politik der "Golden
Helix Award 2000" für Qualitätsverbesserungen
im Gesundheitswesen verliehen. Die Ausschreibung für diese
Auszeichnung lief in Deutschland und Österreich.
-
- Dieser Qualitätspreis des Europäischen
Gesundheitswesens, des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands
und der Firma Agilent Technologies dient der Entwicklung von
Innovationen zur Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen.
Das Team der Universität Erlangen-Nürnberg, bestehend
aus experimentell und klinisch tätigen Medizinern, Klinischen
Pharmazeuten und Informatikern, entwickelte unter der Leitung
des Pharmakologen Prof. Dr. Dr. h.c. Kay Brune ein erfolgreiches
und kostengünstiges System zur Verminderung und Vermeidung
von unerwünschten Arzneimittelwirkungen.
-
- Dieses System fußt auf einer Projektidee,
die während des Aufenthaltes von Prof. Dr. Micha Levy, Hadassah
Universität Jerusalem, Israel, am Institut zusammen mit
Prof. Dr. Brune entwickelt wurde. Den beiden Pharmakologen war
schmerzlich bewußt, dass in allen industrialisierten Ländern
der westlichen Welt unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei
etwa 25 Prozent aller stationär behandelten Patienten auftreten
und bei intensiv therapierten, multimorbiden Patienten zu einer
der häufigsten Todesursachen gehören. Unerwünschte
Arzneimittelwirkungen bedingen zahlreiche Klinikeinweisungen,
verlängerte Klinikliegezeiten und Todesfälle und damit
Kosten für das Gesundheitswesen in Milliardenhöhe.
-
- Die Ursachen für die überwiegend
vermeidbaren unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind vielfältig.
Die komplexen Grundkrankheiten der meist älteren Patienten
tragen genauso dazu bei wie die differenzierten pharmakotherapeutischen
Möglichkeiten und die vielfältigen, kaum zu übersehenden
Eigenschaften der rund 10.000 in Deutschland verwendeten Arzneimittel.
Micha Levy und Kay Brune kamen zu dem Schluss (ähnliche
Überlegungen finden sich auch bei anderen Autoren), dass
nur mit Hilfe von computergestützten Analysen von Patientendaten
in Vernetzung mit dem neuesten
wissenschaftlichen Erkenntnisstand - unter Wahrung der gebotenen
Anonymität - Abhilfe geschaffen werden kann.
-
- Das jetzt prämierte System wurde von
den jungen Kollegen Manfred Criegee-Rieck, Dr. Harald Dormann,
Dr. Sabine Krebs und PD Dr. Thomas Schneider zusammen mit mehreren
Doktoranden weiter entwickelt und gebrauchsfähig gemacht.
Es gleicht alle patientenbezogenen, in der Klinik erhobenen Daten
mit den Informationen über die verwendeten Arzneimitteln
ab, registriert sowohl Abweichungen von vorgegebenen Sollwerten
als auch Trends hin zu Abweichungen und weist damit die behandelnden
Ärzte und das sie unterstützende pharmakoepidemiologische
Team auf möglicherweise bedrohliche Entwicklungen hin. Es
vermittelt darüber hinaus den behandelnden Ärzten einen
Überblick über die in der Weltliteratur bekannten,
patientenrelevanten Informationen. Auf diesem Hintergrund ist
es möglich, Risikosituationen zu vermeiden oder bereits
aufgetretene riskante Arzneimittelreaktionen frühzeitig
zu erkennen und therapeutisch zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere,
weil die Erprobung des Systems gezeigt hat, dass:
-
- · zahlreiche unerwünschte Arzneimittelwirkungen
vermeidbar und frühzeitig therapierbar sind. Nur mit Hilfe
dieses System werden fast alle rechtzeitig erkannt.
-
- · die Kosten pro Klinikbett pro Jahr
in einer internistischen Abteilung statistisch um etwa 1.000
Mark pro Patient, d.h. 30.000 Mark pro Bett und Jahr oder bis
zu drei Millionen Mark bei einer 100-Betten-Klinik mit Hilfe
des Systems vermindert werden können.
-
- · Todesfälle und zusätzliches
Leid durch das System abnehmen.
-
- · die Fähigkeit der behandelnden
Ärzte, unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu verhindern,
frühzeitig zu erkennen und wirksam zu therapieren, durch
das System deutlich verbessert wird.
-
- Die flächendeckende Implementierung
dieses Systems in der Bundesrepublik könnte ohne wesentliche
Kosten zu Einsparungen in Millionen- bis Milliardenhöhe
führen. Es würde zur Reduktion von Leiden und Todesfällen
beitragen und darüber hinaus zur Aufdeckung neuer, bisher
unbekannter unerwünschter Arzneimittelwirkungen sorgen.
-
- Alle bisherigen Untersuchungen konnten nur
mit Hilfe der tatkräftigen Unterstützung von zwei Erlanger
Universitäts-Kliniken, der Medizinischen Klinik I (Direktor
Prof. Dr. Eckhart Hahn) und der Pädiatrie (Prof. Dr. Wolfgang
Rascher), implementiert werden.
-
- ·Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dr. h.c. Kay Brune, Lehrstuhl für Pharmakologie
und Toxikologie
Emil-Fischer-Zentrum, Fahrstr. 17, 91054 Erlangen
Tel. 09131/85 -22292, -22293
- Mediendienst aktuell Nr.2217vom 23.11.2000
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit
(Pressestelle) pressestelle@zuv.uni-erlangen.de