Klinik mit Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie


Eröffnung der Gedächtnisambulanz


Klinik mit Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Kornhuber eröffnet zum Welt-Alzheimer-Tag am Donnerstag, 21. September 2000, ihre Gedächtnisambulanz. Die Gedächtnisambulanz ist Teil der Poliklinik der Psychiatrischen Universitätsklinik. Sie wird von Prof. Hellmut Erzigkeit zusammen mit dem Oberarzt der Poliklinik geleitet. Gedächtnissprechstunden finden jeden Dienstag und Donnerstag statt. Anmeldungen können bei Christel Beck, Tel.: 09131/85 -34597 oder über die Ambulanz von Prof. Kornhuber bei Ursula Brinkert, Tel: 09131/85 -34166 erfolgen.
 
Die Gedächtnissprechstunde steht allen Rat suchenden Patienten, ihren Angehörigen oder Partnern, offen. Den niedergelassenen Allgemeinärzten und Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, Geriatern oder auch klinischen Psychologen wird Unterstützung angeboten, wenn beispielsweise der zur Diagnosesicherung notwendige apparative oder labortechnische Aufwand die Praxismöglichkeiten übersteigt oder eine kognitive Leistungsuntersuchung nicht möglich ist.
 
Mit dem Welt-Alzheimer-Tag am 21. September soll mehr Aufmerksamkeit auf diese schwere und zunehmend häufiger auftretende Demenzerkrankung gelenkt werden. Der Welt-Alzheimer-Tag wurde von der Internationalen Alzheimer-Gesellschaft ausgerufen. In dieser Gesellschaft sind mehr als 30 nationale Alzheimer-Gesellschaften vereint. Die Ziele der internationalen, nationalen und lokalen Alzheimer-Gesellschaften sind die erfolgreiche Behandlung von Patienten mit Morbus Alzheimer, die Verbesserung ihrer Lebensqualität und die damit verbundene Entlastung ihrer Familien. Dies wird durch Wissens- und Erfahrungsaustausch, Anleitung von Laien und professionellen Berufsgruppen und durch Unterstützung wissenschaftlicher Untersuchungen zu allen Aspekten der Alzheimer-Demenz zu erreichen versucht.
 
Zur Zeit der Erstbeschreibung durch Alois Alzheimer war die nach ihm benannte Erkrankung eine Rarität. Die dramatische Zunahme der Alzheimer-Demenz in den letzten Jahrzehnten ist nicht etwa die Folge von Umweltverschmutzung oder ungesunder Lebensweise, sondern weitgehend auf die Zunahme unserer Lebenserwartung zurückzuführen Die Lebenserwartung ist in den westlichen Ländern in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Kehrseite dieser erfreulichen Entwicklung ist aber eine dramatische Zunahme von altersgebundenen Erkrankungen, zu denen die Demenzen und darunter, als vermutlich größte Gruppe, der Morbus Alzheimer zu zählen sind.
 
Was bedeutet Alzheimer-Demenz?
Die Erkrankung wurde zuerst von dem fränkischen Arzt Alois Alzheimer beschrieben. Die Alzheimer-Demenz ist durch fortschreitende Abnahme der geistigen Leistung und Persönlichkeitsveränderungen gekennzeichnet. Der Krankheitsverlauf ist durch wachsende Hilflosigkeit der Patienten geprägt. Die zunehmende Unfähigkeit sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden zwingt die Patienten in die Isolation bis hin zur vollständigen Abhängigkeit von pflegenden Mitmenschen. Am Ende der Erkrankung folgt der Tod nach Zerstörung aller das Individuum oder die Persönlichkeit des Patienten ausmachenden Merkmale oder Eigenschaften. Dieser Zerstörungsprozess beginnt mit Veränderungen des zentralen Nervensystems, die lange vor jeder klinischen Manifestation beginnen. Der schleichende Krankheitsbeginn macht die Diagnose sehr schwierig. Am Anfang der Erkrankung werden von Patienten Minderungen ihrer psychischen Leistungsfähigkeit, Abnahme von Interessen oder die Aufgabe von Hobbies berichtet, bevor diese Veränderungen in der sozialen Umwelt der Patienten wahrgenommen wurden. Häufiger jedoch scheinen es die Angehörigen, engen Freunde oder Partner zu sein, die erste Veränderungen bei den Patienten bemerken. Diese betreffen vor allem Einbußen von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen, die sich beispielsweise durch zunehmende Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben bemerkbar machen, Aber auch Persönlichkeitsveränderungen sind schon in frühen Stadien der Erkrankung feststellbar; den Patienten typisierende Charaktermerkmale spitzen sich zu.
Es gibt keinen einfachen diagnostischen Test für die Alzheimer-Erkrankung. Die klinische Diagnose einer Alzheimer-Demenz wird durch den Einsatz neuropsychiatrischer und psychometrischer Untersuchungsmethoden gestützt; die Grundlage bildet jedoch das ärztliche Gespräch mit dem Patienten und dessen Angehörigen.
 
Entstehung der Alzheimer-Demenz
Der Alzheimer-Demenz liegt ein langsam fortschreitendes Absterben der Nervenzellen im Gehirn und der Verbindungen zwischen ihnen zugrunde. Die Ursachen der Alzheimer Demenz sind nicht endgültig verstanden, obwohl in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt worden sind. Die Forschung konzentriert sich heute auf von außen zugeführte oder vom Körper selbst gebildete Zellgifte, infektiöse Einflüsse, genetische Mechanismen und zelluläre Energieversorgungsstörungen. Auch die schon von Alzheimer im Gehirn gefundenen charakteristischen Veränderungen, die Plaques und Neurofibrillenbündel, sind weiterhin Gegenstand intensiver Forschung. Die Zellen des Gehirns gehen nicht gleichmäßig über das Gehirn verteilt zugrunde, sondern zuerst in bestimmten Regionen, wie den Schläfenlappen. Dies führt zu charakteristischen Veränderungen der neuronalen Botenstoffe. Hervorzuheben ist eine Verarmung am Neurotransmitter Azetylcholin, mit dem Erregungsimpulse von einer Nervenzelle zur anderen übertragen werden.
 
Behandlung
Mit den für die Therapie zur Verfügung stehenden Medikamenten können kognitive Leistungsfähigkeit, Alltagskompetenz und schließlich die Lebensqualität der Patienten in vielen Fällen verbessert oder über längere Zeiträume stabil gehalten werden. Da es sich um eine langsam fortschreitende Erkrankung handelt, ist eine Verzögerung des Krankheitsprozesses und eine Milderung der Krankheitssymptome Ziel der Behandlung. Die heute zur Verfügung stehenden Medikamente mit bekanntem Wirkungsmechanismus umfassen Kalzium-Kanal- und Glutamatrezeptor-Hemmer, Substanzen die zu einer vermehrten Freisetzung von Azetylcholin führen und sogenannte Radikalfänger, die toxische Abbauprodukte aus dem Stoffwechsel des Gehirns unschädlich machen. Derzeit befindet sich weltweit eine Reihe neu entwickelter Medikamente in Erprobung.
 
Eröffnung der Gedächtnissprechstunde der Psychiatrischen Universitätsklinik
Seit dem 1.6.2000 wird die Psychiatrische Universitätsklinik mit Prof. Dr. Johannes Kornhuber von einem Direktor geleitet, zu dessen Forschungsschwerpunkten die Alzheimer Krankheit zählt. Die Wiedereröffnung der Gedächtnisambulanz war eines seiner primären Ziele im Rahmen der Umorganisation der Klinik. Die Gedächtnisambulanz nimmt ihren Betrieb am 21.9.2000, dem Welt-Alzheimer-Tag, auf. Neben der Behandlung erkannter dementieller Störungen zählt die Frühdiagnostik und damit die frühest mögliche Behandlung kognitiver Leistungsstörungen und dementieller Erkrankungen wie dem Morbus Alzheimer zum Hauptaufgabenbereich der Arbeitsgruppe.
 
Traditionell wird die Diagnose "Alzheimer" durch Ausschluß anderer dementieller Erkrankungen gestellt. Moderne neuropsychiatrische Untersuchungstechniken, von denen vor allem testpsychologische Untersuchungen, Bildgebung und laborchemische Untersuchungen zu nennen sind, erlauben jedoch schon in sehr frühen Erkrankungsstadien die Diagnose der Alzheimer-Krankheit. Hierzu steht neben einem neurochemischen Labor mit speziellen Testangeboten, ein modernes Sensoriklabor unter der Leitung von Dr. Norbert Thürauf mit einem Ionenkanalmeßplatz mit der Möglichkeit zur gleichzeitigen Ableitung von Hirnstromaktivitäten nach Geruchsreizung zur Verfügung. Durch enge Kooperation mit den Kliniken und Institutionen der Medizinischen Fakultät lassen sich auch schwierige diagnostische Fragestellungen entsprechend dem aktuellen Stand der Forschung bearbeiten.
In der Alzheimer-Forschung gelang gerade in den letzten 10 bis 15 Jahren ein bemerkenswerter Erkenntnisfortschritt, der schon Eingang in die klinische Praxis, beispielsweise durch die Entwicklung wirksamer Medikamente, gefunden hat. Dennoch gibt es einen großen Forschungsbedarf. So werden zu den Aufgaben der Gedächtnisambulanz auch Forschungsprojekte zählen, die in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern beispielsweise auf den Gebieten der Frühdiagnose oder Therapieevaluation weitergeführt beziehungsweise neu eingerichtet werden.
 
Weitere Gedächtnisambulanzen in der Region
In diesem Zusammenhang kann auf bereits eingerichtete Gedächtnisambulanzen verwiesen werden. In Erlangen unterhält beispielsweise Prof. Schneider, Direktor des Klinikums am Europakanal eine Gedächtnisambulanz. In Nürnberg hat in diesem Jahr Dr. Niklewski, Direktor der Psychiatrischen Klinik, Klinikum Nord, eine Gedächtnisambulanz eingerichtet, mit der eine enge Kooperation besteht. Die Alzheimer Gesellschaft Mittelfranken e.V. hat ihren Sitz in Nürnberg; dort erhalten Angehörige unter anderem Beratung und Hilfsangebote bei Betreuungsfragen.
 
· Weitere Informationen:
Klinik mit Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Prof. Dr. Johannes Kornhuber
Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen
Tel. 09131/85 -34160, Fax: 09131/85 -34862
E-Mail: direktion@psych.imed.uni-erlangen.de
Internet: www.psych.med.uni-erlangen.de
 
Mediendienst FAU-Aktuell Nr. 2166 vom 19.09.2000

Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle) pressestelle@zuv.uni-erlangen.de
Stand: 19.09.2000