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- Umwelt: Auswirkungen des El Niño-Phänomens
auf die Vegetation in der Sechura-Wüste in Nordperu
Pflanzengesellschaften im Wartestand
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- Das viel erforschte, aber noch immer nicht
ganz erklärte El Niño-Phänomen zeigt sich in
der Sechura-Wüste in Nordperu durch stark erhöhte Niederschläge.
Während des letzten Jahrhundert-Niño-Ereignisses
von 1997/98 lagen die Niederschläge um bis zu 7000% über
dem Durchschnitt. Die von Prof. Dr. Michael Richter (Institut
für Geographie der Universität Erlangen-Nürnberg)
vor, während und nach diesem "Hyper-Niño"
erhobenen Daten wurden von Michaela Block graphisch aufbereitet.
Sie zeigen den Einfluß der erhöhten Niederschläge
auf die Vegetation.
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- Durch sehr gute Vorhersagen war es möglich,
schon im Oktober 1997, vor dem Einsetzen des El Niño,
25 Untersuchungsflächen an fünf Standorten einzurichten.
Eine umso glücklichere Situation, als sich das Ereignis
zu einem Jahrhundert-Hyper-Niño entwickelte. Die Flächen
wurden im folgenden jeweils im März und im Oktober kontrolliert.
Ziel ist die Erfassung der El Niño-bedingten Veränderung
der Pflanzengemeinschaften.
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- Das El Niño-Phänomen tritt in
unregelmäßigen Abständen von mehreren Jahren
um die Weihnachtszeit auf. Dieses seit langem bekannte "Christkind"
wurde in zahlreichen Arbeiten untersucht, wobei bis heute die
genauen Gründe für das Einsetzen der El Niño-Situationen
nicht geklärt sind. Weitgehend bekannt sind dagegen die
zugrunde liegenden Mechanismen. Eine Umstellung der ozeanisch-atmosphärischen
Zirkulation im tropischen Pazifik führt zu einer Ostwertsverlagerung
warmer Wassermassen aus dem Westpazifik. Hierbei wird das Aufsteigen
des kalten Wassers im Humboldt-Strom vor der Küste Südamerikas
unterdrückt. Dadurch können die feuchtwarmen Luftmassen,
die sonst an dieser Wetterbarriere aufgehalten werden, ungehindert
auf die Küste treffen und sich dort abregnen. Das führt
in El Niño-Jahren zu sehr starken Niederschlägen
während der sonst nur sehr schwach ausgeprägten Regenzeit
des Südsommers (Januar-März). Besonders stark treffen
diese Verhältnisse den sehr trockenen Bereich Nordperus.
Während des letzten Ereignisses 1997/98 überstiegen
dort die Niederschläge den langjährigen Mittelwert
um bis zu 7000%.
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- Bei der Auswahl der Untersuchungsstandorte
wurden zum einen Bodenunterschiede berücksichtigt: Hammada
(Steinwüste), Sserir (Kieswüste), Erg (Sandwüste),
zum anderen ein Gradient zunehmender Feuchte von der Küste
zum Inland: Paita, Piura und Chulucanas. Zur Charakterisierung
der Vegetationsdynamik wird hier exemplarisch der Standort Chulucanas
herangezogen. Er befindet sich etwa 80 km von der Küste
entfernt in 175 m ü. NN und weist in Normaljahren mittlere
Niederschläge um 200 mm/Jahr auf. Die Pflanzendecke ist
eine weitständige Baumsavanne.
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- Im April 98 zeigt sich, daß neben dieser
Grundgesellschaft eine zusätzliche "Gesellschaft im
Wartestand" existiert, die nur nach Niño-Ereignissen
(1997/98 in Chulucanas 1800 mm) auftritt. Erstaunlicherweise
handelt es sich bei den neu auftretenden Arten nicht um speziell
angepaßte Einheimische dieses Ökosystems, sondern
vielmehr um Ruderale (Pflanzen der Schuttplätze und Wegränder)
aus ganz Mittel- und Südamerika oder sogar Europa und Afrika.
Der spontane Anstieg der Vegetationsbedeckung nach den Niederschlägen
geht in erster Linie auf Therophyten (Einjährige) zurück,
deren Auftreten jedoch kurz ist. Chamaephyten (Zwergsträucher)
reagieren verzögert und langfristiger. Phanerophyten (Sträucher
u. Bäume) profitieren am längsten von den Niederschlägen,
da die Arten über ein weitläufiges Wurzelsystem verfügen,
und auf die erneuerten Grundwasservorräte zurückgreifen
können. Das verstärkte Wachstum ist bei ihnen auch
nach zwei Jahren noch deutlich erkennbar.
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- Regen als Ursache für Feuer
- Die hohe Ansammlung von vertrockneter Phytomasse
ermöglicht in der folgenden Trockenzeit Brände, in
deren Folge eine weitere charakteristische Krautgesellschaft
aufkommt - eine zweite "Gesellschaft im Wartestand".
Post-Niño-Feuer müssen also als systemimmanente Störung
angesehen werden. Einem regenbringenden Niño-Jahr folgt
häufig ein Jahr mit ungewöhnlich kühlem Winter:
La Niña. Arten, die im Oktober 1999 erstmals auftreten,
scheinen auf diese Kälte zu reagieren und können als
Fragmente einer dritten Gesellschaft im Wartestand gesehen werden.
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- Als Fazit ist herauszustellen, daß
El Nino nicht nur einen Boom-Effekt schafft, sondern die Folgegemeinschaften
auch ein Störungs-Regime bilden können. Offen ist noch,
ob der Vegetationszustand letztendlich wieder das Ausgangsstadium
erreicht. Es ist jedoch davon auszugehen, da sich an dem Wüstenklima,
das in Normaljahren das Pflanzenwachstum begrenzt, wahrscheinlich
nicht so schnell etwas ändern wird. Verschiedene Untersuchungen
deuten jedoch darauf hin, daß die extrem starken "Hyper"-Niños
in zunehmend kürzeren Abständen auftreten. Ist das
der Fall, so tritt auch diese ungewöhnlich dichte Vegetationsbedeckung
häufiger auf. Langfristig führt das zu einer Veränderung
des Arteninventars, da neue Ruderale hinzukommen, die sich auf
neue Niño-Intensitäten einstellen.
- · Kontakt:
Michaela Block, Prof. Dr. Michael Richter
Institut für Geographie, Kochstraße 4/4, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -22015
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Stand 12.9.2000