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- Technik in der Medizin: DFG fördert FAU-Projekt
Digitale Experten für Epilepsie-Monitoring
- Fast ebenso sicher wie ein menschlicher
Experte kann das automatische Analysesytem TEMPLAS aus den Aufzeichnungen
gemessener Hirnstrompotentiale Auffälligkeiten erkennen,
wie sie für Epilepsien typisch sind. Die neue Software spart
Zeit bei den umfangreichen Voruntersuchungen von Epilepsie-Patienten,
die für einen chirurgischen Eingriff in Frage kommen, und
hilft Störungsherde einzugrenzen, die Anfälle auslösen.
TEMPLAS ist eines von mehreren Programmsystemen für erweitertes
Epilepsie-Monitoring, die die Arbeitsgruppe Biokybernetik unter
der Leitung von Prof. Dr. Manfred Spreng am Institut für
Physiologie I der Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt
hat. In enger Zusammenarbeit mit dem Zentrum Epilepsie Erlangen
(Leiter: Prof. Dr. Hermann Stefan) an der Neurologischen Klinik
der FAU wurde die prächirurgische Epilepsiediagnostik somit
ein gutes Stück vorangebracht.
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- Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
sind in sechsjähriger Forschungsarbeit Softwarelösungen
erstellt, klinikgerecht angepaßt, anhand von Patientendatensätzen
geprüft, überarbeitet und verbessert worden. Sehr früh
stellte sich heraus, daß die neuen Analyseverfahren den
vorher eingesetzten Erkennungssystemen weit überlegen waren.
Schon nach relativ kurzer Zeit ging man deshalb dazu über,
im Monitoring ausschließlich die neuentwickelten Lösungen
einzusetzen. Für die Epilepsiediagnostik ließen sich
dabei interessante Ergebnisse erzielen.
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- Spikes als Störsignale
- Ein gezielter chirurgischer Eingriffe ins
Gehirn ist die einzige Chance auf Heilung für Epilepsiepatienten,
die auf die Behandlung mit Medikamenten nicht oder nur wenig
ansprechen. Voraussetzung für den Erfolg von Operationen
ist allerdings, daß als Verursacher der epileptischen Anfälle
scharf abgegrenzte Areale ausfindig zu machen sind. Wenn solche
Störungsherde entfernt werden können, lernen viele
Patienten danach erstmals ein anfallsfreies Leben kennen.
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- Die Diagnostik vor dem Eingriff ist eine
aufwendige und zeitraubende Prozedur. Der anfallsauslösende
Fokus muß exakt geortet werden, und es ist sicherzustellen,
daß keine funktionell wichtigen Bereiche, etwa für
Sprachverarbeitung, verletzt werden. Zum Intensiv-Monitoring
müssen sich die Patienten bis zu zwei Wochen in der Klinik
aufhalten und dabei ständig an Überwachungsgeräte
angeschlossen bleiben. Alles, was mit der Erkrankung zusammenhängen
könnte - Stoffwechsel und Durchblutung des Gehirns, Anomalien
im Gewebe, elektrische und magnetische Felder der Neuronen -
ist von Interesse.
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- Zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden
zählt die Registrierung von Schwankungen der Hirnstrompotentiale,
entweder über die Elektroenzephalographie (EEG), die Messung
über Elektroden auf der Kopfhaut, oder die Elektrokortikographie
(ECoG), die direkt auf der Hirnrinde ansetzt. Für die Kurven,
die die wechselnden Zustände der elektrischen Felder von
Nervenzellen abbilden, sind epilepsietypische Verläufe bekannt.
Charakteristisch sind etwa steil ansteigende und abfallende Wellen
mit ungewöhnlich hohem Ausschlag, ihrer Form wegen als "Spikes"
(Spitzen oder Zacken) bezeichnet.
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- Ein hochselektives Analysesystem für
Biosignaldaten wie TEMPLAS kann im Epilepsie-Monitoring die Rolle
des Spezialisten übernehmen, der die Datenaufzeichnung überwacht.
Vom Experten individuell auf den jeweiligen Patienten eingestimmt
und trainiert, erkennt das System automatisch den typischen steilen
Verlauf im EEG - im Vergleichtest in praktisch 100prozentiger
Übereinstimmung mit dafür ausgebildeten Medizinern.
Dementsprechend sind in 75 % der Fälle Spikes mit einem
- gleichzeitig oder etwas später auftretenden - epileptischen
Anfall gekoppelt.
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- Modell des Gehirns
- Das Spikeerkennungssystem arbeitet auf wenige
Millisekunden genau und erlaubt so eine exaktere Untersuchung
von zeitlichen Zusammenhängen zwischen Ereignissen, die
Elektroden von unterschiedlichen Positionen auf oder im Gehirn
melden. Weitere Analyseresultate, zum Beispiel Spikedichte pro
Elektrode bzw. Registrierkanal, können mit morphologischen
Daten verknüpft und räumlich dargestellt werden. Aus
Bilddaten, die die Kernspintomographie liefert, wird dazu vom
Gehirn des Patienten ein 3-D-Modell erstellt. Eine zusätzlich
entwickelte Umgebung ermöglicht es dem Arzt, Elektroden
interaktiv zu plazieren und Analyseergebnisse per Mausklick darzustellen.
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- Die Basis für TEMPLAS wie für andere
neue Erkennungs- und Klassifikationsverfahren bildet das Erlanger
BioSignalFormat (EBS), das für den standardisierten Austausch
von Daten aus mehrkanaligen Registrierungen der elektrischen
und magnetischen Hirnaktivität entwickelt wurde, von Hardware
und Meßgeräten unabhängig ist und eine systemübergreifende
Verarbeitung von Biosignaldaten möglich macht. Um die mehrkanaligen
Langzeitregistrierungen schneller bearbeiten zu können,
wurde zunächst das Betriebssystem UNIX zugrundegelegt; mittlerweile
hat sich jedoch erwiesen, daß eine Übertragung auf
WINDOWS-NT bzw. LINUX der klinischen Praxis eher gerecht wurde.
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- In WINDOWS-NT existiert nun auch ein unüberwacht
lernendes Klassifikatorprogramm, das die Hintergrundaktivität
des Gehirns überwacht. Im klinischen Einsatz hat sich herausgestellt,
daß dabei Strukturen bzw. Zeitverläufe zutage treten,
die aus dem Verlauf einzelner Parameter nicht oder nur schwer
erkennbar sind. Die starke Datenkompression macht es zudem einfacher,
große Langzeitregistrierungen zu überblicken und bedeutsame
Passagen zu erkennen.
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- Für LINUX sind Programmsysteme lauffähig
weiterentwickelt worden, die die Latenzvariabilität und
damit die Reizverarbeitungsgeschwindigkeiten im Gehirn ermitteln.
Bei 24 Epilepsie-Patienten zeigten sich im Vergleich mit Normalpopulationen
breitere Latenzverteilungen; bestätigt wurden Verzögerungen
des akustisch evozierten Potentials - der Antwort auf gezielte
Hörreize - zwischen 3,8 und 7 Millisekunden. An der fokusnahen
Elektrode wurde ein kürzerer Zeitraum zwischen Reiz und
Reaktion gemessen als an der fokusfernen Elektrode.
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- Ein computergestütztes Reimtestprogramm
dient dazu, Beeinträchtigungen der Wahrnehmung kleinster
Sprachelemente (z. B. Konsonant-Vokal-Übergänge) vor
und nach der Operation zu erfassen. Erste Ergebnisse deuten darauf
hin, daß das mit der linken Hemisphäre am direktesten
assoziierte rechte Ohr die meisten fälschlichen Phonemerkennungen
unter Einfluß von Störgeräuschen verursacht,
am ausgeprägtesten bei Patienten, deren Fokus im linken
Schläfenlappen liegt. Nach dem Eingriff ist jedoch gerade
in diesen Fällen das Wahrnehmungsverhalten etwas deutlicher
gebessert als bei Patienten mit rechtstemporaler Epilepsie.
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- · Kontakt:
Prof. Dr. Manfred Spreng
Institut für Physiologie I, AG Biokybernetik
Universitätsstraße 17, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -22297, Fax: 09131/85 -22497
E-Mail: spreng@ipb.uni-erlangen.de
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- Mediendienst FORSCHUNG Nr. 572 vom 28.2.2000
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
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Stand 28.2.2000