Europäische Rheologentagung in Erlangen

Sechs Tage für Alles, was fließt

Dass auch der härteste Autolack einmal flüssig war, ist Allgemeinwissen. Beim Anblick einer Staumauer kommt dagegen selten die Idee auf, dass der feste, ausgehärtete Beton noch eine Weile weiterfließen könnte, und Knäckebrot weckt kaum mehr Gedanken an den Teig, der als zähe Masse durch eine Düse gepresst wurde, bevor ihn die Ofenhitze in knusprige Fladen verwandelte. Alles, was fließen kann, ist Gegenstand der Rheologie, der Wissenschaft, die Formveränderungen von Materialien untersucht. Vom 1. - 6. September 2002 treffen sich rund 300 Rheologen aus dem In- und Ausland im Hörsaalzentrum der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg, Erwin-Rommel-Straße 60. Der Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe von Prof. Dr. Helmut Münstedt hat die Organisation der “eurheo 2002”, der 6. Europäischen Rheologentagung übernommen.

Vom Brotteig über Nudeln bis zu Honig und Schokolade hat die Lebensmittelindustrie oft mit sehr komplexen Flüssigkeiten zu tun, denen in den Vorträgen und Posterpräsentationen der Rheologen breiter Raum gewidmet ist. Einen anderen Schwerpunkt bilden polymere Werkstoffe, für die der Begriff “Kunststoffe” geläufiger ist. Wandfarben, die bis zur Verarbeitung streichfähig bleiben müssen, danach aber schnell trocknen sollen, oder Fasern, die aus einem flüssigen Zustand zum Faden gesponnen werden, sind Beispiele dafür.

Eigene Sektionen gibt es außerdem für Schäume und für Suspensionen, bei denen feine Teilchen die Eigenschaften der Medien beeinflussen, in denen sie schwimmen. Das Blut, eine Mischung aus eiweißhaltigem Plasma, dünnem Serum und Zellen, zeigt, dass die Rheologie für Mediziner ebenfalls von hohem Interesse ist. Weiter stehen theoretische Betrachtungen und Modellierungen des Fließverhaltens auf der Tagesordnung. Ganz allgemein sprechen die Fachleute von Fließen, wenn Kräfte die Form eines Materials verändern, ohne dass es bricht.

Zu Beginn der Tagung wird der Weissenberg Award verliehen, die höchste Auszeichnung, die die Europäische Rheologische Gesellschaft zu vergeben hat. Der Preis ist nach dem österreichischen Physiker Karl Weissenberg benannt, der die Rheologie als eigenständige Disziplin begründet hat. Urkunde und Medaille, welche die Ehrung begleiten, gehen diesmal an Professor Ken Walters aus Großbritannien.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Helmut Münstedt
Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe
Tel.: 09131/85 -28593
polymer@ww.uni-erlangen.de



Mediendienst FAU-Aktuell Nr. 2906 vom 26.8.2002


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