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- Altbekannte chemische Reaktion am Institut
für Anorganische Chemie aufgeklärt
Lehrbücher brauchen Neuauflage
Die "Ringprobe" ist in der Chemie seit mehr als 200
Jahren bekannt. In Wasser gelöst, bilden Stickstoffmonoxid
und Eisen-Ionen eine komplexe Verbindung. So können Salze
der Salpetersäure nachgewiesen werden. Dutzende von Lehrbüchern
nehmen darauf Bezug, doch ihre Schilderungen sind keineswegs
einheitlich. Klarheit über diese Reaktion zu schaffen, ist
nun im Arbeitskreis von Professor Rudi van Eldik, Institut für
Anorganische Chemie der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg, in enger Zusammenarbeit mit zwei Forschungsgruppen
aus Krakau (Polen) und Mülheim a. d. Ruhr gelungen. Zwei
Doktoranden, Dr. Thorsten Schneppensieper (Universität Erlangen-Nürnberg)
und Dr. Alicja Wanat (Jagiellonische Universität), führten
die Forschungsarbeiten im Rahmen ihrer Doktorarbeiten durch.
Die führende internationale Fachzeitschrift "Inorganic
Chemistry" der American Chemical Society würdigte den
Erfolg, indem sie die Ergebnisse in der Ausgabe vom 14. Januar
2002 als Titelblatt präsentierte.
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- Vor ein paar Jahrzehnten war Stickstoffmonoxid
(NO) nur einer von vielen umweltschädigenden Stoffen, der
z.B. in Abgasen oder auch im Zigarettenrauch vorkommt. NO zerstört
Ozon, verursacht Krebs und ist mitverantwortlich für den
sauren Regen. Als biologischer Botenstoff und in erstaunlich
vielen physiologischen Prozessen im menschlichen Körper
ist es jedoch nützlich. So übernimmt es Funktionen
bei der Nervenleitung als Signaltransmitter, zur Blutgerinnung
und Regulierung des Blutdrucks und darüber hinaus im Immunsystem
bei der Zerstörung von Tumorzellen. Aufgrund seiner immensen
Bedeutung wurde NO von der renommierten Fachzeitschrift "Science"
als Molekül des Jahres 1992 gewählt. Für die Erforschung
der biologischen Funktionen des NO wurde 1998 sogar der Nobelpreis
für Medizin vergeben.
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- Der Arbeitskreis van Eldik an der Universität
Erlangen-Nürnberg untersucht allgemein die Aktivierung kleiner
Moleküle und arbeitet daran, den mechanistischen Verlauf
von Reaktionen zu klären, an denen Stickstoffmonoxid beteiligt
sein kann. Mehrere Veröffentlichungen befassten sich mit
der bioanorganischen Aktivität von NO an körpereigenen
Farbstoff-Systemen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Reaktivität
des NO mit Katalysatoren, die für die Rauchgasreinigung
ausschlaggebend sind.
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- Etwa um 1870 entdeckte die Arbeitsgruppe
Manchot die Reaktion von NO mit Eisen-Ionen in wässrigem
Medium, wobei ein sogenannter Eisennitrosyl-Komplex gebildet
wird. Die sogenannte Ringprobe wird in der Chemie zum Nachweis
von Nitrat-Ionen verwendet. Seitdem sind schätzungsweise
80 Veröffentlichungen über diese Verbindung und deren
Reaktionen erschienen. Erstaunlicherweise finden sich widersprüchliche
Aussagen zur Reaktivität, der Ladungsverteilung oder auch
der Struktur des Produkts in der Literatur und in chemischen
Lehrbüchern.
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- In Zusammenarbeit mit Dr. Eckhardt Bill und
Professor Karl Wieghardt vom Max-Planck-Institut für Strahlenchemie
in Mülheim und Professor Grazyna Stochel von der Jagiellonischen
Universität in Krakau machte sich der Erlanger Arbeitskreis
daran, diese Verwirrung zu beenden. In detaillierten Untersuchungen
wurden die Reaktion und das entstehende Produkt fundiert beschrieben
und seine Eigenschaften bestimmt. Der Reaktionsmechanismus und
die Reaktionsgeschwindigkeit konnten eindeutig aufgeklärt
werden. Die elektronische Struktur des Produktes wurde als [FeIII(H2O)5NO-]2+
charakterisiert. Somit ist bewiesen, dass das Eisen in dieser
Verbindung in einer höheren Oxidationsstufe vorliegt als
ursprünglich angenommen. Aufgrund dieser Arbeit ist es wohl
notwendig, eine Vielzahl chemischer Lehrbücher umzuschreiben.
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- Weitere Informationen
- Prof. Dr. Rudi van Eldik
Tel.: 09131/85 -27350
vaneldik@anorganik.uni-erlangen.de
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- Dr. Thorsten Schneppensieper
Tel.: 09131/85 -27355
schneppe@anorganik.uni-erlangen.de
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- Prof. Dr. Rudi van Eldik (links) und Dr.
Thorsten Schneppensieper sind stolz auf das Januar-Titelblatt
von "Inorganic Chemistry".
- Foto: privat
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- Das Titelblatt der internationalen Fachzeitschrift
"Inorganic Chemistry" in der Ausgabe vom 14. Januar
2002 ist in Erlangen erstellt worden.
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Mediendienst FORSCHUNG Nr. 612 vom 26.02.2002
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
pressestelle@zuv.uni-erlangen.de