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- Betriebswirtschaft:
Hybrides Kaufverhalten: Empirische Überprüfung eines
häufig propagierten neuen Phänomens
Die meisten Käufer bleiben beständig
- Hin- und hergerissen zwischen der Anziehungskraft
billiger "Schnäppchen" und der Verlockung von
Luxusprodukten; unberechenbar, nirgends einzuordnen - der "neue
Konsument", der angeblich immer häufiger zu finden
ist, zeigt sprunghafte, fast paradoxe Verhaltensmuster. Solches
Kaufverhalten, das als zwitterhaft oder hybride bezeichnet wird,
läßt in Unternehmen Ratlosigkeit aufkommen: wie sollen
Märkte aufgeteilt und Zielgruppen definiert werden, wenn
kaum mehr abzusehen ist, wonach die Verbraucher sich richten?
In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Kommunikationsforschung
(GfK AG) in Nürnberg nahmen Prof. Dr. Hermann Diller, Justus
Gentner und Iris Müller am Lehrstuhl für Marketing
der Universität Erlangen-Nürnberg das Kaufverhalten
von 12.000 Haushalten über einen Zeitraum von einem Jahr
unter die Lupe. Das Ergebnis ist für Marketing-Strategen
beruhigend: hybrides Kaufverhalten war zwar zu entdecken, aber
nur in einem sehr geringen Ausmaß.
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- Das Phantom und die Realität
- Zeitweise soll sich der "neue Konsument"
extrem geizig zeigen; die günstigsten Angebote reizen ihn
am stärksten, und auch von niedrigen Preisen versucht er
noch Pfennigbeträge abzuhandeln. Dann wieder kommt die Verschwendungssucht
über ihn, und er gibt großzügig Geld für
prestigeträchtige Waren aus. So wird der hybride Verbraucher
beschrieben, der weder Marken noch Einkaufsstätten die Treue
hält und dessen Verhalten nicht klar zu prognostizieren
ist. In einigen Publikationen ist davon die Rede, daß neuerdings
bis zur Hälfte der Käufer zu derart extremen Schwankungen
in ihrem Konsum tendieren.
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- Am Nürnberger Lehrstuhl für Marketing
galt das Interesse der Frage, inwiefern dieses immer wieder propagierte
Phänomen einer empirischen Überprüfung standhält.
Als Kennzeichen für hybrides Kaufverhalten wurde festgelegt,
daß mindestens 15% der Kaufakte auf niedrige Preisklassen
und zugleich mindestens 15% auf hohe Preisklassen entfallen mußten;
im mittleren Bereich durften maximal 60% liegen. Für die
Untersuchung wurden 15 Warengruppen aus dem Bereich täglicher
Verbrauchsgüter ausgewählt, wobei unter anderem auf
Prestigewirkung und Involvement geachtet wurde, deren Einfluß
auf sprunghaftes Verbraucherverhalten nachgewiesen ist. Die Haushaltspaneldaten
der 12.000 in die Studie einbezogenen Haushalte wurden auf hybrides
Verhalten sowohl innerhalb einer Warengruppe als auch über
verschiedene Warengruppen hinweg überprüft.
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- Niedriges Einkommen begünstigt hybrides
Verhalten
- Innerhalb einer Warengruppe greifen demnach
durchschnittlich 13,5% der Käufer einmal nach einem teuren,
dann wieder nach einem preiswerten Produkt. Beim Kauf von Joghurt,
Marmelade und Geschirrspülmitteln ist der Anteil hybriden
Verhaltens mit 20% besonders hoch. Größtenteils handelt
es sich dabei um Konsumenten mit einem unterdurchschnittlichen
Einkommen. Alle anderen Haushalte blieben entweder den Niedrig-,
Mittel- oder Hochpreisprodukten treu.
In unterschiedlichen Warengruppen entscheidet sich ein Fünftel
der Haushalte für verschiedene Markenklassen. Für diesen
Teil der Studie wurden Haushalte herangezogen, die sich zumindest
innerhalb einer Warengruppe an eine Preisklasse hielten. Unter
solchen Voraussetzungen sinkt die Rate derer, die in einer anderen
Warengruppe sowohl die höchsten als auch die niedrigsten
Preise bezahlen, auf drei Prozent.
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- Aus den Ergebnissen der Studie ziehen die
Autoren den Schluß, daß Marketing-Konzepte nach wie
vor auf Regelmäßigkeiten im Konsumentenverhalten aufbauen
können und daß kein Grund besteht, in Unsicherheit
zu verfallen. Im Bereich täglicher Verbrauchsgüter
benehmen sich die weitaus meisten Käufer nicht wie "neue
Konsumenten", sondern so wie eh und je. Details der Untersuchung
sind jetzt am Lehrstuhl für Marketing als Arbeitspapier
veröffentlicht worden.
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- · Kontakt:
Dipl.-Kffr. Gabriele Brambach, Lehrstuhl für Marketing
Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg
Tel.: 0911/5302 -303, Fax: 0911/5302 -210
E-Mail: gabriele.brambach@wiso.uni-erlangen.de
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- Mediendienst Forschung Nr. 585 vom 04.01.2001
Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle)
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