Universitätsbibliothek
Fränkische Kinderbücher aus fünf
Jahrhunderten
Bauer & Raspe, Endter, Jaser, Löwensohn, Lotzbeck oder
Nister. Diese historischen Namen sind nur für wenige Experten
ein Begriff. Ihre Produkte aber sind heute noch zu bewundern.
Denn allesamt waren sie fränkische Kinderbuchverleger. Rund
100 von ihnen gab es im Laufe der Jahrhunderte allein in Nürnberg.
Das erste Kinderbuch wurde hier im Jahr 1522 verlegt. Einen Überblick
über die Zeugnisse der Druckkunst und der Kulturgeschichte
des fränkischen Raums aus fünf Jahrhunderten zeigt
die Universitätsbibliothek Erlangen in einer Ausstellung
von Freitag, 19. Oktober, bis einschließlich Sonntag, 11.
November 2001 (Schuhstaße. 1a, 91054 Erlangen). Ein museumspädagogisches
Begleitprogramm erschließt die Ausstellung auch der ursprünglichen
Altersgruppe.
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- Die für eine Universitätsbibliothek
ungewöhnliche Sammlung von Kinderbüchern verdankt ihre
Entstehung den Bestimmungen von 1743, 1791 und 1840 über
die Abgabe von Pflichtexemplaren aus den Fürstentümern
Ansbach und Bayreuth und später Mittelfranken an die Erlanger
Bibliothek. Der Schwerpunkt der Kinderbuchsammlung liegt auf
den beiden Verlagsorten Nürnberg und Fürth. Allein
in Nürnberg wurden im 16. Jahrhundert nach dem ersten "Kinderbuch"
von 1522, dem "Kleinen Katechismus" des Predigers Andreas
Osiander, etwa 80 Kinderbücher verlegt. Nach der krisenbedingten
Abnahme im 17. Jahrhundert erlebte die Produktion in der Noris
im darauf folgenden "pädagogischen Jahrhundert"
einen enormen Aufschwung. Über 300 Titel mit Verlagsort
Nürnberg sind nachweisbar.
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- Die idealistische Zielsetzung, durch Wissensvermittlung
und Belehrung den Menschen und die Gesellschaft zu verändern
und zu bessern, wies der Pädagogik als Wissenschaft eine
gewichtige Rolle zu. John Lockes "Gedanken über die
Erziehung" oder Jean-Jacques Rousseaus "Emil oder Über
Erziehung" sind zwei der bekanntesten gedruckten Erziehungsschriften
der Aufklärung, die ihre Wirkung auch in Deutschland entfalteten,
z.B. auf den Nürnberger Verleger Friedrich Campe und seinen
Onkel Joachim Heinrich Campe. Dessen Roman "Robinson der
Jüngere" von 1779 gab methodisch-didaktische Hilfestellung
für die angenehme Unterhaltung von Kindern.
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- Dieser Beststeller - er erlebte bis 1884
insgesamt 108 Auflagen, nicht gerechnet die zahlreichen Raubdrucke
und Bearbeitungen - ist in der von Dr. Christina Hofmann-Randall
konzipierten Ausstellung ebenso zu sehen wie andere Selbstläufer
ihrer Zeit, so etwa der "Orbis sensualium pictus" von
Johann Comenius. Das wohl berühmteste Schulbuch aller Zeiten
war 1658 beim Nürnberger Verlag Michael Endter erschienen
und wurde bei ihm und seinen Nachfolgern insgesamt 22 Mal aufgelegt.
Auf jeweils vier Seiten werden darin die Begriffe und deren Synonyme
abgehandelt. Jedem noch so weltlichen Begriff ist ein Bibelzitat
beigeordnet, das ihn christlich auslegt. Die Illustrationen unterstützten
dabei die erzieherische Aufgabe des Buches.
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- Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, der
Hochphase der Kinderbuchproduktion in Franken, kehrte sich das
Verhältnis von Bild und Text um. Das illustrierte Kinderbuch
und das Bilderbuch etablierten sich sowohl als künstlerische
Aufgabe als auch als pädagogisch wertvolle Erziehungshilfe.
So bietet die Erlanger Schau auch einen Überblick über
die Entwicklung der geläufigen Illustrationstechniken Holzschnitt,
Kuperstich und Radierung hin zu neueren Drucktechniken wie Lithographie
oder Stahlstich, mit denen sich höhere Auflagen erzielen
und zudem großformatige, farbige Tafeln herstellen ließen.
- Auch inhaltlich spiegeln die Exponate das
Verständnis von Kindheit seit der frühen Neuzeit über
die Aufklärung bis zur Gegenwart wider. Im 16. Jahrhundert
handelte es sich vornehmlich um Katechismen oder um Bücher
mit explizit religiösem Gepräge. Kinderbücher
im eigentlichen Sinne gibt es hingegen erst seit 200 Jahren.
Die Universitätsbibliothek zeigt eine reiche Auswahl an
ABC-Bü-chern, sogenannten Realien- und Naturgeschichten,
Bilderbögen, Reim-, Mal und Märchenbüchern der
letzten Jahrhunderte. Zeitlich endet die Schau bei den jüngsten
Produkten des Tessloff- und Pestalozziverlags, den beiden letzten
Kinderbuchverlagen im Großraum aus Nürnberg bzw. Erlangen.
- Die Ausstellung ist geöffnet von Montag
bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr, Samstag und Sonntag von
10.00 bis 16.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Der reich bebilderte
Katalog mit Überblicksartikeln und der Kurzcharakteristik
der wichtigsten Nürnberger Verlage kostet 30 Mark. Eine
kleine Begleitausstellung mit aktuellen Kinderbüchern der
Verlage Boje, Karl-Müller, Nebel und Garbe ist im Foyer
des Erlanger Schlosses zu sehen (Öffnungszeiten: Montag
bis Donnerstag 7.30 bis 16.00 Uhr, Freitag 7.30 bis 13.00 Uhr).
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- Die museumspädagogischen Begleitveranstaltungen
finden an folgenden Sams-tagen statt: 20.10. und 27. 10. : Spielen
wie vor hundert Jahren; 3.11.: Wir basteln ein Bilderbuch; 10.11.:
Märchenstunde. Zusätzlich findet am Dienstag 30.10.2001
eine Bücherbörse statt. Der Beginn ist jeweils um 14.00
Uhr an der Universitätsbibliothek.
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- Weitere Informationen:
Dr. Christina Hofmann-Randall
Schuhstr. 1a, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/ 85 -22158, Fax: 09131/ 85 -29309
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- Mediendienst Aktuell Nr. 2550 vom 18.10.2001
Sachgebiet
Öffentlichkeitsarbeit (Pressestelle) pressestelle@zuv.uni-erlangen.de